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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion
Autoren: Dan Simmons
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zum Tal befand sich die Sphinx; dann kam das Jadegrab, dessen Wände nur bei Abend- und Morgendämmerung durchsichtig waren; dann, keine hundert Meter weiter, ragte das Grab namens Obelisk empor; anschließend führte der Pfad der Pilger durch das zunehmend breitere Talbett zum größten aller Gräber, dem zentral gelegenen Kristallmonolith, dessen Oberfläche bar jeglicher Muster oder Öffnungen war und in dessem flachen Dach sich die Wände des Tals spiegelten; dann kamen die drei Höhlengräber, deren Eingänge nur anhand der ausgetretenen Pfade zu erkennen waren, die zu ihnen führten; und schließlich – fast einen Kilometer im Innern des Tals gelegen – stand der sogenannte Palast des Shrike, dessen scharfe Flansche und vorstehende Türmchen an die Dornen der Kreatur gemahnten, welche angeblich dieses Tal heimsuchte.
    Den ganzen Tag waren sie von Grab zu Grab gewandert, keiner war allein gegangen, und die Gruppe hatte stets gezögert, die Artefakte zu betreten, die betreten werden konnten. Sol Weintraub war fast von seinen Gefühlen überwältigt worden, als er die Sphinx sah und betrat, das Grab, wo sich seine Tochter sechsundzwanzig Jahre zuvor Merlins Krankheit zugezogen hatte. Die Instrumente, die ihr Universitätsteam aufgebaut hatte, standen immer noch auf Stativen vor dem Grab, aber keiner der Pilger konnte sagen, ob sie noch funktionierten und ihre Überwachungsfunktionen erfüllten. Die Gänge in der Sphinx waren so schmal und labyrinthartig, wie Rachels Komlogaufzeichnungen behauptet hatten, die Ketten von Leuchtkugeln und elektrischem Licht, die verschiedene Forschungsgruppen hinterlassen hatten, waren ausgefallen und erloschen. Sie benützten Handleuchten und Kassads Nachtvisier, um das Innere zu erkunden. Von dem Raum, wo Rachel sich aufgehalten hatte, als die Wände auf sie zurückten und die Krankheit ihren Anfang nahm. Von den einst so mächtigen Gezeiten der Zeit waren nur mehr schwache Überreste vorhanden. Vom Shrike war keine Spur zu sehen.
    Jedes Grab hatte seinen Augenblick des Schreckens geboten, seine hoffnungsvolle und grausige Vorahnung, die unweigerlich stundenlanger Antiklimax gewichen waren, da sich ihnen die staubigen, verlassenen Räume darboten wie Touristen und Pilgern zum Shrike vergangener Jahrhunderte.
    Schließlich war der Tag mit Enttäuschung und Müdigkeit zu Ende gegangen, der Schatten der östlichen Bergwand war über die Gräber und das Tal gesunken wie ein Vorhang nach einer erfolglosen Aufführung. Die Wärme des Tages war verflogen, die Kälte der Wüste hatte sich bald wieder eingestellt – ein Wind trug sie herbei, der nach dem Schnee auf den hohen Gipfeln des zwanzig Kilometer im Südwesten gelegenen Bridle Range roch. Kassad schlug vor, sie sollten ein Lager aufschlagen. Der Konsul hatte ihnen den Weg zu der Stelle gezeigt, wo Pilger zum Shrike traditionell die letzte Nacht über gewartet hatten, bevor sie die Kreatur trafen, die sie gesucht hatten. Das ebene Gelände vor der Sphinx, wo sich Abfallspuren von Forschern und Pilgern gleichermaßen fanden, hatte Sol Weintraub gefallen, der sich vorstellte, daß seine Tochter hier gelagert hatte. Niemand erhob Einwände.
    Nun, in undurchdringlicher Dunkelheit, während das letzte Holzscheit niederbrannte, spürte ich, wie die sechs enger zusammenrückten nicht nur zur Wärme des Feuers, sondern zueinander ... sie wurden von den dünnen, aber greifbaren Strängen gemeinsamer Erfahrungen zusammengehalten, die während ihrer Fahrt flußaufwärts auf der Schwebebarke Benares und dem Aufstieg zum Keep Chronos gewoben worden waren. Doch darüber hinaus spürte ich eine bindendere Einheit als emotionale Bande; es dauerte einen Augenblick, aber schließlich kam ich dahinter, daß die Gruppe durch eine Mikrosphäre gemeinsamer Daten und ein Sinnesnetz verbunden war. Auf einer Welt, deren primitive regionale Datenrelais vom ersten Hauch eines Gefechts zertrümmert worden waren, hatte diese Gruppe Komlogs und Biomonitore verbunden, um Informationen zu teilen und so gut sie konnten aufeinander aufzupassen.
    Die Zugangsbarrieren waren offensichtlich und solide, aber ich hatte keine Mühe, daran vorbei, unter ihnen durch oder durch sie hindurchzuschleichen und die endlichen, aber zahlreichen Hinweise aufzugreifen – Puls, Hauttemperatur, Hirnwellenaktivität, Bitte um Zugang, Dateninventur –, das mir Einblicke bot, was jeder der Pilger dachte, fühlte und tat. Kassad, Hoyt und Lamia besaßen Implantate, der Strom ihrer
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