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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion
Autoren: Dan Simmons
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Tisch, mir den Teller mit Roastbeef, Salat, Filet von Himmelstintenfisch, Parvaticurry und frisch gebackenem Brot zu füllen.
    Bis ich einen Sitzplatz in den Gärten gefunden hatte, war das düstere Abendlicht in Dämmerung übergegangen, und die Sterne kamen heraus. Die Lichter der nahegelegenen Stadt und des Regierungsgebäudes waren zur Beobachtung der Armada heute abend gedämpft worden, daher war der Nachthimmel von Tau Ceti Center klarer, als er es seit Jahrhunderten gewesen war.
    Eine Frau in der Nähe sah zu mir herüber und lächelte. »Ich bin sicher, daß wir uns schon einmal begegnet sind.«
    Ich lächelte zurück und war sicher, daß es nicht so war. Sie war sehr attraktiv, etwa doppelt so alt wie ich, Ende fünfzig Standard, sah aber dank Geld und Poulsen jünger aus als ich mit meinen sechsundzwanzig. Ihre Haut war so blaß, daß sie fast durchscheinend wirkte. Das Haar hatte sie zu einem hochgesteckten Zopf geflochten. Die Brüste, die das Spitzenkleid mehr enthüllte als bedeckte, waren makellos. Ihre Augen blickten grausam.
    »Möglicherweise«, sagte ich, »auch wenn es unwahrscheinlich ist. Mein Name ist Joseph Severn.«
    »Natürlich«, sagte sie. »Sie sind Künstler.«
    Ich war kein Künstler. Ich war Dichter – gewesen. Aber die Severn-Identität, in der ich seit dem Tod und der Geburt meiner wahren Persönlichkeit vor einem Jahr wohnte, machte mich zum Künstler. So stand es in meiner Akte im All-Wesen.
    »Daran habe ich mich erinnert«, sagte die Dame lachend. Sie log. Sie hatte sich mit ihren teuren Komlogimplantaten Zugang zur Datensphäre verschafft.
    Ich mußte mich nicht einklinken ... ein häßliches, unschönes Wort, das ich verabscheute, obwohl es so alt war. Ich schloß im Geiste die Augen und war in der Datensphäre, glitt an den oberflächlichen Barrieren des All-Wesens vorbei, trieb unter der Dünung der Oberflächendaten dahin und folgte dem leuchtenden Strang ihrer Zugangs-Nabelschnur bis weit in die dunklen Tiefen des ›gesicherten‹ Datenstroms.
    »Mein Name ist Diana Philomel«, sagte sie. »Mein Mann ist Sektortransportadministrator von Sol Draconi Septem.«
    Ich nickte und ergriff die Hand, die sie mir darbot. Sie verschwieg die Tatsache, daß ihr Mann der oberste Schläger der Gußformschrubbergewerkschaft auf Heavens Gate gewesen war, bevor er als politischer Protégé nach Sol Draconi befördert wurde ... oder daß ihr Name einmal Dinee Teats gewesen war, ehemalige Kindernutte und Freudenmädchen für Luftröhrenvertreter im Mittsumpfödland oder daß sie zweimal wegen Flashbackmißbrauch verhaftet worden war und beim zweiten Mal einen Arzt im Rehazentrum schwer verletzt hatte ... oder daß sie ihren Halbbruder mit neun Jahren vergiftet hatte, als dieser drohte, ihrem Stiefvater zu verraten, daß sie sich mit einem Schlamm-Minenarbeiter traf, dessen Name ...
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, M. Philomel«, sagte ich. Ihre Hand war warm. Sie hielt meine Hand eine Idee zu lang fest.
    »Ist es nicht aufregend?« hauchte sie.
    »Was?«
    Sie machte eine ausholende Geste, die alles einschloß – die Nacht, die Leuchtkugeln, die gerade aufleuchteten, die Gärten und die Menge. »Oh, die Party, der Krieg, alles«, sagte sie.
    Ich lächelte, nickte und kostete das Roastbeef. Es war blutig und wirklich gut, aber man schmeckte den leicht salzigen Beigeschmack der Klontanks von Lusus. Der Tintenfisch schien echt zu sein. Stewards waren vorbeigekommen und hatten Champagner angeboten, und ich versuchte meinen. Er war erbärmlich. Erlesene Weine, Scotch und Kaffee waren drei unwiederbringliche Güter nach dem Tod der Alten Erde gewesen. »Glauben Sie, daß der Krieg notwendig ist?« fragte ich.
    »Gottverdammt, und wie der nötig ist.« Diana Philomel hatte den Mund aufgemacht, doch die Antwort kam von ihrem Mann. Dieser hatte sich von hinten genähert und setzte sich nun auf einen Stuhl in der Fauxloge, wo wir speisten. Er war ein großer Mann, mindestens vierzig Zentimeter größer als ich. Aber ich bin schließlich klein. Meine Erinnerung verrät mir, daß ich einmal ein Gedicht geschrieben habe, in dem ich mich selbst als »Mr. John Keats, einsfünfzig groß ...« verspottet habe, obwohl ich einsdreiundfünfzig groß bin, etwas klein, als Napoleon und Wellington noch lebten und die durchschnittliche Größe bei einem Meter sechzig lag, aber heute lächerlich klein, da Männer von Welten mit durchschnittlicher Schwerkraft einsachtzig bis zwei Meter messen. Ich hatte eindeutig
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