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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition)
Autoren: Ursula Neeb
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kaum Luft. Entsetzt stellte sie fest, dass ein Knebel in ihrem Rachen steckte, der sie würgte. Eine ausufernde Panik ergriff von ihr Besitz, sie glaubte zu ersticken, ihre Atemzüge wurden immer hektischer. Als sie versuchte, sich aufzurichten, spürte sie stechende Schmerzen in den Hand- und Fußgelenken und musste erkennen, dass sie gefesselt war. Sie war völlig hilflos und ihren Feinden ausgeliefert.
    Unwillkürlich hob Ursel den Blick, und sie gewahrte die Freifrau, die vor ihr auf einem Stuhl thronte und sie mit kalten Augen beobachtete. Als sich ihre Blicke trafen, glitt ein diabolisches Lächeln über Liobas Antlitz. Die Freifrau trug das perlenbestickte Samtkleid, die ellenlange Schleppe war um ihre Füße drapiert. An ihrer Seite stand in hündischer Ergebenheit der Freiherr von Stockheim.
    Lioba von Urbergs Stimme klang schrill und metallisch, als sie gleich darauf das Wort an die Hurenkönigin richtete. »Ich habe dich schon erkannt, als du zur Tür hereingekommen bist, du Miststück«, schnarrte sie verächtlich. »Eine Hure bleibt halt immer eine Hure, auch wenn sie sich als ehrbare Frau ausstaffiert. Ich habe ihn sofort gerochen, deinen ekelhaften Hurengestank.« Lioba verzog angewidert das Gesicht. »Vor einigen Jahren habe ich dich und deine Metzen bei einer Feierlichkeit im Rathaussaal gesehen, wo ihr zu Ehren des Rates getanzt habt. Damals habe ich mir dein Hurengesicht gut eingeprägt – und bei dieser Gelegenheit konnte ich mir auch endlich einmal das Weibsbild ansehen, mit dem mein ehrenwerter Gemahl mich all die Jahre betrogen hat.« Der ungezügelte Hass der Freifrau traf die Hurenkönigin bis ins Mark, und zu der Angst, die sie bis in die Haarspitzen erfüllte, gesellte sich mit einem Mal eine gewaltige Wut. Sie verfluchte ihre Hilflosigkeit, die sie außerstand setzte, sich gegen ihre Widersacherin zu wehren. Jetzt begriff sie, dass von der Freifrau eine viel größere Gefahr ausging als von dem Mann an ihrer Seite.
    Mit den geschärften Sinnen einer Raubkatze schien Lioba den Zorn der Hurenkönigin zu wittern. Sie erhob sich von ihrem Stuhl und spie Ursel ins Gesicht. »Ich habe immer gedacht, die Metze mit dem hässlichen angemalten Gesicht, von der mein lieber Herr Gemahl nicht genug kriegen konnte, wäre das gewöhnlichste und verderbteste Stück im ganzen Hurenhaus gewesen, aber seit ich dich kenne, weiß ich es besser!«
    Ursel stöhnte laut auf und warf sich so wild hin und her wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    »Gib Ruhe, du Drecksstück, sonst bist du gleich fällig!«, fauchte Lioba.
    Schlagartig wurde der Hurenkönigin bewusst, dass die mörderische Bestie, nach der sie gesucht hatte, die Freifrau war – der bleiche Jüngling neben ihr war nur ihr willenloser Knecht. Sie stöhnte laut auf.
    Lioba sprach weiter, und ihre Augen erstarrten zu Eis. »Dieser Hurenbock hat mich mit der Lustseuche angesteckt«, stieß sie hervor. »Dafür habe ich ihn auch jämmerlich verrecken lassen. Das Gift des Schierlings, das ich ihm in kleinen Dosen verabreicht habe, hat ihm einen langen, qualvollen Todeskampf beschert. – Und dann waren die Huren an der Reihe …« Lioba hielt inne und weidete sich an dem Grauen, das Ursel ins Gesicht geschrieben stand. »Eigentlich habe ich den Sünderinnen sogar eine Gnade erwiesen, indem ich sie wie dereinst Maria Magdalena, die sich für ihre Ausschweifungen eine lebenslange Buße auferlegte, zu Büßerinnen machte. Ich musste jedoch einsehen, dass dies allein bei weitem nicht ausreichte, um ihre lästerlichen Sünden zu tilgen. Nur ein wahres Martyrium würde sie von ihrer Schuld erlösen können. Durch meine Hand wurde den Sünderinnen die große Gnade zuteil, im Tode endlich geläutert zu sein.« Liobas Blick verklärte sich und richtete sich himmelwärts, noch nie hatte sie so engelhaft ausgesehen wie in diesem Moment. Die Zimmerin verspürte überbordenden Hass auf die Freifrau, in ihrer Verzweiflung bäumte sie sich auf wie ein Berserker.
    Die Freifrau presste verärgert die Lippen zusammen und erteilte Jakob von Stockheim einen herrischen Wink. Der schlanke Mann ging auf die Gefesselte zu und trat ihr grob in die Seite. Ursel gab ein unterdrücktes Wimmern von sich.
    »Benimm dich gefälligst, du Dreckshure, bis wir mit dir fertig sind!«, gellte seine Stimme durch das Turmzimmer.
    Ursel strömten vor Demütigung und Bedrängnis die Tränen aus den Augen. Vor ihrem inneren Auge sah sie Rosis verstümmelten Körper, und eine panische Angst
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