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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers
Autoren: Tatjana Stöckler
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gerettet und dabei Euer eigenes Leben riskiert. Respekt, Respekt!«
    Bescheiden senkte Lukas das Gesicht. »Die Notwendigkeit zwang mich dazu.«
    »Ja, sieh nur, Theodor«, fiel Hilde ein, »das ist wahres Heldentum!«
    Lukas winkte ab. »Aber nicht doch. Viel aufregender gestaltete es sich, all die notleidenden Frauen unterzubringen. Wir nahmen sie für die Nacht auf, was die Nächstenliebe fordert, jedoch – ich muss es Magdalene als gestrenge Herrin über das Gesinde hoch anrechnen – ich wusste nicht, wie hart das Geschnatter einer solchen Herde zu ertragen ist! Meine Arbeit fordert jeden Einsatz von mir und an diesem einzigen Tag zersetzte all dieses Zwitschern und Trällern mein Nervenkostüm so sehr, dass all meine Säfte in Unordnung gerieten. Darum bejubelte ich nahezu den Vorschlag meiner Schwester, dieses Mixtum compositum in unserem Stadthaus unterzubringen.«
    »Ist denn die Instandsetzung abgeschlossen?«, wollte Hilde wissen.
    Luzia überließ Lukas die Antwort, weil sie wohl nicht hätte ausreden dürfen. »Wie man es nimmt. Ich begann seinerzeit mit den Reparaturen, um meiner Gattin ein geselligeres Daheim zu bieten als meine einsame Sternwarte auf dem Lahnberg, jedoch für all diese Frauen entstanden natürlich ganz andere Bedürfnisse. Darum wurden wieder Wände eingezogen, wo ich mich auf weiträumige Zimmer gefreut hatte, Heizungen installiert in Räume, die kühl sein sollten, nicht zu schweigen von der Anzahl der Aborte.«
    Hilde rümpfte die Nase und wandte sich demonstrativ ab, während Theodor sich neugierig vorbeugte. »Und es sollen tatsächlich Ärzte Anteilnahme geäußert haben?«
    Mit unverhohlenem Stolz nickte Lukas. »Es bestehen Bestrebungen, das Geburtshaus der medizinischen Fakultät anzuschließen. Das würde natürlich meinem Bestreben nach Förderung der Wissenschaften entgegenkommen. Womit ich zum eigentlichen Zweck meines Besuchs gelange … nicht, dass ich nicht auch sonst gerne Eure Gastfreundschaft genösse …«
    Luzia erbrachte ihren einstudierten Einsatz: »Mein Gatte bittet darum, dass Ihr, werter Professor, Euch im Kollegium einsetzt, damit den ärmsten Weibern im Geburtshaus gelegentlich ärztlicher Beistand gewährt wird. Das würde doch einen Gewinn für die Ausbildung der Studenten bedeuten, die beizeiten vielleicht auch als Leibarzt eines Potentaten dessen Gemahlin betreuen werden. Kenntnisse auf solchen Gebieten werden ihnen zumindest nicht schaden.«
    »Besser als meine Frau Gemahlin hätte ich es nicht ausdrücken können.« Lukas lobte sie mit einem zärtlichen Blick.
    Die beiden Professoren spazierten ins Gespräch versunken zum Herrenzimmer, während Hilde Luzia in den Damensalon führte. Eine Parfümwolke konnte nicht den Muff aus den Ecken vertreiben. Genau betrachtet sah es hier eher aus, als ob die Sitzmöbel ausgeliehen wären, so wenig passten sie zum Rest des Raumes. Ein Spinnrocken sah noch unter einem für den vorgegebenen Zweck zu einfachen Schrank hervor und das Kohlebecken, mit dem das Zimmer notdürftig erwärmt wurde, fand nur über das spaltbreit offenstehende Fenster Abzug.
    Lächelnd ließ Luzia sich ein Glas Wein servieren, das die Magd so vorsichtig behandelte, als ob es ihr Leben kostete, wenn sie es fallen ließe. Hilde trank aus einem nicht dazu passenden Gefäß, das sich allerdings genauso farblich mit der Karaffe biss wie das Luzias.
    »Deiner Schwägerin gefällt die neue Aufgabe?«, fragte Hilde, und diesmal schien sie wirklich der Antwort zu lauschen, denn sie beäugte Luzia aufmerksam.
    »Es befriedigt sie, anderen zu helfen.« Sicher gefiel es Magdalene! Endlich konnte sie Verantwortung übernehmen, Bücher führen, beim Geschäftemachen feilschen und alle herumkommandieren, ohne dass ihr jemand vorwarf, sie sei unweiblich, denn es geschah ja alles nur im Dienste der Wohltätigkeit. Und – Luzia unterdrückte ein Grinsen – sie hatte Alheit mitgenommen. »Von den armen Frauen haben einige so viel Elend erlebt, dass Magdalene bei deren Geschichten häufig die Tränen kommen. Daher widmet sie ihnen all ihre Kraft, um ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen oder sie zurück auf den rechten Pfad zu leiten. Doch einige hatten ihn nie verlassen, wurden nur von Gott geprüft und ergeben sich ihrem Schicksal. In der Stadt wird Magdalene viel mehr Beistand gewährt als früher Frau Mechthild auf dem Berg.«
    »Das versteht sich. Gleich in der Nähe das Elisabethenstift und die Kathedrale garantieren doch ihr Wohlergehen. Ich
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