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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers
Autoren: Tatjana Stöckler
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nicht gefangen genommen wurde. Damals verfolgte ihn niemand wegen seiner Wollust, also bewies ihm das die Wirksamkeit der Prozedur, die er immer und immer wieder von mir verlangte, und nach jedem seiner Verbrechen sofort.«
    »Und die Mumien?«
    Mechthild lachte auf. »Als Apotheker kennt er alle Wirkungen des Mumienstaubs, scheute allerdings die Kosten der Beschaffung. Sein Lehrmeister zeigte ihm, dass auch Moorleichen den Zweck erfüllen. Ebenso kaufte er einem Bauern die Leiche eines Landstreichers ab, der auf dem Heuboden einer verlassenen Scheune gestorben und eingetrocknet gefunden wurde. Henslin forschte darüber, unter welchen Umständen Mumien entstehen. Als ihm dann die Apotheke in Marburg angeboten wurde und gleichzeitig der alte Brauereikeller hier auf dem Lahnberg, griff er zu. Sein Geschäft blühte, wir bauten auf den Grundmauern der Brauerei dieses Haus und ich gründete die Zuflucht. Alle guten Bürger der Stadt kaufen in seiner Apotheke und alles Lumpenpack kommt zu mir, um von einem der Knechte Zauber und Hexenmittel zu erwerben. Dazu die Spenden derjenigen, die sich von einer Schuld reinwaschen wollen – du kannst dir denken, welche Reichtümer wir angehäuft haben.« Sie wandte ihren Blick ab von dem lodernden Brand und sah ihm mit schlauem Lächeln ins Gesicht. »Dieses Vermögen kann dir gehören. Eine Geldkiste ist im Garten vergraben, ich kann dir sagen, wo du sie findest. In der Kutsche liegen Gold und Edelsteine, feine Seide, Brokat und die teuersten Ingredienzen aus Henslins Laden. Du musst nur zugreifen!«
    Wilder Zorn brodelte in Frank, der sich während ihres Geständnisses kein Bisschen abkühlte, aber als er ihr Angebot hörte, noch höher aufwallte.
    »Das werde ich tun, Weib, aber erst wenn ich das, dem du vor Jahrzehnten entflohen bist, beendet habe.«
    Ohne Rücksicht auf ihr Schreien und Strampeln hob er sie hoch und trug sie auf die brennende Ruine zu, deren Dach mit einem immensen Krach einfiel. Wie ein loderndes Maul klaffte der Eingang, die massive Tür nur noch verkohlte Balken an glühenden Scharnieren. Frank nahm all seine riesigen Kräfte zusammen und warf Mechthild mit gewaltigem Schwung direkt durch dieses Maul hindurch die Treppe hinunter, wo sie in Qualm und Flammen verschwand. Ihr gellender Schrei überschlug sich, sie kreischte in den höchsten Tönen. Frank atmete auf und wischte sich den durch die Hitze aus den Poren steigenden Schweiß von der Stirn. Er fühlte, wie sich seine Augenbrauen kräuselten. Aus dem Kreischen wurde ein Heulen. Auf einmal erhob sich mitten zwischen den Flammen im Treppenhaus ein menschlicher Umriss, genauso lodernd wie alles darum herum. Schwankend erklomm die Gestalt die letzten Stufen und torkelte zur Tür. Frank sah sich um nach etwas, mit dem er sie zurückstoßen konnte in die Hölle, aus der sie kam. Als das brennende Gebilde die Tür erreicht hatte, brachen die verkohlten Balken aus den Scharnieren heraus und schmetterten das zu Boden, was von Mechthild sich noch bewegen konnte. Auf der Schwelle blieb sie liegen, begraben von den Trümmern ihrer bösen Werke.
    Wie eine tote Haut fiel die Anspannung von Frank ab und er fühlte, wie seine Kräfte schwanden. Jetzt würde er nicht einmal mehr ein Kätzchen heben können. Sein Kopf sank herunter, die Knie zitterten.
    Wendelin näherte sich ihm von hinten und blinzelte durch verschwollene Lider. »Ist sie tot, die böse Hex?«, fragte er.
    Frank nickte mühsam.
    Anbau und Haupthaus, über das Dach verbunden, loderten nun beide vor dem Nachthimmel, an dem sich der Horizont allmählich rot färbte. Jetzt musste man es unten in der Stadt sehen und die ersten Schaulustigen würden den weiten Weg auf sich nehmen, um sich am Ende des Hurennests zu ergötzen.
    Frank drehte sich herum und ging zusammen mit Wendelin langsam den Weg um das Haus herum. Vor der Kutsche hielten sie an, Frank warf die heruntergefallenen Stücke ins Innere und schloss den Schlag. Er half dem braven Wendelin auf den Kutschbock und führte das unruhige Pferd am Geschirr in den Wald, damit es nicht in Panik davonpreschte und sich noch ein Bein brach. Vor ihm erschien das Gesindehaus des Gelehrten.
    »Wendelin, eines muss ich noch erledigen. Magst du mir helfen, ein Grab auszuheben?«
    ---
    Chaos erwartete Luzia, als sie zum Herrenhaus kam. Die Eingangshalle wimmelte von Mädchen, die laut schwatzten und weinten. Unter all diesen fielen die Mägde kaum auf, denn genauso wie diese schleppten auch die Gäste Decken und
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