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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench
Autoren: Christa S. Lotz
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kleinen Blüten aus Goldperlen. Die können auch die Borten an den Ausschnittkanten bilden. Die Überärmel in breiter Schnürung und weißseidenem Hemd und …« – er überlegte ein wenig – »ein Unterkleid aus eierschalfarbenem Atlas.«
    »Aber der Ausschnitt darf nicht zu tief sein!«, wandte Angelina ein.
    »Ach was«, warf Sonia ein. »Ihr könnt ja einen Schal darüber tragen und Euren Mantel, wenn Ihr draußen seid.«
    »Also gut«, stimmte Angelina schließlich zu. »Es darf aber auf keinen Fall Aufsehen erregen!«
    »Viele Signoras tragen so etwas zurzeit«, beruhigte sie der Schneider. »Und wir werden auch bald wieder andere Zeiten haben.«
    »Wie lange wird es dauern, bis das Kleid fertiggestellt ist?«, fragte Angelina und wandte sich zum Gehen.
    |40| »Zwei, drei Tage«, war die Antwort des Schneiders.
    »Kann ich den Stoff vorher sehen?«, fragte Angelina. »Ich möchte einmal darüberstreichen und die Goldperlen funkeln sehen.«
    »Ich werde ihn morgen vorbeibringen, sobald ich ihn zugeschnitten habe«, meinte der Schneider.
    »Ich freue mich so sehr auf das Kleid!«, rief Angelina aus.
     
    Es wurde Zeit für den Rückweg in die Via Dante Alighieri, wo die Mutter gewiss schon für die Zubereitung des Mittagessens gesorgt hatte. Hatten sie und Sonia nicht noch etwas vergessen?
    »Die Signora hat darum gebeten, Weintrauben auf dem Markt zu kaufen, für ihr
Stracotto,
das sie heute servieren will«, sagte Sonia in Angelinas Gedanken hinein. Angelina dachte an den Rindereintopf mit den säuerlichen Trauben, die gekocht und mit Gewürznelken, Zimt und dem Saft einer ausgepressten Zitrone abgeschmeckt wurden, und das Wasser lief ihr im Mund zusammen. Aber sie hatte keine Lust, sich auf dem Markt mit anderen Frauen um die Stände zu drängen.
    »Geh du nur zum Markt«, wies sie Sonia an. »Ich möchte noch in Ruhe spazieren gehen.«
    Draußen hingen die Wolken so dicht, dass rund um den Domplatz die Kohlebecken angezündet worden waren, um mehr Licht in die Gassen zu bringen. Angelina überquerte den Platz und bog in die Via dello Studio ein. Es waren nur wenige Menschen unterwegs, Hausfrauen und Bedienstete, wie immer in diesen Zeiten, verhüllt und bemüht, niemanden anzublicken. Die Geräusche der Handwerker, der Bäcker, Metzger, Schmiede und Buchmacher drangen auf die Gasse. Es roch nach Fettgebackenem und Olivenöl. Als Angelina die nächste Gasse querte, kam ihr aus einem Torbogen eine schwarz verhüllte Gestalt entgegen. Sie verstellte ihr den Weg.
    »Was hast du bei dem Schneider gemacht?«, fragte eine leise männliche Stimme.
    »Was geht Euch das an?«, gab Angelina zurück. Er packte sie am Arm.
    |41| »Eine ganze Menge«, schnaubte er. »Ich habe dich gesehen, als du aus dem Laden des Schneiders kamst. Ich habe dein Gesicht gesehen. So schaut ein Mädchen nur, wenn es in Sünde lebt! Du lässt dir ein Kleid machen, das sündige Gedanken bei Männern wecken soll. Unser Herr duldet so etwas nicht!«
    Angelina überlegte, wen er damit gemeint haben könnte, Gott oder Savonarola?
    »Ich lasse mir ein Kleid für ein Bildnis machen, das meine Eltern in Auftrag gegeben haben. Aber was geht Euch das eigentlich an? Und es ist eine Frechheit, mich einfach zu duzen!«
    Angelina hatte zu spät bemerkt, dass sie dem Fremden schon viel zu viel verraten hatte.
    »Wenn ich dich dabei erwische, dass du weiter in Sünde lebst, werde ich dich töten!«, stieß der Mann hervor. Angelina sah einen Dolch in seiner Hand aufblitzen. Ihr Herz begann schmerzhaft gegen ihre Brust zu trommeln, doch der Mann verschwand in dem Torbogen, aus dem er gekommen war. Angelina stand wie vom Donner gerührt. Mehr als alles in der Welt hätte sie sich jetzt Francesco herbeigewünscht.
    »Einen schönen guten Tag, Signorina Angelina«, ertönte eine Stimme vor ihr. Nein, es war nicht Francesco, sondern Tomasio, der ihr entgegeneilte.
    »Signorina, was ist geschehen? Ihr seht bleich aus wie der Mond in einer Winternacht. Hat Euch jemand erschreckt?«
    Angelina war erleichtert.
    »Jemand ist aus diesem Torbogen gekommen und hat mich bedroht«, sagte sie mit einem leichten Zittern in der Stimme. »Er sagte, er würde mich töten, wenn ich weiter so in … Sünde lebe.«
    »Aber wie könntet Ihr in Sünde leben, Angelina?«, erwiderte Tomasio. »Ihr seid die schönste, tugendhafteste Frau, die je meinen Weg gekreuzt hat.«
    »Wie kommt Ihr gerade jetzt hierher?«, wollte Angelina wissen.
    »Ich kam gerade von einem Geschäftsfreund
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