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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone
Autoren: Elizabeth Chadwick
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der großen Halle traf Matilda auf Will. Das letzte Mal waren sie sich in dem verschneiten Hof der Abtei Abingdon begegnet.
    »Herrin«, begrüßte er sie mit einer knappen Verbeugung, kniete jedoch nicht vor ihr nieder, sie sagte nichts.
    »Danke, dass Ihr mir Eure Tore geöffnet habt.« Sie schlug einen höflichen, aber kühlen Ton an.
    »Dankt nicht mir«, erwiderte Will. »Ich hätte Euch nicht eingelassen, aber Adeliza hat darauf bestanden, und ich kann Euch zwar einen Wunsch leicht abschlagen, ihr jedoch nicht.«
    Matilda musterte ihn frostig. »Ich werde nicht lange bleiben, aber in Anbetracht dessen, was sie für mich alles getan hat und was sie mir bedeutet, wäre es mehr als unhöflich von mir, mich nicht von ihr zu verabschieden.«
    Er erbleichte, und seine haselnussbraunen Augen funkelten so feindselig, dass Matilda unwillkürlich zurückwich und Hugh Plucknett und Brian FitzCount zu ihr eilten, bereit, sie zu verteidigen.
    »Takt war ja noch nie Eure Stärke«, knurrte Will, »aber das ist sogar für Euch eine ziemliche Unverfrorenheit.«
    Matilda sah ihn gekränkt und verwirrt zugleich an. »Wieso ist es eine Unverfrorenheit, Adeliza noch einmal sehen zu wollen, bevor ich in die Normandie reise?«
    Das Blut strömte in seine Wangen zurück. »Ihr reist ab? Ich dachte, Ihr meint … ach, nichts.« Er deutete auf die Treppe. »Geht zu ihr und sprecht mit ihr.«
    Matilda starrte ihn an. »Was dachtet Ihr, was ich meine? Stimmt etwas nicht mit ihr? Ist sie krank? In ihren Briefen hat sie nichts davon erwähnt.«
    »Sie wollte kein Aufhebens davon machen«, erwiderte er, ehe er sich abwandte und klarstellte, dass er nicht weiter darüber sprechen wollte.
    Von bösen Vorahnungen erfüllt, stieg Matilda die Stufen zu Adelizas Kammer empor, wo ihre Stiefmutter in einem Stuhl am Feuer saß. Ihre Wangen schimmerten rosig, doch die Farbe wirkte aufgemalt, und darunter glich sie einer dahinwelkenden Blume.
    »Verzeih, dass ich nicht aufstehe«, entschuldigte sich Adeliza. »Aber du bist herzlich willkommen, auch wenn Will dir wahrscheinlich einen anderen Eindruck vermittelt hat. Er ist im Moment ziemlich schlecht gelaunt.«
    Matilda trat zu ihr, küsste sie auf die Wange und spürte Schminke an ihren Lippen. »Ach, Liebes, warum hast du mir denn nicht geschrieben, dass es dir nicht gut geht?«
    »Warum sollte ich dich mit etwas belasten, woran auch du nichts ändern kannst?« Adeliza schüttelte den Kopf. »Du hast genug eigene Probleme, aber ich freue mich wirklich, dich vor meiner Abreise noch einmal sehen zu dürfen. Ich habe einen halb fertigen Brief hier liegen …«
    »Vor deiner Abreise?« Matilda sah sie überrascht an. Sie war hergekommen, um sich vor ihrer eigenen Reise von Adeliza zu verabschieden, und der Empfang in Arundel hatte sie aus der Fassung gebracht. Sie war auf viele Antworten vorbereitet gewesen, aber nicht auf diese, und sie hatte auch nicht damit gerechnet, Adeliza in einem so desolaten gesundheitlichen Zustand vorzufinden.
    Als Adeliza ihr von ihrer Entscheidung berichtete, sich nach Afflighem zurückzuziehen, hatte sie Mühe, die Neuigkeit zu verarbeiten.
    »Dort kann ich wenigstens beten und einige andere Dinge tun, statt hier zu liegen und mir wie eine nutzlose leere Hülse vorzukommen. Will hat meinen Entschluss akzeptiert, ob wohl ich ihn tief verletzt habe. Ich weiß, dass ich das Richtige tue, aber er ist noch nicht davon überzeugt.« Ihre Stimme schwankte. »Das Baby ist ein Jahr alt. Wenn es einen anderen Weg gäbe, würde ich ihn einschlagen …«
    »Vielleicht gibt es ja einen. Hast du es schon mit ….«
    »Die Ärzte haben alles getan, was in ihrer Macht steht«, unterbrach Adeliza sie matt. »Jetzt liegt mein Leben in Gottes Hand, und deswegen muss ich gehen.«
    »Wann reist du ab?«
    »Sowie alle Vorkehrungen getroffen sind. Will wird meine Abreise vermutlich nach Kräften hinauszögern, aber ich schaffe es schon, ihn anzutreiben.«
    Matilda schüttelte den Kopf. »Ich hatte keine Ahnung, dass du so krank bist. Eigentlich bin ich gekommen, um dir zu sagen, dass ich in die Normandie zurückkehre.«
    Jetzt starrte Adeliza sie ungläubig an. »Warum?«
    »Ich muss Geld beschaffen und Truppen rekrutieren. Seit Roberts Tod ist niemand mehr da, der fähig ist, eine Armee zu befehligen, es sei denn, Geoffrey oder Henry springen ein. Henry kann sehr bald die Zügel in die Hand nehmen. Nächsten Monat wird er fünfzehn, damit ist er älter als sein Vater, als er mich heiratete und
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