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Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Titel: Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht
Autoren: V.C. Andrews
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hatte, blieb ich in der Tür stehen und schaute mich in dem Zimmerchen um. Seltsam, wie sich ein Mensch an fast alles gewöhnen kann, dachte ich, selbst an eine Gefängniszelle wie diese. Ich dachte an den Geist von Sir Godfrey Rogers’ toter Geliebter.
    »Ich habe Sie nie gesehen oder mit Ihnen gesprochen«, sagte ich laut, »aber Sie tun mir Leid, wenn Sie in diesem Haus festsitzen.«

    Ich hob einen meiner Koffer hoch und kämpfte ein wenig mit dem anderen, als Boggs plötzlich auftauchte.
    »Ich nehme sie«, blaffte er mich an. »Geh schon voraus. Da ist ein Anruf für dich.«
    »Ein Anruf?«
    Er grunzte und holte meine Koffer.
    Ich kehrte in das Vorderhaus zurück und hob den Hörer auf dem Tisch in der Eingangshalle hoch, den Boggs dort offensichtlich für mich hingelegt hatte.
    »Hallo?«
    »Rain, ich bin’s, Randall. Ich habe gerade von Leslie erfahren, dass du heute schlechte Neuigkeiten bekommen hast und die Schule verlassen musstest. Ich habe überall nach dir gesucht.Was ist passiert?«
    »Ich muss nach Amerika zurück, Randall«, sagte ich. »Meine Großmutter ist gestorben.«
    »Oh. Das tut mir Leid.Wann kommst du zurück?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Kann ich dich irgendwo anrufen?«
    »Ich schreibe dir«, sagte ich, »und berichte dir mehr, wenn ich mehr weiß.«
    »Versprochen?«
    »Ich mache nicht gerne Versprechungen, Randall. Meinetwegen sind zu viele gemacht und gebrochen worden, deshalb sage ich nur, was ich tun werde, und das tue ich dann«, erklärte ich.
    »Ich glaube dir. Ich wünschte, ich könnte dich noch einmal sehen, bevor du abreist.«

    »Ich bin gerade fertig zum Gehen. Wir nehmen den Nachtflug.«
    »Wow. Das ist wirklich schnell. Was ist mit … du weißt schon wem?«, fragte er.
    »Ich habe ihm einen Brief geschrieben …«
    »Ich werde an dich denken«, sagte er. »Und das ist kein Versprechen, das ist eine Tatsache.«
    »Okay, Randall. Danke«, sagte ich lächelnd.
    »Rain. Du bist wirklich das netteste Mädchen, das ich jemals kennen gelernt habe. Es tut mir Leid, was ich getan habe, um die Sache zu ruinieren.«
    »Das ist eine weitere Sache, die ich satt habe, Randall, Entschuldigungen. Du musst dich nicht entschuldigen. Unsere Beziehung war nicht so eng, dass wir einander Versprechen oder Entschuldigungen schulden«, sagte ich. Es tat mir Leid, dass es sich so kalt anhörte, aber meine Gefühle liefen schon seit Stunden auf leeren Batterien.
    »Ich weiß«, sagte er. »Aber ich wünschte, das wäre sie gewesen. Eine gute Reise, Rain.«
    »Danke.«
    »Tschüs«, sagte er. »Beim nächsten Lied, das ich singe, denke ich an dich.«
    »Tschüs«, sagte auch ich und legte den Hörer auf die Gabel. Ich fragte mich wirklich, ob wir uns jemals wiedersehen oder zu Erinnerungen würden, die zu Schatten verschwammen.
    Boggs kam mit meinen Koffern vorbei, warf mir einen Blick zu und ging weiter.
    Ich hörte, wie meine Großtante und mein Großonkel
die Treppe herunterkamen. Ich schaute mich ein letztes Mal in dem großen Haus um. Es war nie wirklich ein Zuhause für mich gewesen. Vielleicht war es nur für Gespenster, lebende wie tote, ein Zuhause. Schnell gesellte ich mich zu meiner Großtante und meinem Großonkel an der Tür, und gemeinsam gingen wir hinaus zu dem wartenden Rolls-Royce. Boggs hatte ihr Gepäck bereits im Kofferraum verstaut. Er hielt ihnen die Tür auf, und sie stiegen schnell ein. Ich schaute ihn an und folgte ihnen. Niemand sprach. Wenige Augenblicke später waren wir auf dem Weg zum Flughafen.
     
    Wir alle schliefen den größten Teil der Reise über den Atlantik. Als wir in Richmond ankamen, erwartete Jake uns am Ausgang. Am liebsten wäre ich in seine Arme gelaufen, damit wir uns gegenseitig trösten könnten. Ein Blick in sein Gesicht verriet mir seinen großen Kummer. Seine dicken buschigen Augenbrauen hatten sich verzogen, als sich auf seiner Stirn Falten tiefer Traurigkeit bildeten. Als er mich sah, strahlten seine Augen und er lächelte.
    »Hallo, Prinzessin«, sagte er, bevor er die Endfields begrüßte. Offensichtlich missfiel Großonkel Richard das sehr.
    »Sie können uns helfen mit unserem Handgepäck«, forderte er Jake auf.
    »Aber sicher«, sagte Jake. Er zog einen Wagen heran und füllte ihn schnell mit den kleineren Taschen. Dann schaute er Großtante Leonora an und sagte:
»Tut mir Leid, dass Sie solche Umstände haben, Mrs Endfield.«
    »Ja«, sagte sie mit träumerischer, abwesender Stimme, »ja, danke, Jake. Wissen Sie, ob sie am Ende sehr
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