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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin
Autoren: Philippa Gregory
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mein Vater. »Ich bin in der Tat eben erst nach
England gekommen, aber Spanien haben wir schon vor drei Jahren
verlassen, Sir.«
    »Ihr seid demnach Engländer?«
    »Jetzt bin ich Engländer, wenn es beliebt«, sagte mein Vater
vorsichtig.
    »Aber Euer Name? Es ist doch ein sehr englischer Name?«
    »Der Name war Verde«, erwiderte mein Vater mit einem schiefen
Lächeln. »Es ist leichter für die Engländer, wenn wir uns Green nennen.«
    »Und Ihr seid Christ? Und gebt christliche Theologie und
Philosophie heraus?«
    Meinem Vater wurde beklommen zumute, das sah ich deutlich,
doch seine Stimme zitterte kein bisschen. »Aber gewiss, Sir.«
    »Und gehört Ihr der reformierten oder der alten Tradition
an?«, fragte der junge Mann sehr leise.
    Mein Vater wusste weder, welche Antwort auf diese Frage
erwartet wurde, noch konnte er wissen, wie viel von seiner Antwort
abhing. Tatsächlich konnte unser Leben davon abhängen, für die falsche
Antwort konnten wir gehängt, verbrannt oder auf den Richtblock
geschickt werden – je nachdem, welche Strafe man zurzeit unter
der Regentschaft des jungen Eduard den Ketzern zumaß.
    »Der reformierten«, tastete sich mein Vater schließlich
behutsam vor. »Obwohl wir in Spanien nach dem alten Glauben getauft
wurden, befolgen wir nun die Gebote der englischen Kirche.« Er hielt
kurz inne. »Gelobt sei Gott«, wagte er anzufügen. »Ich bin ein treuer
Gefolgsmann König Eduards und will nichts weiter, als mein Handwerk
ausüben und getreu seinen Gesetzen leben und in seiner Kirche beten.«
    Ich roch seinen säuerlichen Angstschweiß so deutlich wie den
Rauch eines Scheiterhaufens, und nun bekam auch ich es mit der Angst zu
tun. Ich fuhr mir mit dem Handrücken über die Wange, als wollte ich ein
Rußteilchen fortwischen. »Ist schon gut. Ich bin sicher, sie wollen
unsere Bücher, nicht uns«, sagte ich in gedämpftem Ton auf Spanisch.
    Mein Vater nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Doch
der junge Lord ging sofort auf mein Flüstern ein. »Was hat der Junge
gesagt?«
    »Ich habe gesagt, dass Ihr Gelehrte seid«, log ich, nun auf
Englisch.
    »Geh ins Haus, querida «, wandte
sich mein Vater hastig an mich. »Ihr müsst dem Kind vergeben, meine
Herren. Meine Frau starb vor gerade mal drei Jahren, und dieses Kind
ist schwachsinnig, es taugt nur, um auf die Tür aufzupassen.«
    »Das Kind spricht nichts als die lautere Wahrheit«, bemerkte
nun der ältere Mann in heiterem Ton. »Denn wir sind nicht gekommen, um
Euch zu erschrecken, Ihr braucht keine Angst zu haben. Wir sind
gekommen, um Eure Bücher zu sehen. Ich bin Gelehrter, kein Inquisitor.
Ich wollte nur Eure Sammlung sehen.«
    Ich lungerte immer noch auf der Schwelle herum. Nun wandte
sich der Ältere an mich. »Aber warum hast du von drei Herren
gesprochen?«, wollte er wissen.
    Mein Vater schnippte mit den Fingern zum Zeichen, dass ich
gehen sollte, aber der junge Lord sagte: »Wartet. Lasst den Knaben
antworten. Was soll das schaden? Hier sind doch nur zwei von uns, mein
Junge. Oder siehst du noch mehr?«
    Ich sah von dem älteren zu dem hübschen jungen Mann und
stellte fest, dass es tatsächlich nur zwei waren. Der dritte, der Mann
in so blendendem Weiß, dass er geleuchtet hatte wie ein polierter
Zinnkrug, war verschwunden, als hätte er niemals existiert.
    »Ich habe einen dritten Mann hinter Euch gesehen, Sir«, sagte
ich zu dem Älteren. »Dort draußen, auf der Straße. Es tut mir leid. Er
ist nicht mehr da.«
    »Sie ist eine Närrin, aber sie ist ein gutes Mädchen«,
beteuerte mein Vater und gab mir wieder Zeichen, mich zu entfernen.
    »Nein, wartet«, sagte der junge Mann. »Einen Moment noch. Ich
hielt dieses Kind für einen Jungen. Ein Mädchen, sagt Ihr? Warum habt
Ihr sie in Knabenkleidung gesteckt?«
    »Und wer war der dritte Mann?«, wandte sich sein Gefährte an
mich.
    Mein Vater duckte sich unter dem Hagel ihrer Fragen immer
tiefer. »Lasst sie doch gehen, Mylords«, bat er. »Sie ist nichts weiter
als ein Mädchen, eine kleine Maid mit schwachem Sinn, die immer noch
unter dem Tod der Mutter leidet. Ich kann Euch meine Bücher zeigen, und
ich besitze auch ein paar schöne Manuskripte, die Euch vielleicht
interessieren. Überdies kann ich Euch …«
    »Ich möchte das alles wirklich gern sehen«, meinte der Ältere
entschlossen. »Aber zuerst möchte ich mit dem Kind sprechen. Ihr
erlaubt?«
    Mein Vater gab nach, es war ihm nicht möglich, solch mächtigen
Herren eine Bitte abzuschlagen. Der ältere Mann
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