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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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klopfte seinem Grauschimmel noch einmal den Hals, ließ ihn sich niederlegen und machte sich in seiner Büffelhautdecke bei dem Mustang seine Schlafstatt. Er war sehr müde und schlief ununterbrochen bis zum Morgengrauen.
    Als er erwachte, stellte er fest, daß der Vater in der Nacht nicht mehr gekommen war.
    Harka versorgte wieder die Pferde und badete. Dann machte er sich auf die Suche nach Joe. Er hatte neun Büffel für das Baulager erlegt, und es war nicht seine Absicht, an dieser Beute ganz und gar unbeteiligt zu bleiben, wenn er auch auf die neue Büchse aus einem unbestimmten Trotz heraus verzichtete.
    Joe stand verhältnismäßig spät auf, war etwas verkatert und fand sich mit den anderen Kollegen der Bauleitung zusammen, ohne auf den jungen Indianer zu achten. Harka war zu sehr zur Höflichkeit erzogen, um sich in einem solchen Falle vorzudrängen, obgleich die Entscheidung in bezug auf die Büffel eilte. Denn die Männer, die das Fleisch bergen sollten, machten sich schon auf den Weg.
    Harka mußte einsehen, daß vor Mittag keine Aussicht für ihn bestand, Joe Brown zu sprechen. Er lief ziellos umher und überlegte dabei, wie er sich am besten verhalten sollte. Das Wissen darum, daß der Vater in der Nacht wieder getrunken hatte, bohrte in ihm, aber er stieß die Gedanken und Gefühle, die sich ihm dabei aufdrängten, mit Gewalt hinab in ein Unterbewußtsein, in dem sich alles Unausgesprochene und Unbewältigte in ihm sammelte wie in einem tiefen See oder auch wie in einem modernden Sumpf, der gefährlich werden konnte. Er wandte sich der Aufgabe des Tages zu, um weiterleben zu können.
    Da Brown für die nächsten Stunden beschäftigt war, ritt Harka einfach mit den Proviantkolonnen hinaus zu dem Gelände, auf dem sich die Jagd abgespielt hatte. Die Dakota waren schon des Nachts unterwegs gewesen, um ihre Beute in Sicherheit zu bringen. Von ihnen war niemand mehr zu sehen. Harka hielt sich zu dem Trapper, mit dem er am Vortage gesprochen hatte. Als man die Pferde stoppte, merkte dieser, daß der junge Indianer ihn sprechen wollte. »Ja?« forderte er Harka auf.
    »Kann ich mir Hirn und Leber der Büffel nehmen, die ich erlegt habe?«
    »Hirn und Leber willst du haben? Die Zungen nicht auch?«
    »Nein, die Zungen nicht.«
    »Also dann machen wir halbpart. Ich die Zungen, du Hirn und Leber. Häutest du ab?«
    »Ja. Die Häute und die Hörner will ich auch haben. Von dem Fleisch brauche ich gar nichts. Ich erlege mir kleines Wild.«
    »Von mir aus. Die Häute können wir sowieso nicht brauchen. Was sollen wir damit? Es ist kein Händler da, der sie übernimmt. Was fängst du denn damit an?«
    »Ich bringe sie zu den Pani und lasse sie gerben. Ich will ein Zelt für den Vater und mich bauen.«
    »Sieh an! Kann ich dir zwei Felle von meinen Büffeln zum Gerben mitgeben?«
    »Wie du willst. Ein Fell schenke ich den Panifrauen für die Arbeit.«
    »Das eine geht dann von deinen neun ab, einverstanden?«
    »Hau.«
    Der Trapper blinzelte dem jungen Burschen zu. »Du bist zu gebrauchen, nicht nur bei der Jagd! Du kannst auch auf mich zählen, wenn Jim dir mal was am Zeuge flicken will.«
    »Gut.«
    Harka hatte den ganzen Tag bis in die späten Abendstunden zu tun. Einen Büffel sachgerecht und sauber abzuhäuten war keine leichte Arbeit. Als seine Aufgabe geschafft war, lud er die Häute auf Packpferde auf. Hirn und Leber aber wollte er nicht erst ins Lager transportieren. Er ließ sich bei den Packpferden nieder, machte sich ein kleines Feuer und röstete die Delikatessen.
    Der Trapper kam herbei. »Das ißt du alles auf einmal auf?«
    »Ja.«
    »Guten Appetit. Dein Magen ist gesund. Wann ißt du wieder?«
    »Übermorgen.«
    Harka schmeckte die Mahlzeit. Im Lager gab es nichts zu essen, was seinem Geschmack entsprach. Er wollte sich künftig wieder ganz selbst versorgen, so wie er es auch beim Blockhause des zahnlosen Ben getan hatte.
    Mitternacht war schon vorüber, als die letzten Fleischtransporte im Lager eintrafen. Harka begegnete Joe, aber da er kein Anliegen mehr an den Ingenieur hatte, ging er ihm aus dem Wege. Den Vater fand er bei den Pferden.
    Mattotaupa wollte Harka für seinen ausgezeichneten Jagderfolg loben, aber als er die verschlossene Miene des Sohnes sah, blieben ihm die Worte in der Kehle stecken. Er tat, als ob er gleich einschlafe, und zog die Lederdecke bis über das Gesicht. Ihm war übel. Er hatte dem Sohn versprochen gehabt, kein Geheimniswasser mehr zu trinken, aber nun war es wieder
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