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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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das Reiten beizubringen. Ich reite bei einer Büffeljagd unserer Krieger mit, das siehst du. Wie man dabei auch noch schießen soll … ich weiß es nicht. Es ist sehr schwierig. Ich wollte aber einen Büffel mit nach Hause bringen, denn in unserem Zelte sind viele hungrige Weiber, alte und junge, und mein Vater ist tot.«
    »Fremde Muschel ist tot?«
    »Er ist tot, Harka Steinhart. Die fünfzig weißen Männer, die unsere Zelte bestrafen wollten, haben ihn gefunden, als er aus den Zelten nach ihnen schoß. Sie haben ihn getötet, und sie haben ihn schrecklich verstümmelt, weil diese weißen Männer wie Kojoten sind, die eine Leiche zerfleischen. Untschida hat mir die Fleischklumpen und die Knochen zurückgebracht, die von meinem Vater noch übrig waren, und ich hasse die weißen Männer jetzt noch mehr, als ich sie je gehaßt habe. Ich habe gesprochen, hau.«
    »Wer waren die beiden anderen?« fragte Harka. Er fragte leise; seine Gedanken waren benommen.
    »Du hast also alles gesehen. Ja, Untschida sagte, daß du dagewesen bist. Der zweite, das war ein Sohn das Alten Raben, und der dritte, das war ein Mädchen, eine der verwaisten Töchter von Mattotaupas Bruder. So, jetzt weißt du es. Wer hat Harpstennah getötet?«
    »Ich.«
    »Du. Ja. Ihm ist wohl, daß er tot und daß er tapfer gestorben ist. Schonka hat ihn zuviel verhöhnt. Du hättest uns nicht verlassen sollen, Harka Steinhart!«
    Schwarzhaut Kraushaar sah den Altersgenossen und einstigen Gefährten mit seinen großen runden Augen unverwandt an. Harka hielt dem Blick nicht stand. »Schwarzhaut Kraushaar«, sagte er und betrachtete dabei die Mähne seines Grauschimmels. »Schonka hat meinen Bruder verachtet als den Sohn eines Verräters. Wie denkst du selbst? Ist Mattotaupa unschuldig?«
    Harka blickte bei dem letzten Wort auf, aber jetzt senkte der andere die Augen.
    »Sprich, Schwarzhaut Kraushaar, und sage mir, was du denkst!« forderte Harka, und weil er sich vor dem zu fürchten begann, was der andere sagen würde, sprach er scharf.
    Der junge Bursche mit dem krausen Haar blickte trübe und traurig und blieb stumm.
    »Hast du Angst?« fragte Harka erbittert. »Ich töte dich nicht, obgleich es mir nicht schwerfallen sollte, mit dir fertig zu werden. Sage, was du denkst!«
    »Mattotaupa muß uns den Skalp des Red Jim bringen.«
    »Red Jim ist hier. Holt euch doch seinen Skalp, wenn noch Platz dafür ist an euren Trophäenstangen! Oder sind die Männer der Bärenbande keine Krieger mehr?«
    Schwarzhaut Kraushaar blieb die Antwort schuldig. »Nun stehe mir Rede und Antwort und weiche nicht immer aus!« rief Harka. »Ist Mattotaupa unschuldig?«
    »Das glaubst heute du allein, Harka!«
    »Ich allein? Denkst du vielleicht, in mir sitzt ein Geist, der mir die Augen zuhält, daß ich die Wahrheit nicht zu sehen vermag. Vor zwei Sommern ist Red Jim im Zelte Mattotaupas gewesen, aber bis heute hat er noch kein Gold gefunden. Mein Vater hat das Geheimnis nie verraten und wird es nie verraten. Hau!«
    »So ist das«, flüsterte Schwarzhaut Kraushaar, mehr vor sich hin als zu Harka gewandt. »Es bleibt schwer für uns junge Burschen, das Richtige zu erkennen, wenn die tapferen und erfahrenen Männer untereinander nicht mehr einig sind.«
    »Glaubt aber nicht, daß ich in euren Zelten als der Sohn eines Verräters leben würde. Das erste Wort von Schonka ­ und ich hätte ihm mit dem Messer geantwortet.« Harka sagte das, aber dann zog sich ihm die Kehle zu.
    Plötzlich glitt er von seinem Grauschimmel, ging zu dem erlegten Büffelstier, zog seinen Jagdpfeil heraus, der das Herz des Büffels getroffen hatte, und sagte: »Der Büffel ist dein. Hau!«
    Er lief zu seinem Mustang zurück, sprang auf und setzte das Tier rasch in Bewegung.
    Dabei riß er alle Fäden der Gedanken und Empfindungen mit einem Ruck durch und horchte nur, ob von Herde und Jagd, die er in den letzten Minuten vergessen hatte, noch etwas zu vernehmen sei. Ihm schien, daß sich im Süden der Kampf entsponnen hatte, nach Westen hin aber die Büffelherde in der Ferne donnernd abzog. Harka fühlte sich verpflichtet, zum Vater und dessen Gefährten zu reiten, die in einen Kampf mit den Dakota verwickelt zu sein schienen. Er trieb den Grauschimmel von neuem zur Eile an und galoppierte über das weit ausgedehnte Jagdfeld, über die zerstampfte Erde, an erlegten Büffeln vorbei südwärts.
    Als er die Gegend erreichte, von der er geglaubt hatte, daß dort gekämpft werde, hörte er keine Kriegsrufe, auch
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