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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Mattotaupa:
    »Wenn noch einmal ein Kundschafter kommen sollte, so zu diesem dritten Zelte, in dem er das Mädchen vermutet. Es sei denn, daß sie ihm ein Zeichen gibt. Ich glaube zwar, daß ein Dakota, der schon einmal hier gewesen ist, sich nicht zum zweitenmal einschleicht. Denn wenn er das Mädchen gesprochen hat, weiß er genug, und seine Brüder können sich danach richten. Ich denke weniger an einen zweiten Kundschaftergang, ich fürchte vielmehr einen Überfall.«
    »Haben die Häuptlinge der Siksikau und der Dakota nicht vor drei Tagen die Friedenspfeife miteinander geraucht?«
    »Häuptling Brennendes Wasser, in dessen Zelten wir zu Gast sind, hat mit dem Häuptling der Zelte, bei denen Dunkler Rauch gefangen war, nach dem Kampfe die Friedenspfeife geraucht. Aber du weißt, daß es viele Stämme und Gruppen der Dakota gibt. Ein Mädchen aus dem Zeltlager Tashunka-witkos bleibt nicht freiwillig hier. Vielleicht wird Tolles Pferd mit seinen Kriegern kommen, um uns anzugreifen und die Tochter seines Stammes zurückzuholen.«
    Aus dem neuen Zelt Mattotaupas kam eben das Mädchen, von dem er gesprochen hatte, noch einmal heraus und holte Wasser am Bach. Mattotaupa und Harka konnten sie auf ihrem Wege, hin und zurück, beobachten. Sie hielt sich nicht auf, warf nichts zur Erde, ließ nichts liegen. Sie füllte ein Gefäß mit Wasser und nahm es mit ins Zelt, das war alles. Sie hatte auf ihrem Weg nicht nach rechts und nicht nach links geschaut. Nun verschwand sie wieder.
    Auf der Wiese östlich des Dorfes saßen zwei junge Krieger und spielten Flöte. Es war eine einfache Weise, und sie galt den Mädchen, die sie liebten und zu einem Stelldichein in der Nacht überreden wollten. Aber die Großmütter in den Zelten hatten wohl überall einen leisen Schlaf, auch in den Zelten der Siksikau, und es war nicht leicht, sie zu betrügen.
    »Gehe du jetzt schlafen«, sagte Mattotaupa zu Harka. »Ich begebe mich zu dem Häuptling und bleibe vorerst dort. Du kannst dem Mädchen Nordstern sagen, daß ich nichts mehr essen will, da ich vom Häuptling geladen sei und dort sehr lange bleiben würde. Sie soll sich schlafen legen. Gehe du auch schlafen und stelle dich so, als ob du sehr tief schliefest. Wenn Nordstern wirklich einen Kundschafter erwartet, werden er und sie die scheinbar günstige Gelegenheit nicht ungenutzt vorübergehen lassen. Ich aber bleibe nicht im Zelt des Häuptlings, sondern spähe nachts umher, ob sich ein Feind anzuschleichen versucht.«
    »Welches ist unser Zeichen?«
    »Ich bin ein Kojot, du bist ein Hund. Wenn wir einander warnen wollen, geben wir dreimal Laut. In Gefahr kläffen oder bellen wir wild.«
    »Hau, Vater.«
    »Unsere Feuerwaffen bringen wir in das Zelt des Häuptlings, damit sie nicht gestohlen werden, wenn sich ein Kundschafter in unser Zelt zu dem Mädchen einschleicht. Du allein könntest einem Feinde doch nicht widerstehen. Du sollst nur das Mädchen belauschen.«
    »Hau.«
    Die beiden gingen zu ihrem neuen Zelt zurück. Der Sonnenball war schon unter den Horizont gesunken, und die Dunkelheit, in der die Gefahren für Mensch und Tier größer wurden, breitete sich über das Land. In vielen Zelten war das Feuer bereits gedeckt. Sie lagen, von außen her gesehen, ganz im Dunkeln. Bei einigen ließ sich an den Ritzen noch der Feuerschein im Innern erkennen; dazu gehörte auch das Zelt des Häuptlings. Dorthin begab sich Mattotaupa, und Harka brachte ihm alle Feuerwaffen dorthin. Dann lief er wieder zu dem Zelt am Südende. Es war im Innern des Zeltes recht düster, denn Asche lag über der Glut. Das Mädchen saß still im Hintergrund. Sie hatte die Hände in den Schoß gelegt, da nichts mehr zu tun war, wenn der Herr des Zeltes nicht neue Befehle gab. Harka richtete aus, was Mattotaupa ihm aufgetragen hatte, und bezog dann seine angenehme Schlafstatt. Auch das Mädchen kleidete sich aus, legte sich hin und deckte sich zu. Harka schlief schnell ein. Er hatte beschlossen, die ersten Nachtstunden zu einem wirklich tiefen Schlaf zu nutzen. Wer wußte, was später geschehen würde! Um Mitternacht wollte er wieder wach werden. Er glaubte sich darauf verlassen zu können, daß sein Körper seinem Willen gehorchen würde.
    Aber das war nicht ganz in dem Maße der Fall, in dem der Knabe es von sich gewohnt war. Nach einer ersten halben Stunde tiefen Schlafes begann er unruhig von seiner jüngeren Schwester daheim zu träumen, die er sehr geliebt hatte. Er wurde auch einmal wach, öffnete aber
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