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Die Hintertreppe zum Quantensprung

Die Hintertreppe zum Quantensprung

Titel: Die Hintertreppe zum Quantensprung
Autoren: Ernst Peter Fischer
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schlicht und einfach wie überraschend. Sie verbindet die physikalische Welt mit einem alltäglichen Begriff und kommt in acht Worten daher. Zeilingers Prinzip lautet: »Ein elementares System trägt ein Bit an Information.«
    Es gibt Kollegen, die meinen, dass die Forschungswelt mit diesem Vorschlag an die Wurzel der physikalischen Wirklichkeit gelangen und durch die unternommene Verknüpfung endlich verstehen kann, wieso es Quantensprünge gibt. Doch bevor wir uns darauf einlassen, soll es um andere Beiträge gehen, die Zeilinger zur Physik geliefert hat.
Bells Ungleichung – digital
    Wenn oben von einem Bit die Rede war, dann ist damit die Einheit der Information gemeint, die der Amerikaner Claude Shannon 1948 in A Mathematical Theory of Communication einführte, wobei das Kunstwort »Bit« als eine Zusammenziehung von binary digit gebildet wurde. Shannon hatte erkannt, dass alle Nachrichten oder Informationen durch Systeme mit zwei Zeichen – eben durch binäre Systeme – ausgedrückt werden können, die am besten durch 0 und 1 zu realisieren sind, weil dabei in einer elektronischen Rechenmaschine entweder ein Strom fließt oder nicht oder ein Schalter ein- oder ausgeschaltet ist. Shannon läutete mit seinen Überlegungen unser digitales Zeitalter ein, das heute durch Computer repräsentiert wird. Jede Nachricht oder Information kann als Folge von Nullen und Einsen geschrieben werden, und das digitale Prinzip kann auch in der Wissenschaft helfen, wenn man Untersuchungen macht, bei denen nur 0 und 1 als Messergebnisse denkbar sind. Dann gibt es jedenfalls kaum Messfehler.
    Zwar tauchen die Bits explizit erst 1999 auf, aber das digitale Denken beschäftigte Zeilinger von Anfang an. Wenn man es mit einem Satz sagen will, kann man Zeilingers ersten großen Auftritt in der Welt der Physik aus dem Jahre 1989 so formulieren: Er hat ein Gedankenexperiment ausgetüftelt, bei dem Bells Ungleichung digitalisiert wurde, das heißt, man konnte nun ihre Stimmigkeit durch Ereignisse prüfen, die entweder stattfanden oder nicht, die also entweder eine 1 oder eine 0 ergaben.
    Der Grund, aus dem Zeilinger sich mit den Merkwürdigkeiten von Bells Ungleichung beschäftigte, fi ndet sich nicht zuletzt in seinen österreichischen Wurzeln. Sie hatten eine unvermeidliche Verehrung des großen Erwin Schrödinger zur Folge, dem wir den wunderbaren Vorschlag der Verschränktheit verdanken. Ebendiese Qualität der Quantenwelt wird, wie erwähnt, durch Bells Ungleichung überprüfbar. Das klingt im Prinzip gut, aber macht im Detail viel Mühe. Zeilinger kam nun Ende der 1980er-Jahre – in Kooperation mit Daniel Greenberger aus New York und Michael Horn aus Boston – auf die Idee, die Verschränktheit nicht mit den üblichen zwei, sondern mit drei Quantenteilchen zu erproben. Dabei stellte sich heraus, dass in dem Fall die relevanten Wahrscheinlichkeiten (Messergebnisse) nur Null oder Eins sein konnten. Was zunächst nur als Gedankenexperiment konzipiert war, konnte ein Jahrzehnt später durch David Mermin tatsächlich ausgeführt werden. Seitdem spricht die Fachwelt von dem GHZ-Experiment (Greenberger-Horn-Zeilinger-Experiment), mit dem sich das scheinbar Absurde der Quantenwelt als wirkliches Geschehen nachweisen lässt: Ihre Realität ist tatsächlich nichtlokal. Sie wirkt vielmehr weltumspannend, global. Das legt einen Gedanken nahe, der Zeilinger bald erfasste und erregte und um den es in den nächsten Abschnitten geht.
    Wir wenden uns zunächst dem GHZ-Experiment zu, das so seine logischen Tücken aufweist. Zeilinger selbst hat in seinem lesenswerten Buch Einsteins Schleier , das die neue Welt der Quantenphysik aus seiner Sicht darstellt, das Vertrackte des Nachweises einer nicht-lokalen Quantenwelt, welcher mit dem GHZ-Vorschlag möglich wurde, in ein Märchen verpackt. Dieses spielt in einem fernen Königreich, in dem ein böser Tyrann regiert. Eines Tages erhält der Tyrann die Kunde, dass drei Magier unterwegs seien, um ihn zu töten. Um sie ausfindig zu machen, befragt der Tyrann ein Orakel, das ihm Folgendes sagt: Wenn einer aus der Gruppe der Magier ein Mann ist, dann hat von den beiden anderen einer helles und einer dunkles Haar. Wenn eine Magierin dabei ist, haben die anderen dieselbe Haarfarbe.
    Die Frage stellt sich jetzt, wonach der Tyrann suchen lassen soll, und Zeilinger geht – mit freundlicher und logischer Hilfe eines Hofnarren – alle Möglichkeiten durch, was aber dem Tyrannen nichts nützt. Er wird trotzdem
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