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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin
Autoren: Pia Rosenberger
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ganz Besonderes. Sie ist für die Gottesmutter und kriegt viel Zierrat.«
    »Die Stadt macht jede Menge Gold dafür locker. Und sie wird in hundert Jahren nicht fertig«, sagte Valentin vorwitzig.
    Der Alte lachte und drohte ihm mit dem Finger. »Du erlebst vielleicht grad’ noch, wie der Chor und ein Stück des Langhauses fertig werden!«, rief er. »Ich sicher nicht! Und dabei würde ich mir so gern Gedanken darüber machen, wie man eine Bürgerkirche so gestaltet, dass sie den Bürgern entspricht!«
    »Ich wüsste schon wie.« Valentin blinzelte in die Sonne. »Man müsste das Dach im Langhaus und in den Seitenschiffen gleich hoch machen, so wie die Leute hier gleich sind, oder jedenfalls sein wollen.«
    »Paperlapp.« Der Baumeister fügte den Dreipass endgültig in seinen Bestimmungsort ein und versetzte seinem Lehrling einen gutmütigen Schubs. »Man kann doch nicht die Dreischiffigkeit aufgeben.«
    »Und wenn doch?« Valentin strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und sah ihn mit seinen blauen Augen an. »Die Pfeiler würden direkt in die Decke münden. Das sähe aus wie ein Wald. Ganz anders als bisher, aber sicher nicht schlechter!«
    Heinrich Parler schüttelte zweifelnd den Kopf. Der Valentin war eigensinnig und riskierte schon mal eine dicke Lippe, aber er war der begabteste Lehrling, den er seit Jahren ausgebildet hatte. Nur schade, dass sein Vater, der an den Türmen der Stadtkirche mitgebaut hatte, nicht mehr lebte und ihm den Weg in die Zukunft ebnen konnte. Der Junge würde es schwer haben, sich ganz von unten hocharbeiten müssen in der Zunft … Aber ehrgeizig genug war er und fest davon überzeugt, etwas aus seinem Leben machen zu können, mindestens Parlier zu werden, vielleicht sogar Baumeister.
    »Wenn du auch manchmal spinnst, das Werkstück hast du gut hingekriegt.« Zufrieden putzte sich der Alte die schwitzigen Hände an seinem Hemd ab. »Und ich sag dir was. Heut’ Abend, da geh ich zum Heinrich Luginsland. Der burgundische Glasmaler ist gekommen, und die Franziskaner besprechen mit ihm das Chorfenster. Und du kommst mit.«
    Er schaute ihn schlau von der Seite an. »Mal schauen, was er zu bieten hat. Vielleicht kann der Kaplan Herstetter seine Ideen für die Marienkapelle verwenden.«
    »Ich … mhh … ich glaube nicht, dass ich kann.«
    Der Alte schaute ihn schräg an. »Warum?«
    »Meine Mutter, ähmm. Sie braucht mich …« Das war eine Ausflucht, eigentlich eine waschechte Lüge. Seine Mutter hatte sich als Laienschwester den Augustinernonnen im Katharinenspital angeschlossen, und er sah sie nur sonntags. Aber er konnte dem Heinrich Parler doch nicht erklären, dass er Lena zwar treffen wollte, ihrem Bräutigam aber die Pest an den Hals wünschte. Und dass er nicht wusste, was er tun würde, wenn er die beiden zusammen sah.
    »Du bist mit dabei«, bestimmte der Meister gut gelaunt. »Und damit Schluss.«
    Valentin fluchte in sich hinein. Es gab jetzt schon eine ganze Latte Sünden, die er beichten musste, darauf kam es auch nicht mehr an.
    »Aber jetzt schnappst du dir den Streuner und holst uns allen was zu essen.«
    Es ging reihum unter den Lehrlingen, wer mittags für alle die Verpflegung besorgen musste. Valentin riss sich nicht um die Arbeit, aber manchmal war es nicht schlecht, dem Gerüst und seinen Gedanken zu entkommen, die sich unermüdlich im Kreise drehten. Flink kletterte er vom Gerüst herunter, pfiff Streuner, dem Baustellenhund, der seit dem frühen Morgen erwartungsvoll vor dem Bau gehockt und gewartet hatte, legte sich den Beutel über die Schulter und nahm das Essensgeld vom Parler an. Das gleichmäßige Hämmern und Schlagen der Steinmetze umgab ihn wie ein beruhigender Herzschlag. Hin und wieder verschnaufte einer in der Hitze und schob sich die Mütze zurück. Feiner Staub lag in der Luft, der Valentin durstig machte.
    »Aber vergiss nicht, in die Garküche am Fischmarkt zu gehen und mir Fleischpasteten mitzubringen«, rief ihm der Geselle Hans Weck zu, der so dick war, dass er kaum aufs Gerüst passte.
    »Vielleicht solltest du weniger essen, sonst bricht bald ein Balken durch!«, frotzelte Valentin und konnte gerade noch einem gutmütigen Hieb ausweichen.
    Als er endlich loszog, wedelte Streuner mit dem Schwanz und folgte ihm bereitwillig. Die kleine schwarzweiße Ratte von Baustellenhund hatte ihn irgendwie als Herrn akzeptiert, was Valentin im Grunde befremdlich fand. In der Stadt stürzte er sich ins Marktgetümmel. Pasteten hatte er
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