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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog
Autoren: Brigitte Riebe
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kleinen Tisch unter dem Fenster, als dass er aufrecht ging, griff mit zittriger Hand nach der Feder und versuchte, in seinem lärmenden, schaukelnden Schädel einen einzigen klaren Gedanken zu fassen.
    Was ihm in Innsbruck widerfahren war, durfte niemals wieder geschehen, dafür musste er sorgen. Einmal waren diese Zauberinnen als Sieger hervorgegangen, dafür würde er all ihren Schwestern auf kluge Weise das Genick zu brechen wissen. Er musste Richtlinien schaffen, Grundsätze, auf denen ein Prozess aufbauen konnte, der sie sicher und schnell dorthin schicken würde, wohin sie gehörten: ins Feuer.
    Und morgen sollst du brennen …
    Ja, seine mächtigste Waffe war das Wort, das die neuen Druckerpressen überallhin verbreiten würden.
    Ai – sollten sie nur tanzen, die Dämonen der Nacht! Einen Heinrich Kramer würden selbst sie niemals zum Schweigen bringen.
    Maleus malef icarum – Der Hexenhammer , so und nicht anders sollte sein Werk heißen, das ihn für alle Zeiten bekannt und berühmt machen würde. Langsam, unter Qualen, begann er zu schreiben.
    Wenn nur das, was in der einen Stadt Innsbruck jener Diözese Brixen gefunden wurde, vorzubringen wäre, würde man ein ganzes Buch schreiben müssen. Es sind aber ganz erstaunliche und unerhörte Geschichten aufgeschrieben und bei dem Bischof von Brixen hinterlegt worden …
    Kramer ließ die Feder sinken. Tausende würden seinen He xenhammer lesen. Tausende von Hexen in seinem Namen brennen.
    Sein Kampf hatte gerade erst begonnen.

Historisches Nachwort
     

     
    A ls Herzog Friedrich von Tirol (Spitzname: Friedl mit der leeren Tasche) 1439 starb, war sein einziger Sohn Sigmund erst zwölf Jahre alt. Für die kommenden vier Jahre übernahm Friedrich von Steiermark-Innerösterreich, Oberhaupt des Hauses Habsburg und künftiger Römischer König und Kaiser, die Vormundschaft über seinen jungen Vetter. Im Gegensatz zu dem Versprechen gegenüber den Tiroler Ständen, sein Mündel im Land zu lassen, brachte er den Jungen in die Steiermark, wo sich unter anderem auch der spätere Papst Pius II. um dessen – sehr strenge und für den Stand ungewohnt knappe – Erziehung kümmerte. 1446 musste sich Friedrich schließlich den nachhaltigen Forderungen der Tiroler Landstände beugen, und Sigmund wurde in seine Herrschaftsrechte eingesetzt.
    Nachdem Herzog Sigmund sein Erbe nach langwierigen Kämpfen in Gänze übernehmen konnte, errichtete er die neue Hofburg in Innsbruck, seine Hauptresidenz, in der er im Gegensatz zu seinem sparsamen Vater ein verschwenderisches Hofleben führte. Vielleicht kann man seinen ausgeprägten Hang zu Genusssucht und Eitelkeit, den ihm schon Zeitgenossen nachsagten, als Reaktion auf die kargen Jugendjahre verstehen. Sigmunds Bedürfnis nach allem, was das Leben erleichtern und verschönern konnte, war jedenfalls nahezu unstillbar. Er entfaltete eine glänzende, prunkvolle Hofhaltung, die teilweise bis zu fünfhundert Personen umfasste. Diese gab auch wichtige Impulse für die Stadt Innsbruck, die im 15. Jahrhundert zwar nicht mehr als fünftausend Einwohner zählte, aber durch ihre bevorzugte Lage in der Nähe des wichtigsten Alpenpasses eine einmalige Vorrangstellung in Europa inne hatte.
    Man könnte Sigmunds Hof als einen der ersten Renaissancehöfe in Europa bezeichnen, obwohl er epochenmäßig eher in das späte Mittelalter fällt. Gelehrte und Künstler waren willkommen, Ärzte und Wissenschaftler lebten dort zeitweise als gern gesehene Gäste. Zahlreiche Feste mit üppiger Tafel wurden abgehalten; eine besondere Vorliebe besaß der Herzog für Tanz, Masken- und Mummenspiel, wenngleich er sich am liebsten in den ausgedehnten Wäldern bei der Jagd vergnügte. Er konnte essen wie kaum ein anderer und brüstete sich in jungen Jahren, mit nur ein paar Stunden Schlaf auszukommen – keine schlechten Voraussetzungen für eine andere ausgeprägte Neigung, die er ebenso leidenschaftlich betrieb: Frauen.
    Wenn Sigmund als »liederlicher Fürst« bezeichnet wurde, so galt dies nämlich nicht nur für seinen verschwenderischen Umgang mit Geld, sondern vor allem für sein ausschweifendes Sexualleben. Sigmund, der Münzreiche, wie man ihn auch nannte, hatte keine ehelichen Nachkommen, dafür aber zwischen fünfzig bis siebzig Kegel, wie die unehelichen Kinder genannt wurden (und dabei zählte man offiziell wohl nur die Jungen!). Auch wenn man davon ausgehen kann, dass ihm der eine oder andere Nachkomme untergeschoben worden war, so stellt dies doch
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