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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
Autoren: Tatjana Stöckler
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der Folter schwätzt? Zieh den lieben Herrn Erzbischof in Mainz selbst auf die Leiter und der gesteht, dem Teufel die Sporen gegeben zu haben! Sei Gott davor, dass sie mich auf die Folter spannen. Da gebe auch ich zu, mit allen Weibern der Stadt für den Satan zu tanzen.«
    Ihr eindringlicher Blick ließ Luzia zurückweichen. Wie konnte sich das Weib über Brennholz empören, wo es galt, eine Hexe zu beseitigen!
    »Das ist zu viel!«, entrüstete sich ein Mann, als ein besonders lauter Schrei aus dem Rathauskeller drang. »Die Folter ist geregelt. Die arme Frau wird jetzt schon zwei Stunden torquiert, wo eine halbe Stunde erlaubt ist. Das darf nicht sein.«
    Ein anderer antwortete ihm beschwichtigend. »Zuerst waren es ja nur die Ruten, das gilt nicht als Folter. Sei er nur gewiss, Meier, dass alles mit rechten Dingen zugeht.«
    Luzia spürte Gänsehaut auf ihren Armen. Wenn der Mann recht hatte, war die Kellerwirtin eineinhalb Stunden ausgepeitscht worden. Konnte das jemand überleben? Sie musste eine Hexe mit teuflischen Kräften sein, wenn sie das aushielt.
    Qualvolles Jammern drang aus dem Rathauskeller, das sich nicht viel von dem unterschied, was die Schultheißin auf dem Scheiterhaufen ausgestoßen hatte. Luzia zog ihren Mantel dichter um die Schultern und ging an den Zuhörern vorbei in Richtung Kloster. Sollte der Pöbel sich doch die Mäuler zerreißen - wenn sich jemand heiliger Inquisitor nannte, würde er nicht gegen das Gesetz handeln!
    Dicht gegenüber den Klostermauern lehnte die Bude des Schusters am Badehaus. Er stand in seiner Werkstatt und hämmerte auf einer Sohle herum, ließ sich nicht stören, als sie hereinkam. Nach einer Weile nahm er den Schuh vom Bock und hielt ihn hoch ins Licht, ein grober Männerschuh, der wohl auch einem Riesen gepasst hätte. Nach einer Begutachtung stellte er ihn hinter sich auf einen Schrank. »Du bist die Krämerin«, sagte er statt einer Begrüßung.
    »Luzia Heußer«, stellte sie sich vor. »Ich verkaufe Spitzen, Bänder und Litzen, schönen Putz direkt aus Brüssel. Dein Weib suchte sich die schönsten Stücke.«
    »Das sieht ihr ähnlich. Die Kinder schreien nach Brot und sie kauft Putz. Heute wird sie dir nichts mehr abnehmen.«
    »Ah, nein, ich bin nicht deshalb hier. Die Waren sind bald verkauft und ich muss über Land. Mein Verlobter macht eine Wallfahrt und
    wir haben uns über Jahr und Tag verabredet. Da brauche ich neue Schuhe.«
    Ein sachkundiger Blick fiel auf ihre Füße. »Die sehen mir noch ganz gut aus.«
    »Die Sohlen sind durchgelaufen und das Leder am Rand abgeschabt.«
    »Zieh sie aus.«
    Einen Moment zögerte sie, dann hockte sie sich auf die niedrige Bank und öffnete die Schnallen. Der Schuster nahm die Schuhe und hielt sie ans Licht. »Ein Flicken Leder oben und neue Sohlen. Innen
    die Brandsohlen mache ich auch neu. Dann läufst du bis nach Jerusalem.«
    »So weit will ich gar nicht. Nur zum Rhein, da nimmt mich ein Schiffer mit.«
    »Morgen kannst du sie abholen.«
    »Aber … soll ich denn barfuß wie ein Zigeuner durch die Straßen rennen?«
    »Dann renn nicht. Geh gesittet wie eine Freiin. Es wird nicht mal jemand sehen, dass du keine Schuhe anhast. Morgen, wenn die hier fertig sind, kannst du dir ja die Füße waschen, bevor du sie anziehst.«
    Lachend verließ Luzia den Laden und beschloss übermütig, einen Spaziergang an der Mud zu machen. Nach dem harten Winter wurde es jetzt mit Macht Frühling und die ersten Blüten malten weiße Tupfen an den Rand des Baches. Das Wasser floss kalt und klar und ihre bloßen Füße wurden eisig, bis sie an der steinernen Brücke das Ufer hochstieg.
    »Frierst du nicht?«
    Beinahe hätte Luzia den Halt verloren und wäre rückwärts in die Mud geplumpst, als sie die Stimme so dicht bei sich hörte. Das war des Goldschmieds Sohn Peter. Er streckte seinen Kopf über die Brüstung der Steinernen Brücke und sah ihr zu, wie sie mit den Armen ruderte. Nach einem Moment sprang er auf und reichte ihr die Hand, die sie dankbar ergriff, um sich aus dem Bach zu ziehen.
    »Danke. Du hast mich erschreckt.«
    »Das habe ich gesehen. Was machst du mitten im Bach?«
    »Ach, was geht dich das an? Eine Waschfrau fragst du doch auch nicht.«
    »Aber du bist keine Waschfrau. Du bist Krämerin. Und eine verdammt hübsche.«
    Ihr wurde bewusst, dass er noch immer ihre Hand festhielt. Sie sah darauf und senkte den Blick. »Du sollst nicht fluchen.«
    »Komm, was ist dabei? Jeder sagt das. Es stimmt doch. Du bist
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