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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
Autoren: Sandra Worth
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leise.
    Ich schüttelte den Kopf. »Er … hat nie darüber gesprochen, Durchlaucht, obwohl er ihn trug … bis zum Schluss.«
    »Es war auf Barnard’s Castle. Ich war neun Jahre alt. Ich hatte bei einem Turnier verloren und schämte mich, weil John den weiten Weg gekommen war, um mir zuzusehen, und ich versteckte mich vor ihm – vor Lancelot, dem tapfersten Ritter, den die Christenheit je gekannt hat. Aber er wollte nicht gehen, ehe er mich gefunden hatte. Wir saßen zusammen auf einer Klippe am Fluss Tees, und er sagte mir etwas, das ich nie vergessen werde: ›Im Nest des letzten Jahres findet man keine Eier.‹ Mein Cousin John hatte recht, Mylady. Wir dürfen nicht zurückblicken, nur nach vorn. Und er sagte noch etwas. Etwas, das mir nun ungleich wichtiger erscheint als damals. Er sagte, dass wir unserem Schöpfer am Ende ohne Scham entgegentreten, so wir uns im Leben von Ehre und unserem Gewissen leiten lassen, und das ist das Beste, was ein Mann leisten kann.«
    Meine Kehle wurde unangenehm eng, und ich senkte den Blick, denn Tränen brannten in meinen Augen. Ich fühlte, wie der junge Duke meine zitternde Hand nahm. Und dann erfuhr ich, was Gower mir an dem Tag verschwiegen hatte, an dem er mir Johns Brief gebracht hatte.
    »Lady Isobel, diejenigen, die John einen Verräter schimpfen, verstehen ihn nicht wie ich. Es ist wahr, dass er unter seiner Rüstung die Farben des Königs trug, doch er tat es nicht, weil er seinen Bruder Warwick oder Lancaster verraten wollte. Er kämpfte unter dem Banner seines Bruders und starb in den Farben des Königs, weil er als Mann von Ehre und Integrität nicht mit seiner gespaltenen Loyalität leben konnte. John stellte sich dem Tod, entschlossen, bis zum Ende beiden treu zu sein, die ihm teuer waren, so gut, wie er es irgend konnte. Ich bin fest überzeugt, dass John heute ohne Scham vor Gott steht, Marchioness Montagu.«
    Tränenblind und außerstande zu sprechen, ließ ich meinen Kopf gesenkt. Gower hatte John für die Schlacht angekleidet. Er hatte gewusst, dass es keine Hoffnung gab, als er mir Johns Brief überreicht hatte.
    »Teure Lady«, sagte Dickon, »was immer es ist, das Ihr erbitten wollt, sofern es in meiner Macht steht, ist es schon gewährt.«
    Ich rang um Fassung. »Durchlaucht, ich bitte … um die Vormundschaft für meinen Sohn George. Er ist fortan die Sonne meines Herzens, und es fiele mir schwer, sehr schwer, ihn nun aufzugeben.«
    Ich sah, wie der junge Duke schluckte. Dann erwiderte er: »Marchioness, ich werde sogleich alle Papiere vorbereiten lassen und unterzeichnen. Binnen einer Woche sende ich sie Euch nach Seaton Delaval.«
    »Ich danke Euch, Mylord.« Auf dem Weg aus dem Zelt blieb ich noch einmal stehen und drehte mich um. »Vieles an Euch erinnert mich an meinen John, Durchlaucht. Er liebte Euch aufrichtig.«
    Der junge Duke antwortete mit einem stummen Nicken. Aber ich sah, wie seine Mundwinkel zuckten, so sehr kämpfte er mit seinen Gefühlen. Er liebte Warwicks Tochter Anne seit Kindertagen und hatte bisher die Hindernisse nicht überwinden können, die sie trennten, obwohl Annes Gemahl, Edward of Lancaster, tot auf dem Schlachtfeld von Tewkesbury lag. Im Geiste hauchte ich Dickon einen Kuss zu und wünschte ihm Liebe.
    Denn Liebe ist das Einzige, was zählt.

E PILOG
    1476
    Am dritten Tage des Mai, zwei Tage nach dem Maifeiertag und dem vierten Jahrestag meiner Vermählung mit William Norris, brach ich mit Ursula, Geoffrey und Gower nach Bisham auf.
    »Bist du sicher, dass du die Reise auf dich nehmen willst, Isobel?« William blickte mich mit herzerweichender Zärtlichkeit und Sorge an. Von meinem Pferd aus lächelte ich meinem Ehemann zu.
    »Ja, bin ich, William. Mir geht es gut.« Ich beugte mich nach unten und legte eine Hand an seine Wange. »Du sorgst dich zu viel. Ich sende dir Nachricht, wenn ich in Bisham bin.«
    Er nickte und trat widerwillig einen Schritt zurück. Ich ließ Rose lostölteln, und Ursula, Tom und Geoffrey fielen neben mir in einen leichten Trab. William winkte ich, bis er nicht mehr zu sehen war; und als ich nichts mehr vortäuschen musste, sank ich auf meinem Sattel zusammen und presste eine Hand an meine Stirn, um den Schwindel, der mich wieder einmal ergriffen hatte, zu beruhigen. Seit der Totgeburt meines Kindes im Vorjahr war ich nicht mehr wohlauf. Ich ahnte, dass mein Herz endgültig versagen wollte. Vor wenigen Wochen hatte ich kaum noch stehen können, und bald würde ich auch nicht mehr aufrecht
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