Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
Braune Augen und sonnengebräunte Haut. Wie Aeron trug auch er eine weiße Robe.
„Wie bist du … wie sind wir …?“ Er war so verblüfft, dass er die Frage einfach nicht herausbrachte.
„Du hast dich verändert. Und zwar ziemlich.“ Baden grinste und zeigte dabei seine geraden weißen Zähne. Statt zu antworten, musterte er Aeron von oben bis unten. „Aber Götter, ich habe dich vermisst.“
Dann liefen sie aufeinander zu und schlössen sich in die Arme. Aeron hielt seinen Freund fest umschlungen. Er hatte geglaubt, ihn niemals wiederzusehen. Doch nun stand er hier und hielt ihn eng an sich gedrückt.
„Ich habe dich auch vermisst“, brachte er heraus, obwohl ihm auf einmal ein dicker Kloß die Kehle verstopfte.
Eine lange Weile verging, ehe sie sich losließen. Aeron konnte noch immer nicht fassen, dass das alles wirklich geschah. Dass er hier war, mit Baden. Dass er ihn berührte und sah.
Als sie sich das letzte Mal vor Badens Enthauptung gesehen hatten, hatte Aeron den Mann in Brand setzen wollen. Oder besser gesagt: Zorn hatte von ihm verlangt, es zu tun. Baden hatte ein komplettes Dorf abgefackelt, da er sicher gewesen war, die Einwohner würden seine Ermordung planen, und Aerons Dämon hatte sich danach verzehrt, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen – Feuer für Feuer, obwohl Baden seine Tat von ganzem Herzen bereut hatte. Eine Reue, die ihn womöglich direkt in die Arme von Hadiee getrieben hatte – dem Köder, der ihn zu seiner Hinrichtung geführt hatte.
Jetzt fühlte Aeron … nichts als Seelenverwandtschaft. Keinerlei Bösartigkeit. Keinen Drang, nach einem Streichholz zu greifen. Er sah auch keine Bilder in seinem Kopf. Und hörte keine Schreie in seinen Ohren. Eigentlich spürte er Zorn überhaupt nicht.
Das ergab doch keinen Sinn. Er hatte immer noch seinen
Kopf, also musste Zorn noch in ihm sein. Nicht wahr?
„Wo sind wir?“, fragte er. „Und wie sind wir hergekommen men?
„Willkommen im Jenseits, mein Freund. Erschaffen von Zeus persönlich, nachdem die Dämonen von uns Besitz ergriffen hatten – nur für den Fall, dass sie uns umbrächten. Er wollte nicht, dass unsere verdorbenen Seelen ihn irgendwie erreichten. Und ja, ich weiß, dass es nett gewesen wäre zu wissen, dass es einen solchen Ort für uns gibt, aber der alte Mistkerl hat nie auch nur eine Silbe darüber verloren.“ Baden machte eine ausladende Handbewegung über die Umgebung. „Ich nenne es Bad’s Land. Verstanden? Von Baden.“
„Ja, schon kapiert.“
„Noch immer keinen Funken Humor, wie ich sehe. Daran werden wir arbeiten müssen. Aber egal. Ich weiß, dass es hier nicht viel zu sehen gibt und dieser Ort sterbenslangweilig ist, aber es ist immer noch besser als die Alternative.“
Die Alternative? „Dann bin ich also wirklich tot?“
„Fürchte schon.“
Aeron ließ die Schultern hängen, was eine dürftige Geste für den alles verschlingenden Verlust war, den er auf einmal verspürte. Keine Chance also, nach Olivia zu suchen.
Und auch kein Zorn, wie er urplötzlich realisierte. Man hatte ihm seinen Dämon genommen und ihn freigelassen, als er gestorben war. Er war allein. Wirklich allein, zum ersten Mal seit Jahrhunderten.
Er war … betrübt. Ja, betrübt. Ganz am Ende hatten sie im Einklang gelebt.
„Sind du und ich die Einzigen hier?“
„Nein. Es gibt noch ein paar andere, aber sie halten Abstand von mir. Keine Ahnung, warum. Ich bin doch so süß wie ein Schokoladenplätzchen. Nicht, dass ich in letzter Zeit mal eins gegessen hätte …“, grummelte Baden. „Aber Pandora …“ Er erschauderte. „Sie ist auch hier, und sie hält keinen Abstand. Leider.“
Aeron musste den nächsten Schock niederkämpfen. Pandora. Die Frau, die für dimOuniak verantwortlich gewesen war – die Büchse, die einst sämtliche entflohenen hohen Herren der Dämonen gefangen gehalten hatte. Die Frau, die ihn und seine Freunde mit ihrem besonderen Status verspottet und immer wieder daran erinnert hatte, dass sie von den Göttern übergangen worden waren.
Einst hatte er sie verachtet. Doch jetzt … waren seit seinem letzten Gedanken an sie so viele Jahre vergangen, dass er den Hass in sich nicht wiederfinden konnte. Doch war er froh, dass sie hier in seiner Nähe war? Hölle, nein.
„Warum hast du sie nicht umgebracht?“, fragte er. „Noch mal.“
„Weil er nicht stark genug ist“, antwortete eine Frauenstimme hinter ihnen.
Gleichzeitig wirbelten sie herum. Pandora stand gegen eine der
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