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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin
Autoren: Aufbau
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beschwichtigen. »Es ist alles gut. Nun ja, fast alles …«
    Die Anspannung ließ von ihr ab, und nun liefen die Tränen. Sie ließ sich in die Arme ihres großen Bruders fallen, er trug sie mehr als dass er sie führte in die Stube. Der Kamin brannte, die Mutter saß mit dem Korb Flickwäsche rechts davon, der Vater mit Eva auf dem Schoß links. Dirck und Hermann saßen an der Seite und lasen die Zeitungen, die zweimal in der Woche von Amsterdam geschickt wurden. Gretje tat das Flickwerk in den Korb und stand auf.
    »Margret, wir haben uns Sorgen gemacht. Warum kommst du so spät? Was ist passiert?« Sie schloss das Mädchen in die Arme. »Gottegot, du bist ja ganz durchfroren, und was ist mit deinem Fuß? Annemieke, bring eine Schüssel heißes Wasser. Oder sollen wir dir den Badezuber füllen?«
    Margaretha setzte sich erschöpft auf den Stuhl, sie schnürte den Schuh auf und besah sich den Knöchel.
    »Ich bin falsch aufgekommen. Es tut ein wenig weh, aber schlimm ist es wohl nicht.«
    »Lass mich mal schauen.« Ihre Mutter kniete sich vor sie, nahm den Fuß vorsichtig in die Hände, strich mit den Daumen sanft am Knöchel entlang. »Du scheinst Glück gehabt zu haben. Abgesehen davon, dass mich dein Fuß an einen Eisklotz erinnert – Annemieke, bring Würzwein –, scheinst du nur umgeknickt zu sein. Sobald wir dich gewärmt haben, mach ich dir einen Breiumschlag. Die nächsten Tage wirst du wohl noch Schmerzen haben, aber bleibende Schäden sind nicht zu erwarten.« Sie stand auf, sah Margaretha an, und strich ihr zärtlich über die Wange. »Was ist denn passiert?«
    Margaretha senkte den Kopf. »Es war so furchtbar, Mutter, es tut mir so leid.« Sie versuchte, die Tränen zu unterdrücken, aber es gelang ihr nicht.
    »Nun, nun, Meisje, beruhig dich.« Ihr Bruder Abraham zog ihr sanft den Mantel aus, die Magd brachte einen Becher heißen Würzwein. Margaretha lehnte sich zurück, wischte sich die Tränen von den Wangen und trank einen Schluck. Der heiße Wein wärmte sie. Nach und nach fiel die Anspannung von ihr ab.
    Gretje war in ihre Kammer gegangen und kam nun mit Verbandsstoff und Salbe zurück.
    »Dies ist eine Paste aus der Wurzel des Beinwell. Ich trage sie auf deinen Knöchel auf und werde einen Verband machen, der den Fuß stützt. Die Salbe wird den Schmerz lindern.« Fachmännisch machte sie sich an die Arbeit. Anschließend zog sie Margaretha dicke Socken über, holte einen Schemel für denFuß. Inzwischen hatte Annemieke eine Schüssel Erbsenbrei gebracht, und Margaretha aß genüsslich.
    »Dann erzähl mal«, sagte Isaak sanft. Immer noch hielt er Eva auf dem Schoß, die sich ungeachtet der Unruhe und des Treibens mit einer Kugel aus Stoff beschäftigte, juchzte und fröhlich brabbelte. Hin und wieder zog sie den Vater am Bart, was dieser mit einem Lächeln hinnahm und sie ein wenig auf dem Knie schaukelte. Doch nun schaute Isaak Margaretha forschend an. Sie senkte den Kopf, versuchte ihre Gedanken zu sortieren.
    »Ich bin in den Bruch gegangen, um Reisig zu sammeln, so wie Mutter es mir aufgetragen hatte. Es war nicht schwer, denn genügend Äste und Zweige liegen herum.« Sie hielt inne, lauschte. Wind war aufgekommen und heulte zwischen den Häusern.
    »Es werden wohl noch mehr werden«, sagte Abraham und schaute zum Fenster. »Gut, dass wir die Fensterläden schon geschlossen haben.«
    »Du hast also Reisig gesammelt.« Isaak nickte Margaretha zu.
    »Ja.« Sie biss sich auf die Lippe. »Dann habe ich Rast gemacht, auf einer kleinen Lichtung. Eine mächtige Eiche ist dort wohl schon vor Jahren umgefallen, sie war ganz mit Moos bewachsen. Ich setzte mich, lehnte die Schütte an, nahm mir Brot, Käse und Wein, und dann …«, sie stockte, sie schien wieder das Rascheln und Schnaufen, das Brechen des Unterholzes zu hören, sah die mächtigen Sauen vor sich.
    »Dann?« Abraham beugte sich vor, legte seiner Schwester beruhigend die Hand auf die Schulter.
    »Dann brach eine Rotte Schweine durch das Gebüsch und kam auf mich zu. Ich konnte mich auf den Baumstamm retten, doch wirklich sicher war es nicht.« Margaretha schluckte, trank von dem Wein, atmete tief ein. Sie blickte in die Runde und machte sich klar, dass sie nun in Sicherheit war, bei ihrer Familie, in ihrem Zuhause. »Eine Sau zertrampelte die Schütte,fraß den Proviant.« Beschämt schaute sie zu ihrer Mutter. Diese nickte ihr gütig zu. »Ich hätte die Sachen greifen und mitnehmen sollen, doch ich war zu erschrocken.«
    »Es ist
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