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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin
Autoren: Aufbau
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Vielleicht brauchst du eine Amme«, sagte Gretje nachdenklich.
    Thilda nickte nur stumm.
    Nach einer Weile nahm Gretje das Kind von der Brust, reichte es Margaretha. »Wickel den Kleinen. Wo hast du Tücher, Thilda? Windeln?«
    »Meine Mutter wollte das vorbereiten. Ich weiß gar nicht …«
    Gretje seufzte, sah sich nach der Magd um, doch diese hatte das Zimmer schon wieder verlassen. Auf dem kleinen Tisch vor dem Fenster dampften ein Stück Braten und eine Schale Brühe. Es roch verführerisch.
    »Hast du Hunger, Kind?«
    »Nur wenig«, sagte Thilda leise.
    »Komm, wir waschen dich erstmal. Ich muss deinen Bauch abtasten, damit ich sehe, ob sich alles richtig zurückentwickelt. Margret, geh nach nebenan schauen, ob du Windeln und Tuch findest.«
    Margaretha legte den Säugling vorsichtig in die Wiege, er hatte seine Hand gefunden und saugte daran. Es wirkte verzweifelt. Langsam ging Margaretha zur Tür, öffnete sie und ging über den Flur zur Tür des Schlafzimmers. Ein lautes Schnarchen scholl ihr entgegen. Sie blieb an der Tür stehen, schüttelte verzweifelt den Kopf. Mijnheer van Holten schien dort seinen Rausch auszuschlafen. Immer noch oder vielleicht schon den nächsten. Unmöglich konnte sie das Zimmer betreten. Was sollte sie tun? Katrinchen war abweisend und keine Hilfe, Gretje hatte alle Hände voll zu schaffen und würde eine Störung mit Unbill quittieren.
    Das Mädchen trat von dem einen Fuß auf den anderen, schaute sich unsicher um, aber es gab nichts, kein Zeichen oder Hinweis, der ihr weiterhalf. Schließlich öffnete sie verzagt die Tür. Margaretha stellte sich vor, es wäre einfach nur einer ihrer Brüder, der dort schlafend lag, kein fremder Mann. In einem verrußten Windlicht flackerte eine Kerze. Obwohl van Holten das Kohlebecken, das er gestern auf Weisung von Margarethas Mutter beschaffen musste, aufgestellt hatte, und in dem Becken auch Kohlen glühten, war es kalt in dem Raum. Der eisige Wind zog durch die Fenster. Die Vorhänge vor dem Bett waren zugezogen, doch sie bewegten sich im Windzug, flatterten und tanzten. Obwohl es ein dicker Wollstoff war, würde er nicht die Kälte abhalten. Margaretha fror. Schnell suchte sie das Zimmer mit ihren Blicken ab. Dort unter dem Fenster stand eine Truhe, neben dem Bett eine neumodische Kommode mit Auszügen. Wo könnten Windeln und Tücher sein? Entschlossen ging Margaretha zur Truhe, öffnete diese und fand das Gesuchte. Erleichtert nahm sie die Tücher an sich und schloss die Türe leise hinter sich. Van Holten hatteihren Besuch überhaupt nicht bemerkt, darüber war sie froh. Dass er die schwere Zeit seiner Frau nicht begleitete, machte sie jedoch traurig. So sollte eine Ehe nicht sein, dachte sie. Sie schlich sich zurück, wusch und wickelte das Kind, das wieder leise jammerte. Sie wickelte es, wie Kinder gewickelt wurden, eng in ein Tuch. Nun konnte der Kleine noch nicht mal an seiner Faust lutschen.
    »Er hat wohl Hunger, Mutter«, sagte Margaretha. Auf das Wöchnerinnenbett warf sie nur einen flüchtigen Blick. Gretje untersuchte gerade die Frau, drückte auf den Bauch, wechselte die Binden und wusch Thilda.
    »Du blutest. Nicht zu stark und nicht zu schwach. Das ist gut«, murmelte Gretje. »Nun musst du noch zu Kräften kommen, damit du dein Kind stillen kannst.«
    Gretje half der jungen Mutter sich wieder anzuziehen, gab ihr Braten und Brühe. Thilda hatte Mühe, das Messer zu führen, und deshalb half die Hebamme ihr, fütterte die Wöchnerin geduldig, reichte ihr den Becher mit dem Würzwein. Margaretha nahm den Säugling wieder auf den Arm, trug ihn durch das kleine Zimmer, sang leise auf ihn ein.
    »Hast du keine Hilfe, Kind?«, fragte Gretje.
    »Hilfe?«
    »Mutter, Schwiegermutter, Familie, Freunde, Nachbarn?«
    Thilda schluckte, spießte das letzte Stück Fleisch auf ihr Messer. Sie schaute das Fleischstück für einen Moment an, aß es dann, nahm den Bratensaft mit einem Kanten Brot auf, kaute lange, spülte dann den letzten Bissen mit dem Würzwein herunter. Nun wirkte sie wach, aber auch angespannt.
    »Warum?«, fragte sie dann leise.
    »Weil es üblich ist. Du hast doch Familie?«
    »Es gab Streit.« Thildas Worte waren kaum zu verstehen.
    »Streit, so, so. Nun ja.« Gretje stand auf, stellte den leeren Teller auf den kleinen Tisch. Sie nahm Margaretha den Neugeborenen ab, wiegte ihn in ihren Armen, setzte sich wieder ans Bett. »Streit? Worüber?«
    »Es sind die Familien«, sagte Thilda seufzend, sie schaute sehnsüchtig
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