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Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)

Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)
Autoren: H. H. T. Osenger
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mittelalterliche Gräfin aussah. Eine hohe, spitz zulaufende Haube saß auf ihrem Kopf, ihr dunkelrotes Gewand, das mit Stickereien verziert war, reichte bis auf den Boden. Einfache Schuhe sahen darunter hervor. Ihr graues Haar war zu einer kunstvollen Frisur aufgesteckt. Die Gefährten betrachteten diese Frau neugierig. Wie alt sie wohl sein mochte? Eine normal Sterbliche mochte fünfzig oder sechzig Jahre zählen, wenn sie so aussah.
    Diese Frau nun zeigte ein sanftes und mildes Lächeln, während sie antwortete. „Seid unbesorgt, sie können euch nicht hierher folgen. Sie sind auf ewig gefangen in ihrer zweidimensionalen Welt des Lugs und des Trugs. Ich bin Hallgard. Ich heiße euch nochmals willkommen, Hans und Andrea, Salvatore und Pietrino, Lars und Mike, und auch dich, Jonathan.“
    Hans warf einen Seitenblick auf den Seemann. „Statt uns in Abwesenheit bereits namentlich vorzustellen, hättest du lieber schneller zurückkommen sollen.“
    In einer hilflosen Geste hob Jonathan die Hände. „Wovon redest du? Ich habe sie doch eben noch gar nicht gesehen!“
    „Ich kenne eure Namen, denn ich habe euch bereits seit geraumer Zeit beobachtet“, sagte Hallgard. „Ich habe auch gesehen, dass einer, der mit euch reiste, in der Halle des unermesslichen Reichtums und des immerwährenden Glücks geblieben ist und dort auch bleiben wird. Um ihn ist es geschehen, weder ihr noch ich können etwas für ihn tun.“
    „Wie konntest du uns beobachten?“, fragte Hans.
    Hallgard drehte sich um. „Folgt mir“, sagte sie einfach. Und die Gefährten taten, worum sie gebeten wurden.
    Nach einigen Metern durch den Raum und nach einigen Biegungen der Wände, an denen sie entlang geschritten waren, sahen sie einen Rahmen, der sich von den anderen unterschied, denn er war größer.
    „Toll!“, rief Mike aus. „Seht mal, sie hat einen modernen Plasmabildschirm.“
    Aber was auf den ersten Blick tatsächlich einem Fernsehgerät ähnelte war eher eine Art Fenster, durch das die Halle zu sehen war, in der sich die Gefährten eben noch aufgehalten hatten. Doch das Bild war auf groteske Weise verzerrt und irgendwie total durcheinander. Es schien nichts anderes als eine verrückte und ständig in Bewegung gehaltene Fotomontage zu sein, die ein wahnsinniger Künstler zurechtgebastelt hatte. Mit ausgestreckter Hand wies Hallgard darauf.
    „Nun seht“, sprach sie. „Was für ein Hohn, von dieser Halle als der des unermesslichen Reichtums und des immerwährenden Glücks zu reden. Sie ist nichts weiter als ein Trugbild, das die dreizehn Dämonen geschaffen haben, denen Brutus zum Opfer fiel. Sie ist nicht viel größer als dieser Kasten, den ihr hier seht.“
    „Wie haben wir denn da alle hinein gepasst?“, fragte Pietrino ungläubig.
    Lächelnd antwortete Hallgard: „Das ist die Zauberei und das Blendwerk der Dämonen. Das Meiste von dem, was ihr dort drin gesehen habt, war nichts als Illusion.“
    Mike griff panisch in seine Hosentasche und tastete nach etwas.
    „Also eine Art Magie, die uns in kleinere Körper verwandelt hat?“, fragte Andrea.
    „Es ist schwer zu erklären“, sagte Hallgard mit gerunzelter Stirn. „In dem Augenblick, in dem ihr die Halle betreten habt, gabt ihr eure dreidimensionale Existenz auf, denn ihr habt – freilich ohne es zu bemerken – eine zweidimensionale Welt betreten. Als ihr sie wieder verlassen habt, nahmen auch eure Körper wieder ihre natürliche Form an. Und, Mike, mach dir keine Sorgen, die Goldmünzen, die du dem weiblichen Dämon beim Kartenspielen abgenommen hast, sind noch da. Sie haben sich auch verwandelt. Ich bin sicher, dass sie bei euch zu Hause einen gewissen Wert darstellen.“
    Mike lächelte erleichtert.
    „Übrigens wurde euer Kommen ja auch gehörig genug angekündigt“, fuhr Hallgard fort und warf einen Seitenblick auf eine bestimmte Stelle des Bodens. Lars wurde feuerrot, als er die Scherben und das Wasser bemerkte. Unauffällig versuchte er, mit dem Fuß die Trümmer der Kristallkaraffe auf die andere Seite der Wand zurückzuschieben.
    Mike bemerkte das Tun seines Freundes und meinte leichthin: „Davon war aber nur eine von uns, die andere hat der Kerl mit dem Schnurrbart geworfen!“
    Hallgard zog die Augenbrauen ein wenig in die Höhe und brachte das Thema nicht mehr zur Sprache.
    Jonathan wies auf die Unzahl kleiner Portraits, die die Wände bedeckten. „Was hat es mit diesen vielen, vielen Bildern auf sich? Wer sind all die Leute, die darauf abgebildet sind?
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