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Die Haie vom Lotus-Garten

Die Haie vom Lotus-Garten

Titel: Die Haie vom Lotus-Garten
Autoren: Stefan Wolf
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zum
zweitenmal.“
    Er stand auf und schob die
Pistole in den Gürtel. Polluk wurde als nicht Manns genug für Gegenwehr
eingeschätzt. Für den brauchte Zapp keine Waffe.
    „Euch muß ich fesseln.“
    „Wie bitte?“ Beate entsetzte
sich.
    „Was denkst du denn? Daß ich
euch die Hände freilasse? Damit ihr die Bullen anbimmelt und denen steckt, ich
sei unterwegs zum Lotus, aber nicht, um dort an einer Frühlingsrolle zu
knabbern oder an süß-saurem Tintenfisch.“
    „Wir... sagen nichts. Wir rufen
niemanden an“, versicherte Polluk.
    Doch das half ihnen nichts. Der
Bankräuber trieb die beiden in den Heizungskeller hinunter, sperrte sie dort
ein in den Raum, wo der Öltank war, und sorgte für zusätzliche Hilflosigkeit,
indem er Polluk mit einem Stück Kupferdraht fesselte und Beate mit Polluks
Krawatte. Sie war blau-rot gemustert und hatte 35 Mark gekostet. Alle anderen,
die Polluk besaß, waren preiswerter und nicht so elegant.

21. Wo sich alle treffen
     
    Tim spürte das schwere, mit
Hartgeld gefüllte Portemonnaie in der Hosentasche. Klößchen hatte recht. Mit
diesem Gewicht belastet, konnte man glatt die Hose verlieren.
    Das wäre peinlich gewesen — vor
allem im LOTUS-GARTEN, wo immer noch Gäste waren, sich labten und angewärmten
chinesischen Pflaumenwein tranken.
    Hier draußen war es neblig und
kalt. Tim stand hinter einer Hausecke und beobachtete das Lokal. Karl und
Klößchen waren drüben bei der Lichtpeitsche, wo sie die Bikes um den
Laternenpfahl drapierten und dann diebessicher zusammenketteten.
    Jetzt kam ein Mann aus dem
Restaurant, trug Hut, klappte den Mantelkragen hoch und paffte an seiner
Zigarre. An der entlang wurde auch ein Rülpser in die Nachtluft entlassen.
Offenbar hatte man gut und zu reichlich gespeist.
    Ferkel! dachte Tim.
    Der Mann trollte sich die
Fußgängerzone hinunter. Sicherlich suchte er seinen Wagen, hatte aber infolge
Pflaumenweinkonsums die Orientierung verloren.
    Tims Freunde hechelten heran.
    „Habe ich einen Hunger!“
Klößchen rieb sich die Backen. „Eine Ente ä la Peking oder Kanton wäre mir
jetzt gerade recht.“
    „Und das nach dem Riesenimbiß,
den dir Karls Mutter bereitet hat“, sagte Tim. „So was nennt man unmäßig.“
    „Das will ich nicht in Abrede
stellen. Karls Mutter hat uns super versorgt. Aber ich bin ja ein trainierter
Esser und außerdem eine Naturbegabung auf diesem Gebiet.“
    „Gehen wir!“ meinte Tim und
schnürte voran.
    Warme Luft schlug ihnen
entgegen, als sie das Restaurant betraten. Ein chinesischer Kellner, dünn wie
ein Zahnstocher, lungerte herum, grinste freundlich und wies den Jungs einen
Tisch an.
    Aber Tim entschied sich für den
daneben. Denn von hier reichte der Blick nach hinten — in die private
Abteilung, wo sich das Lokal Richtung Küche verjüngte. Dort waren auch die
Toiletten und eine Tür mit der goldfarbenen Aufschrift PRIVAT.
    Die Jungs zogen ihre Jacken aus
und hängten sie über die Lehnen. Das Tischtuch hatte ein paar Sojasoßenflecke,
und vor Klößchen lagen einige Reiskörnchen, übriggeblieben von einem Gast, der
offenbar mit Stäbchen gespeist hatte. Klößchen schnippte die Reiskörner zu
Karl, dem sie gegen den Pullover flogen.
    „Benimm dich wie 13!“ sagte
Computer-Karl. „Unsereins ist frühreif, aber du wirst immer kindischer.“
    „Macht mein Umgang“, meinte
Klößchen. „Ich habe die falschen Freunde.“
    Der Ober kam. Sie bestellten
Jasmin Tee und Grünen, außerdem zwei kleine Gerichte und ein großes. Das große
war für Klößchen.
    Tim hatte sich umgesehen. Hier
im Erdgeschoß ging es offenbar ungezwungen zu, ausgiebig tafeln konnte man im
Obergeschoß, zu dem eine — von Porzellandrachen bewachte — Treppe hinaufführte.
Oben summten Gespräche, ertönte Gelächter. Zwei Kellner — ein deutscher mit
Skinmähne und ein vierschrötiger Chinese — servierten dort und waren treppauf,
treppab unterwegs.
    Hier unten waren noch vier
weitere Gäste, zwei Pärchen unter Zwanzig. Sie saßen am hinteren Ende des
Lokals und unterhielten sich über das Für und Wieder von Weihnachten.
    „Wenn oben einer mit
Kreditkarte zahlt“, sagte Tim leise, „geht der Kellner sicherlich in die Nische
— dort links vor der Küche. Da ist die Kasse. Da ist das Gerät für
Lastschrifteneinzugszettel. Wenn der Servierbolzen aber mit der Karte ins
Privatgemach verschwindet, wissen wir, was das Glöckchen geschlagen hat.“
    „Dann nimmt wieder eine
Fälschung ihren unheilvollen Anfang“,
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