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Die Haie vom Lotus-Garten

Die Haie vom Lotus-Garten

Titel: Die Haie vom Lotus-Garten
Autoren: Stefan Wolf
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besonderen
Wunsch“, sagte Michi. „Nur Gesundheit, endlich mal einen Weltfrieden, keine
Schulden mehr bei den Haien, ein neues Auto, und daß sich Muttis Zustand
bessert und mich Gotti heiratet, wenn er mit dem Studium fertig ist.“
    „Du bist bescheiden.“ Beate
lachte.
    „Und was wünschst du dir?“
    „Ich kriege von Erwin einen
Gutschein für eine dreimonatige kosmetische Hautpflege und für drei Schnitte
bei einem biologischen Hairdresser, einem Frisör.“
    „Wächst dein Haar so schnell,
daß du gleich drei brauchst?“
    „Ich will drei Frisuren
ausprobieren. Da kommt er.“
    Sie meinte Gotti.
    Der verließ den LOTUS-GARTEN
und schlurfte heran mit hängenden Schultern und Knickbeinen.
    O weh! dachte Beate. Das sieht
nicht aus, als schwebt Gotti auf Wolke sieben.
    Er stieg ein und rutschte
hinters Lenkrad. Sein Gesicht war so leer wie ein abgeleckter Teller.
    „Nun?“ fragte Michi. „Haben die
sich gefreut?“
    „Haben sie.“
    „Wie hoch sind jetzt unsere
Schulden?“
    „So hoch wie vorher.“
    „Aber weniger ungefähr 80 000.“
    „Weniger ungefähr keinen
Pfennig.“
    „Was meinst du?“
    „Es ist grauenvoll. Uns klebt
das Pech an den Fersen. Wir sind Unglückstypen. Schlimmer kann es nicht kommen.
Das heißt, bei uns bestimmt. Ich wette, der Weihnachtsmann weiß nicht, wer wir
sind. Und wenn die Grippewelle anrollt, liegen wir als erste flach.“
    In der nachfolgenden Stille
schien die Temperatur noch tiefer zu sinken.
    Unfaßlich! dachte Beate. Die
Haie haben ihm einfach das Geld weggenommen. Beschissen haben sie ihn. Diese...
Bestien!
    „Das Geld gehört ihnen“, sagte
Gotti so tonlos, als fehlten ihm sämtliche Zähne. „Sie haben ein Bankfach bei
Schneider und Pleitzke. Der Bankräuber hat es offenbar geknackt. In ihrem
Bankfach lagen 82 000 Mark. Das Geld von eben. Und eine grüne Stahlkassette.
Die vermissen sie. Ich konnte ihnen kaum glaubhaft machen, daß ich sie nicht
habe.“
    „Das... das mit der grünen
Kassette stimmt“, stammelte Beate. „Die war tatsächlich in der Tasche. Ich...
habe sie wohl verloren, die Kassette.“
    „Das mit dem Geld stimmt auch“,
erwiderte Gotti. „Ist kein Trick. Denn auf etlichen Scheinen hat dieser kleine chinesische
Mistkerl seine Notizen gemacht. Hat die Summen vermerkt. So wie es in Italien
die Bankleute machen, wenn sie ihre Schundwährung kiloweise zusammenklammern.
Tja, Herr Ling Sing Ti hat die Scheine gefunden, und ich durfte sie sehen. Was
das betrifft, hat alles seine Richtigkeit. Aber jetzt werden sie wild wegen der
Kassette.“ Nach einer Weile flüsterte Michi: „Ich glaub’ es nicht. Hat sich
denn alles gegen uns verschworen?“
    „Nicht alles“, Gotti ließ den
Motor an, was nach fünf Versuchen gelang. „Nur die Hölle, die Unterwelt und die
Haie. Aber das reicht.“
    „Alles umsonst! „ Michis Ausruf
klang wie ein Aufjaulen, dann stürzten ihr wieder Tränen über das runde
Pummelgesicht.
    „Heul nicht!“ sagte Gotti. „Ich
habe kein Taschentuch mehr. Sind alle verbraucht.“
    Schweigende Rückfahrt.
    Gotti lenkte den Wagen durch
ein Stück Innenstadt bis zur Phettvanstdorfer Hauptgasse, wo die beiden Frauen
wohnten: Beate im Haus Nr. 47, bei ihren Eltern — Michi mit ihrer
pflegebedürftigen Mutter nebenan in Nr. 45.
    Beate seufzte auf, als sie sich
näherten. Dann vor ihrer Adresse stand ein roter BMW, und die Umrisse des
Fahrers hoben sich hinter der Seitenscheibe ab.
    Gotti überholte den Wagen,
scherte ein und hielt. Alle stiegen aus. Auch Erwin Polluk verließ seinen BMW.
    „Endlich! Da bist du ja.“ Er
schloß Beate in die Arme. „Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Ich dachte,
dieser Verbrecher wäre hinter dir her.“
    „Das war er auch, Erwin. Aber
ich bin ihm entwischt.“
    „Super! Das mußt du gleich
erzählen. Aber erst mal“, er senkte die Stimme: „Wo ist die Tasche? Du weißt,
was ich meine.“
    „Gotti und Michi wissen es
auch. Ich hab’ sie nicht mehr.“
    „Äh... nein?“ Seine hellblauen
Froschaugen überzogen sich mit frostigem Glanz.
    „Nein!“
    „Hat der Verbrecher sie dir
abgejagt?“
    „Nein, Erwin.“ Beate nahm die
Leine in die andere Hand, denn Küßchen zog nach links. „Das Geld ist jetzt bei
seinen rechtmäßigen Besitzern. Das heißt, rechtmäßig sind die nicht. Aber das
Geld gehört ihnen trotzdem. Gotti und Michi wollten eigentlich damit ihre
Schulden zurückzahlen. Aber dann kam alles ganz anders. Ich weiß nicht“, wandte
sie sich an die beiden, „ob
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