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Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Ingrid Hedström
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Frauenstimme in leichtem Ton, fragst du hier meinen Zeugen aus?
    Jérôme drehte sich um und sah eine schlanke, blonde Frau mit schnellen Schritten auf sie zukommen. Er erkannte sie – es war die Untersuchungsrichterin Martine Poirot, Promi in Villette, nachdem sie im letzten halben Jahr zwei spektakuläre Mordermittlungen geleitet hatte. Jérôme betrachtete sie neugierig. Er hatte aus irgendeinem Grund eine Schwäche für Frauen, die etwas älter waren als er selbst, und er hatte Martine Poirot recht appetitlich gefunden, als er sie im Fernsehen gesehen hatte, ein wenig wie Debbie Harry, die ihm gefiel. So aus der Nähe war sie kleiner, als er sich vorgestellt hatte, aber ebenso hübsch wie im Fernsehen, trotz des viel zu großen Schutzhelms, den sie auf die blonden Haare gedrückt hatte. Sie trug hohe schwarze Stiefel und ein schwarzes Ledersakko, das teuer aussah, über einem dunkelgrünen Kleid.
    Und sie schien den Gewerkschaftsvorsitzenden zu kennen.
    – Hallo, Martine, sagte Jean-Claude Becker, ist lange her. Ich bin natürlich nur hier, um meine Gruppenmitglieder zu fragen, ob sie nach ihrem erschütternden Erlebnis heute abend Unterstützung brauchen.
    Sie verzog den Mund und wandte sich Jérôme zu.
    – Jérôme Vandermeel, nicht wahr, sagte sie und streckte die Hand aus, Sie waren es, der den Toten entdeckt hat, stimmt’s? Ich heiße Martine Poirot und bin Untersuchungsrichterin, ich soll die Voruntersuchung in diesem Todesfall leiten. Wir werden uns gleich hinsetzen und darüber reden, aber zuerst hätte ich gern eine Schnellversion, damit wir beurteilen können, wieviel vom Gelände wir absperren müssen.
    Jérôme erklärte rasch, wie er den toten Körper zusammen mit dem Erz aus dem Baggerlöffel hatte fallen sehen.
    – Hmm, sagte Martine Poirot, die Leiche kam also von dem Prahm da …
    Sie sah über den Fluß.
    – Dafne 3, Heimathafen Dordrecht, sagte Michel Pirot, der mit einer Plastikmappe in der Hand zu ihnen kam, verließ den Hafen von Antwerpen letzten Dienstag, beladen mit Eisenerz aus der Grube von Hanaberget in Schweden, im übrigen die allerletzte Ladung von dort, legte hier an unserem Kai gegen drei heute nachmittag an. Eigentlich ist es also nur der Prahm, den Sie absperren müssen, und vielleicht den Eisenbahnwaggon mit der Leiche, ansonsten kann die Arbeit hier weitergehen.
    Er lächelte Martine Poirot zufrieden an, als sei das letzte Wort in der Frage gesprochen. Jean-Claude Becker grinste hochachtungsvoll.
    – Immer langsam, sagte Martine Poirot, ganz so leicht geht das nicht, Monsieur Pirot. Der Prahm liegt hier seit ein paar Stunden, und noch können wir ja nicht wissen, ob der Körper hier oder unterwegs oder schon in Antwerpen an Bord gebracht worden ist. Übrigens, wo ist die Besatzung?
    – Sie waren vorhin hier, sagte Jérôme, sie müssen wieder an Bord gegangen sein.
    Sie nickte und ging zu den Polizisten und Kriminaltechnikern, die an den Eisenbahnwaggons standen und debattierten. Jérôme war niedergeschlagen und stand da ganz allein mit der Gewerkschaft und der Unternehmensleitung. Der verflixte Guido versteckte sich immer noch im Pausenschuppen.
    – Tja, sagte Pirot zu Becker, es liegt wohl in unser aller Interesse, daß das hier so schnell wie möglich geklärt wird. Alle Karten auf den Tisch, keine Obstruktion, umfassende Zusammenarbeit mit der Polizei, damit wir sie bloß schnell loswerden.
    – Klar, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende. Eines noch, Pirot – ich gehe davon aus, daß Vandermeel und Leone unter dieser Sache wirtschaftlich nicht leiden müssen. Es war ja nicht ihre Schuld, daß die Arbeit unterbrochen wurde.
    Jérôme hatte nicht einmal daran gedacht, daß er durch seinen Leichenfund Geld verlieren könnte. Der Lohn bei Arbeitsausfall war lausig, und daß es nicht seine Schuld war, daß die Arbeit vorläufig eingestellt wurde, spielte dafür keine Rolle, was Becker natürlich sehr wohl wußte.
    – Der Lohn bei Arbeitsausfall wird vereinbarungsgemäß gezahlt, wenn die Arbeit ausfällt, sagte Pirot, ohne Rücksicht auf die Ursache. Stromausfall, Auftragsmangel, Leichenfund, Heuschreckenschwärme, das spielt keine Rolle. Wie du weißt.
    – Aber es geht ja nur um zwei Männer, sagte Becker überredend, und hast du daran gedacht, daß Vandermeel die Leiche hätte übersehen können, um den Akkord nicht zu versauen? Mit etwas Pech hätte sie direkt in den Hochofen wandern können, ohne daß jemand etwas geahnt hätte. Und du weißt, was die Jungs von
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