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Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)

Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)

Titel: Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
Autoren: Pierre Grimbert
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holte tief Luft und biss die Zähne zusammen. Dann zog er mit aller Kraft. Das Seil war so straff gespannt, dass er sich fast die Haut aufriss, aber es bewegte sich keinen Zoll. Er stieß einen Fluch aus, lockerte den Griff und sah hilflos zu, wie sein Netz in den Tiefen des Meers verschwand, fortgerissen von einem der verdammten Riesenfische, die sich in diesen Gewässern tummelten. Der alte Fischer hatte den Übeltäter nicht einmal sehen können. Sicher war es wieder ein Talantenhai, die sah man in letzter Zeit häufig. Viel zu häufig. Sie schienen von Tag zu Tag mehr zu werden.
    Djemar stand breitbeinig in der Mitte seines Boots und war auf einmal unendlich müde. Er fühlte sich wie ein Nichtsnutz, obwohl er alles getan hatte, um sein bestes Netz zu retten. Die Sache hätte auch schlimmer für ihn ausgehen können– immerhin lebte er noch. Denn er hatte schon Geschichten von Fischern gehört, die mitsamt ihren Booten in die Tiefe gezogen worden waren. Ihre Leichen waren niemals gefunden worden. Deshalb versuchte Djemar sich einzureden, dass er noch einmal Glück gehabt hatte.
    Obwohl sein Fischkorb nun leer bleiben würde und er heute Abend mit knurrendem Magen zu Bett gehen musste.
    Er seufzte tief, streckte sich auf den Planken aus, griff nach einer Flasche Mangoschnaps und genehmigte sich einen kräftigen Schluck. Dies war die erste Ruhepause, die er sich seit dem Morgen gönnte. Da er kein zweites Netz hatte, konnte er heute ohnehin nicht mehr arbeiten. Er war umsonst aufs Meer hinausgefahren. Ein vergeudeter Tag. Verdrossen trank er noch etwas von dem süßen Schnaps.
    Als wollten die Götter ihn ärgern, trieb das Boot aufs Festland zu. Djemar, der soeben einen weiteren Schluck aus der Flasche genommen hatte, hätte ihn fast wieder ausgespuckt. Dort drüben war es gewesen… Dort, auf dem einsamen Strand, an den sich sonst keine Menschenseele verirrte, hatte er den Alten gefunden. Der spindeldürre Greis war splitterfasernackt gewesen und hatte sich mit irrem Blick umgesehen. Djemar hatte geglaubt, Piraten aus Yérim hätten ihn überfallen, ihm all sein Hab und Gut genommen und ihn an der erstbesten Stelle wieder ausgesetzt. Deshalb hatte er sich verpflichtet gefühlt, ihm zu helfen. Er hatte ihm in sein Boot geholfen und ihn auf seine Insel gebracht.
    Seine Insel. Verdammt, verdammt, verdammt, fluchte der Fischer und genehmigte sich noch einen kräftigen Schluck. Früher, vor zwanzig Jahren, war das ein ruhiger Ort gewesen, an dem man gut leben und alt werden konnte. Damals war seine Heimat von ein paar Hundert friedlichen Leuten besiedelt gewesen, die von der Fischerei und dem Handel mit den Unteren Königreichen gelebt hatten.
    Doch mittlerweile war die ganze Insel von dem Hexer, den Djemar mit auf die Insel gebracht hatte, unterjocht. Verdammt sollst du sein, wiederholte er, ohne zu wissen, ob er den Tyrannen meinte oder sich selbst.
    Nun trieb eine Laune der Strömung das Boot auf seine Heimatinsel zu. Wie so oft in letzter Zeit dachte Djemar, dass es vielleicht besser wäre, gar nicht mehr dorthin zurückzukehren. Mittlerweile kam man dort allzu leicht ums Leben. Jeder neue Tag war eine Gnadenfrist, die der Hexer, der sich zum Herrn über die Insel aufgeschwungen hatte, und seine Bande von Mördern den Einwohnern gewährten. Allerdings war die Lebenserwartung der Söldner nicht viel höher als die der Fischer. Auf der Insel Raturuu fand man schneller den Tod, als man sich andernorts einen Schnupfen holte. Ob jemand lebte oder starb, hing ganz von der Laune des Hexers ab, und die war nicht vorhersehbar.
    Das war nicht von Anfang an so gewesen. Der Hexer hatte seine Bösartigkeit erst nach und nach offenbart. Zunächst hatte er sich von den Inselbewohnern ferngehalten. Er bezog eine kleine Höhle an einem einsamen Strand und ernährte sich von den getrockneten Fischen, die Djemar ihm aus Gutmütigkeit brachte. Als jedoch unheimliche Geschichten die Runde machten, stellte Djemar seine Wohltätigkeit ein. In der Nähe der Höhle spielten sich seltsame Dinge ab. Häufig zuckten Blitze vom Himmel, und mitten in der Nacht stiegen Feuersäulen vom Boden auf. Die Inselbewohner wurden regelmäßig von grollendem Donner oder irrem Gelächter aus dem Schlaf gerissen. Es wurde der Vorschlag gemacht, den Fremden wieder dorthin zurückzubringen, wo man ihn gefunden hatte, und Djemar war einer der Ersten, der den Plan befürwortete.
    Doch die Dorfbewohner bekamen keine Gelegenheit mehr, ihr Vorhaben umzusetzen.
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