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Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)

Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)

Titel: Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
Autoren: Pierre Grimbert
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einer Frau errichtet worden, deren Andenken bei allen lebendig war. Die drei Gestalten verharrten mehrere Dezillen lang in andächtigem Schweigen vor dem Grab, bevor sie sich von dem Steinhaufen abwandten und den Rückweg landeinwärts fortsetzten. Sofort kamen die jüngsten Frauen herbei, leuchteten ihnen den Weg und boten ihnen an, sie zu stützen. So marschierte die kleine Schar einen halben Dekant durch ein Gebiet, in dem es von giftigen Schlangen und nicht minder gefährlichen Insekten nur so wimmelte. Aus diesem Grund hatten die Frauen es vermieden, in der Nähe der Steilküste ein ständiges Lager zu errichten und dort darauf zu warten, dass ihre Gebete erhört würden. Nach etwa einer Dezime Marsch geschah plötzlich etwas Unerwartetes: Die Älteste blieb stehen und brach so mit dem gewohnten Ablauf, in dem sie seit langer Zeit gefangen waren.
    » Ich kann nicht mehr«, sagte sie schnaufend. » Mein Herz tut mir weh. Morgen werde ich nicht mehr die Kraft haben herzukommen.«
    » Aber sicher«, entgegnete die Zweite. » Nicht zum ersten Mal fällt dir der Rückweg schwer. Morgen wirst du uns allen wieder vorangehen – du wirst schon sehen.«
    » Ich werde es sicher versuchen«, murmelte die Alte, » aber ich werde es nicht schaffen. Wenn ich auf dem Weg zusammenbreche, wird keine von euch in der Lage sein, mich ins Leben zurückzuholen. Ihr müsst euch an den Gedanken gewöhnen und eine Nachfolgerin für mich finden.«
    Ihre beiden Schwestern wechselten traurige Blicke, während die jüngeren Frauen ihre Sorge hinter einer stoischen Maske verbargen. Es war niemals angenehm, wenn Tatsachen ausgesprochen wurden, die alle zu verdrängen suchten.
    » Aber dann werden wir noch weniger Aussicht auf Erfolg haben«, klagte die Dritte. » Es gibt kaum noch Schwestern, die wissen, wie man sich in den Zustand der Entsinnung versetzt– oder das, was davon übrig ist. Die anderen beherrschen die Kunst noch weniger als wir.«
    » Das weiß ich ja«, stöhnte die Alte. » Aber was soll ich denn tun? Ich werde nicht aufgeben, bis ich meinen letzten Atemzug tue. Aber ihr müsst euch überlegen, was danach ist. Ich will nicht, dass ihr nach meinem Tod all eure Hoffnungen begrabt. Ihr müsst alles daran setzen, dass unsere Schwestern ihr wohlverdientes Schicksal ereilt, ob ich noch auf dieser Welt bin oder nicht. Eines Tages wird die Göttin unseren Ruf erhören, uns antworten und sich wieder mit uns vereinen.«
    » Für die Göttin«, riefen die beiden anderen.
    » Für die Göttin«, wiederholten die Jüngeren einstimmig.
    Danach setzten sie ihren Marsch schweigend fort. Auf dem restlichen Weg konzentrierte sich jede darauf, den tödlichen Fallen der Sümpfe des Lus’an auszuweichen. Nach einer Weile erreichten die Kriegerinnen im roten Gewand ihr Dorf– ganz in der Nähe von Zuïas Palast.
    Das schwarze Gwel des Karu zu formen war leichter, als ich dachte, und ich ärgerte mich maßlos, dass ich es nicht schon früher versucht hatte. Dabei hatte ich zweimal endlose Jahre in diesem stinkenden Labyrinth verbracht, mit nichts anderem vor Augen als dem lehmartigen, sich ständig verändernden Stein. Ich kannte all seine Farbschattierungen, hatte jede seiner vielfältigen Beschaffenheiten ertastet und sogar davon gekostet. Nach meinem Wechsel in die Welt der Menschen hatte ich aus dem Schlamm die mächtigsten magischen Gegenstände geformt, die man sich vorstellen kann. Allen voran das Schwert, das Léti mir später ins Herz stieß.
    Der Stoff hatte für mich nichts Rätselhaftes mehr. Ich musste nur herausfinden, wie man ihn beeinflusste. Auch hierfür bediente ich mich der Erfahrung, die ich auf meinen langen Wanderungen durch die Gänge des Karu erworben hatte. Zwar gab es an diesem Ort nur ein einziges Gesetz, und das war das Chaos, aber selbst dieses ließ sich bis zu einem gewissen Grad vorhersehen. Die Wände der Gänge verformten sich scheinbar willkürlich, aber auf eins konnte man sich verlassen: Ganz gleich, welchen Durchgang man auswählte, früher oder später würde er sich schließen. Das konnte eine Dezille dauern oder tausend Jahre.
    Mit dieser Gewissheit schwebte ich in einen Durchgang, der mir geeignet erschien, und harrte dort aus. Einen Tag lang. Drei Tage. Eine Dekade. Wenn nötig, hätte ich ein ganzes Jahrhundert gewartet, aber ich hoffte, dass mir das Schicksal eine solche Prüfung ersparen würde.
    Mein Wunsch sollte in Erfüllung gehen.
    Als es geschah, war ich bereits von solchem Überdruss
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