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Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)

Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)

Titel: Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
Autoren: Pierre Grimbert
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erfüllt, dass mein Geist völlig abgestumpft war. Der kleine Rest Verstand, der mir noch blieb, konzentrierte sich auf die Dinge, die ich bei der Begegnung mit den Erben von Ji erfahren hatte. Ich war so darin versunken, dass ich die einsetzende Veränderung zunächst gar nicht bemerkte. Doch plötzlich war ich hellwach.
    Die körperlose Form meines linken Beins war bereits bis zum Knie vom Gwel umfangen. Sie war von dem schwarzen, stinkenden Schlamm eingefasst, der sich rasch zu Stein verhärtete, und nach einer Weile verschmolz sie mit ihm. Vermutlich hätte ich mich zu diesem Zeitpunkt noch befreien können. Ich hätte mich meiner phantomhaften Gestalt bedienen können, um der Falle zu entkommen, aber ich tat nichts dergleichen. Im Gegenteil – ich bemühte mich, so ruhig wie möglich zu bleiben, um die Vollendung des Phänomens nicht durch eine unbedachte Bewegung zu gefährden. Schleichend und unaufhaltsam schloss sich das Gwel um mich und kroch schließlich in mich hinein.
    Irgendwann war ich vollkommen in dem Stoff gefangen. Mittlerweile war das Gwel steinhart und eiskalt wie Fels. Ich steckte in undurchdringlicher Finsternis fest und hatte das Gefühl zu ersticken – es kam mir vor, als wäre das gesamte Universum im Nichts versunken.
    Dies war der unangenehmste Teil meines Plans. Obwohl ich keinen Schmerz empfand, war mir, als würde ich von dem Gebirge über mir zermalmt und von riesigen Pranken aus Granit erwürgt. Als wäre ich für alle Zeiten im Schoß des Karu gefangen.
    Nach einer Weile geriet ich doch in Panik. Vielleicht nutzte das Karu – weil ich mich der Verschmelzung mit den Dämonen verweigerte – diese Gelegenheit, um sich meiner zu entledigen. Auch wenn hier unten Chaos herrschte, gab es doch bestimmte Regeln, und ich hatte sie gebrochen. Offenbar konnte mich das Karu nicht vernichten, aber es konnte mich bis in alle Ewigkeit gefangen halten.
    Aber ich konnte ohnehin nichts mehr daran ändern. Ich war das Wagnis eingegangen; nun hatte ich mein Schicksal nicht mehr in der Hand. Verbissen richtete ich all meine Gedanken auf mein Ziel, das mich in diese Lage gebracht hatte: die Aussicht, an meinen Feinden Rache zu nehmen und mir die Welt untertan zu machen.
    Nach einer endlosen Zeit der Marter begann sich das Gwel, das mich umschloss, zu erwärmen. Meine Erleichterung war groß, aber gleichzeitig packte mich quälende Unruhe. Jetzt hing alles von meiner Geschicklichkeit ab. Wenn ich meine Kräfte überschätzte, war alles verloren.
    Doch zum Glück erwies sich der Vorgang als verblüffend einfach. Das Gwel hatte mich so sehr durchdrungen, dass es fast ein Teil von mir selbst geworden war. Als das Karu abermals seine Gestalt veränderte und sich das Gwel zurückzog, gelang es mir mit bloßer Willenskraft, den Teil, der meine körperlose Form ausgefüllt hatte, zurückzuhalten. Der Erfolg ermutigte mich, nicht nachzulassen. Als ich dann endlich wieder einen Körper hatte, nutzte ich meine magischen Kräfte, um das Gwelom, in das ich mich verwandelt hatte, zu stärken, damit es nicht beim ersten Schlag eines Gegners zersprang. Schließlich wagte ich die ersten Schritte.
    Sie waren ebenso zögerlich wie die eines Kleinkinds. Aber wie groß war meine Freude, wie unermesslich mein Triumph: Ich hatte abermals den Tod besiegt! Ich hatte wieder Füße, um über den Boden zu laufen, Arme, um Waffen zu schwingen, und einen Mund, um meinen Feinden ins Gesicht zu spucken, bevor ich sie niederstreckte. Das Karu hatte mir Leben geschenkt, und zwar auf nie da gewesene Weise. Halb war ich ein Geisteswesen, so wie die Götter und Dämonen, die einst im Jal herangewachsen waren, und halb ein Kind des Gebirges, das mich wie eine Mutter unter Schmerzen geboren hatte.
    Zum vollkommenen Glück fehlte mir jetzt nur noch eins: ein Weg, der aus diesem verwünschten Labyrinth hinausführte. Kurze Zeit später war mir das Schicksal gnädig. An dem Tag, als das Jal und mit ihnen alle Götter und Dämonen aus der Welt verschwanden, wurde mir die Freiheit geschenkt.
    Ich fühlte mich wie ein kleines Kind, dem man seinen Herzenswunsch erfüllt. In meinen kühnsten Träumen hatte ich nicht zu hoffen gewagt, dass ich einmal mit ansehen würde, wie sich die Ungeheuer, die durch die Gänge und Höhlen meines Kerkers streiften, in Todesqualen winden, und wie das Labyrinth selbst seinem Untergang entgegengeht.
    Im Karu herrschte größeres Chaos denn je. Die Unsterblichen lösten sich langsam auf und entließen die Seelen, von
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