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Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)

Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)

Titel: Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
Autoren: Pierre Grimbert
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verband, und ich flog hinaus ins Nichts, in die Finsternis jener tragischen Nacht.
    Von meinen irdischen Leiden befreit, konnte ich mich nun voll und ganz auf diese neue Erfahrung konzentrieren. Obwohl ich bereits zum zweiten Mal den Tod fand, war es doch das erste Mal, dass ich diese große Reise antrat. Und sie war überaus lehrreich. Trotzdem hatte sich mir die Schande der Niederlage unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt, und der Wunsch nach Rache hauchte mir göttliche Kraft ein.
    Ich erfuhr das gleiche Schicksal wie jeder gewöhnliche Sterbliche, der seinen letzten Atemzug tut. Wenn sich die Seele von ihrer irdischen Hülle löst, hat man kurz das Gefühl, zerrissen, gevierteilt und bei lebendigem Leibe gehäutet zu werden. Im nächsten Moment ist es vorbei, und der Geist fliegt davon, ein Lichtstrahl auf dem Weg zu einem unbekannten Ziel. Die allermeisten Verstorbenen wissen nämlich nicht, wohin die Reise geht, aber bei mir war das anders. Ich ahnte, nein, wusste längst, dass mich der Weg ins Jal führen würde.
    Ich wollte die Richtung ändern, aber das war unmöglich. Ebenso wenig hatte ich Einfluss auf die rasende Geschwindigkeit, mit der ich von den Gipfeln des Gebirges angezogen wurde, das ich zuvor mit meinem Tunnel geschändet hatte. In Gesellschaft unzähliger anderer armer Seelen, von denen nicht wenige den Barbaren meines Heers gehörten, raste ich an den höchsten Bergen vorbei, um dann plötzlich steil nach unten auf die Gärten des Dara zuzustürzen.
    Doch ich sauste nur kurz über das Tal hinweg und fuhr gleich darauf in die Tiefen der Erde hinab, genau wie die meisten Wilden, die in jener Nacht gestorben waren, die Plünderer, Sklaventreiber, Folterknechte, Meuchelmörder und Feiglinge …
    Wir waren dazu verdammt, in die stinkenden Gänge des Karu einzugehen, doch wie dieses Urteil zustande gekommen war, überstieg jedes menschliche Verständnis. Die gerade erst von ihrer sterblichen Hülle befreiten Seelen machten sich über diese Frage ohnehin keine Gedanken. Von Panik erfüllt rasten sie durch die Gänge des unwirtlichen Labyrinths. Ich verspürte den unwiderstehlichen Drang, mit einem Unsterblichen zu verschmelzen und auf diese Weise mein Leben ewig fortzusetzen.
    In jener Nacht sah ich Tausende und Abertausende solcher Vereinigungen mit an, und auch in den folgenden Jahrzehnten wurde ich unzählige Male Zeuge dieses Vorgangs. Die Dämonen, die das Karu bevölkerten, von den affenartigen Lemuren bis hin zu den grauenvollsten Kreaturen, die man sich vorstellen kann, verleibten sich die Seelen der Verstorbenen ein. Sie genossen diese Verschmelzung mit einem Vergnügen, das an sexuelle Lust erinnerte; denn jedes Mal kamen sie ihrer Vollendung einen Schritt näher. Jede Seele, die sie in sich aufnahmen, machte sie stärker, und erst wenn ihre Entwicklung vollendet war, konnten sie diesen abscheulichen Ort verlassen und als mächtige Dämonen in die Welt der Menschen einziehen. Es kam auch vor, dass sich die Ungeheuer des Karu im Streit um eine Seele gegenseitig zerfleischten. Die Seelen der Verstorbenen, die darauf warteten, mit dem Sieger zu verschmelzen, hatten nichts mit denen gemein, die in die Gärten des Dara eingingen. Sie interessierte nur ihr eigenes Schicksal – dass sie durch die Verschmelzung mit einem Dämon den Anbruch einer Zeit unsäglichen Grauens heraufbeschworen, kümmerte sie nicht. Für sie zählte allein die Aussicht, ein Quäntchen Unsterblichkeit zu erlangen.
    Ein durchaus berechtigtes Bestreben, wie ich finde. Außerdem war es nahezu unmöglich, der Versuchung zu widerstehen. Der Wunsch nach Verschmelzung entsprang zum einen der Furcht vor dem Nichts, zum anderen dem Drängen eines geheimnisvollen höheren Willens. Später begriff ich, dass das Jal selbst die Seelen dazu zwang, sich mit den Unsterblichen zu vereinigen. Diejenigen, die diesen Ort erschaffen hatten, verliehen ihm auch die Macht, für seinen Fortbestand zu sorgen. So wurde auch ich von einer unsichtbaren Kraft dazu gedrängt, mich dem erstbesten Dämon zu ergeben, der meinen Weg kreuzte. Ich sollte in seinem ewigen Feuer verglühen, damit er mächtiger wurde – im Gegenzug bekäme ich Anteil an seiner Unsterblichkeit. Allerdings hätte ich dabei meine Erinnerungen und alles, was meine Eigenständigkeit ausmachte, aufgeben müssen. Die Lockrufe der Dämonen verfolgten mich wie Sirenengesang, während meine Seele allein durch die Gänge aus schwarzem Gwel jagte.
    Doch ich kämpfte mit aller Kraft, die
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