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Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Titel: Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
Autoren: Alfred Weidenmann
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der zweiten Etage in die Halle transportieren.
    Weil der große Staubsauger so laut brummte und weil der Hotelpage Fridolin gerade in diesem Augenblick drüben beim Eingang zum Restaurant auf dem riesigen Teppich in die Kurve ging, hörte er gar nicht, wie der Lift herunterkam und sich seine Tür automatisch öffnete.
    Erst als der Hotelgast die ersten zwei Schritte über den spiegelglatten Marmorfußboden gemacht hatte, fuhr Fridolin Paschulke herum.
    „Das haut mich aber glatt vom Stengel, Herr Piepke“, meinte der Hotelpage ehrlich erstaunt. „Ich hab’ Sie gerade erst geweckt, und da kommen Sie schon fix und fertig angezogen aus Ihrem Zimmer.“ Er schaltete mit dem linken Fuß den Staubsauger ab und angelte nach seiner grünen Uniformjacke. Auch so früh am Morgen durften Hotelgäste erwarten, daß ihnen das Hotelpersonal nicht in Hemdsärmeln unter die Augen kam.
    „Gelernt bei der Bundeswehr“, erklärte Herr Martin Piepke gut gelaunt. „Zwei Jahre lang rein in die Klamotten und wieder raus aus den Klamotten, so was bleibt hängen.“
    Der Hotelgast von 112 war ein ganz und gar rosafarbener Mensch, der aussah wie aus Marzipan gemacht. Er war wohl kaum vierzig Jahre alt und hatte ein ausgesprochenes Dutzendgesicht. Seine Augen waren klein und strahlten Sanftmut aus. Allerdings die Sanftmut eines Luchses oder einer Kobra. Und weil ihm das bewußt war und weil er Wert darauf legte, stets einen harmlosen Eindruck zu machen, hatte er sie hinter einer leicht getönten Brille versteckt. Im übrigen war er schlank und ziemlich groß.
    „Wie komme ich auf den Zobelberg?“ fragte Herr Piepke und blickte auf seine Armbanduhr. „Es sind noch genau zweiundzwanzig Minuten, bis die Sonne aufgeht, und dein Chefportier hat mir gesagt, daß ich vom Zobelberg hinunter garantiert den besten Blick hätte. Sonnenaufgänge sind nämlich meine Leidenschaft. Überall, wo ich hinkomme, werden sie von mir fotografiert, wenn das Wetter günstig ist. Ich sammle sie so, wie andere Leute Briefmarken oder Schmetterlinge sammeln. Mein Prachtexemplar hab’ ich vor einem Jahr auf der Zugspitze geschossen.“ Er grinste nicht ganz ohne Stolz und zauberte dabei ein Grübchen auf seine linke Backe. „Also, wie komm’ ich am schnellsten auf den Zobelberg?“
    „Sie brauchen mit Ihrem Wagen keine Viertelstunde“, sagte der Page Fridolin und führte den Hotelgast zu der breiten Drehtür. „Einfach über den Rathausplatz, dann gleich die erste Straße rechts, immer geradeaus bis zur Tankstelle. Dort sehen Sie dann schon den Gaskessel und ein großes Schild, das die Auffahrt zum Zobelberg anzeigt. Zuerst ist die Straße noch asphaltiert, dann kommt Pflaster, und im Wald ist es dann bloß noch ein breiter Sandweg. Sie können sich nicht verfahren.“
    „Kapiert“, erklärte Herr Piepke und holte ein Zweimarkstück aus seiner Hosentasche. „Besten Dank, mein Freund.“
    „Gleichfalls besten Dank“, entgegnete Fridolin und ließ das Geld im Handumdrehen, aber sehr elegant, verschwinden.
    „Höchste Eisenbahn“, erklärte der rosafarbene Hotelgast von Zimmer 112 und lüftete kurz seinen grauen Filzhut. Dabei zeigte er am Mittelfinger seiner rechten Hand einen auffallend großen Goldring mit einem gleichfalls großen und dunkelbraunen Sternsaphir in der Mitte.
    Als er anschließend in der gläsernen Drehtür verschwand, drückte er vorsichtshalber seinen großen Fotoapparat, der ihm vor der Brust baumelte, fest an seinen Körper.
    Die Menschen haben manchmal Marotten, die gibt’s gar nicht, dachte Fridolin. Er zog seine grasgrüne Jacke mit den goldenen Knöpfen wieder aus, warf sie über einen der Sessel vor dem Wandspiegel und schaltete erneut den Staubsauger ein. Im selben Augenblick hörte er das Quietschen von Autoreifen. Gleich darauf sah er draußen vor den Fenstern, wie
    Herr Piepke in seinem roten Leihwagen vom Hinterhof in die Straße kurvte und in der Richtung zum Rathausplatz davonfuhr.
    Der Hotelpage Fridolin schüttelte den hellblonden Kopf und brachte seinen Staubsauger wieder in Bewegung. Wie mit einem Rasenmäher zog er eine Bahn nach der anderen über den großen Teppich.
    In einer halben Stunde würden die Kellner von der Morgenschicht aufkreuzen, dann die Zimmermädchen und schließlich Herr Pelz, der Chefportier. Fridolin Paschulke würde dann bereits die zwei großen Stechpalmen, die links und rechts in den Ecken der Halle standen, vorsichtig abstauben und anschließend vom Kiosk an der Ecke die neuesten
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