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Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Titel: Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
Autoren: Alfred Weidenmann
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grinste. Die Sache fing an, ihm Spaß zu machen.
    Als sich die beiden Schüler von ihrem ersten Schreck erholt hatten, entdeckten sie mittlerweile auch, wie sich ihr Klassenzimmer von der letzten Unterrichtsstunde am Freitag bis heute verwandelt hatte. Dabei sperrten sie jetzt schon zum zweitenmal Mund und Augen auf.
    Studienrat Purzer genoß ihre Verwirrung und ihre Verwunderung eine ganze Weile. „Erstaunlich, was ein halbes Dutzend Handwerker über ein Wochenende zusammenzaubern kann“, stellte er schließlich fest.
    Da die beiden aber keine Antwort wußten und nach wie vor nur stumm wie Fische nebeneinanderstanden, wurden sie aufgefordert, die Türe hinter sich zu schließen und Platz zu nehmen.
    „Ich möchte mich entschuldigen“, meinte der Studienrat artig, „falls ich durch meine ungewohnt vorzeitige Anwesenheit euren Blutkreislauf durcheinandergebracht habe. Aber ihr könnt euch jetzt wieder erholen — und das vermutlich mit einiger Erheiterung. Die übrige Klasse wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.“
    Und so kam es dann auch.
    Inzwischen waren es ja nur noch sieben oder sechs Minuten bis acht Uhr. Auf den Treppen und in den Korridoren des Prinz-Ludwig-Gymnasiums wurde es allmählich so lebhaft wie bei einem in Aufregung geratenen Bienenstock. Die Schüler der 9 B erschienen einer nach dem anderen und in immer kürzeren Abständen, öffneten arglos die Tür zu ihrem Klassenzimmer und blieben zunächst einmal ausnahmslos wie vom Donner gerührt auf der Schwelle stehen. Dann allerdings zeigten sich Unterschiede — je nach Temperament und Naturell.
    Es gab Typen, die beinahe kopfstanden und die Überraschung überhaupt nicht fassen konnten. Andere waren nur im ersten Augenblick baß erstaunt, erholten sich ziemlich schnell, machten ohne Aufforderung die Tür hinter sich zu und sagten mit regelrechten Pokergesichtern: „Guten Morgen, Herr Studienrat.“ Anschließend räusperten sie sich ein wenig verlegen und fragten, wo sie Platz nehmen sollten.
    Je dichter sich die Zeit an acht Uhr heranschlich, um so mehr füllten sich die neuen Stühle, und um so mehr änderte sich das zahlenmäßige Verhältnis der Schüler, die bereits im Klassenzimmer waren, und der anderen, die noch kommen mußten.
    Schließlich saß der weitaus größte Teil der Klasse wie ein Theaterpublikum in den neuen Stühlen und blickte zusammen mit Studienrat Dr. Purzer zur Tür. Und jedesmal, wenn sie aufging, war es so, als ob sich ein Vorhang für den Auftritt des nächsten Schauspielers öffnen würde.
    Man war in allerbester Laune, und man war neugierig, obgleich ja inzwischen jeder genau wußte, was passieren würde, wenn ein neuer Schüler ahnungslos vom Korridor her in das Zimmer trat. Aber gerade in dieser Wiederholung lag der besondere Spaß. Und natürlich war auch eine ganze Menge Schadenfreude mit im Spiel. Das Publikum hatte ja die Peinlichkeit, plötzlich vor allen anderen wie im Regen dazustehen, bereits ausgestanden und konnte sich jetzt in völliger Gelassenheit über die dämlichen Gesichter der anderen freuen. Man tat es mit offenem Feixen, manchmal mit schallendem Gelächter oder sogar mit rauschendem Beifall.
    Als letzter riß wie üblich, aber heute immerhin genau mit dem ersten Läuten der Schulglocke, Karlchen Kubatz die Türe auf.
    Er war einer der ganz wenigen, der zuerst nur in die Klasse blickte und dann auch gleich die Veränderung im Zimmer entdeckte. Für den Bruchteil einer Sekunde sah es so aus, als würde auch der kleine, pfiffige Junge mit dem Bürstenhaarschnitt in Sprachlosigkeit erstarren. In Wirklichkeit holte er aber nur tief Luft und meinte dann seelenruhig: „Das ist ja schizophren — diese Stühle und Tische. Fehlt nur, daß sie uns auch noch Schreibmaschinen anbringen.“
    „In manchen Schulen ist das schon passiert“, meinte Purzer vom Fenster her.
    Karlchen Kubatz fuhr wie elektrisiert herum. „Herr Studienrat“, sagte er überrascht, „ich habe Sie leider gar nicht bemerkt. Guten Morgen.“ Und dann zeigte es sich, daß er jetzt doch ziemlich durcheinander war. „Ich bitte um Entschuldigung, weil ich etwas zu spät komme.“ Dabei läutete die Schulglocke gerade erst zum zweitenmal .
    „Du kommst nicht viel zu früh“, erwiderte der Studienrat, „aber auch nicht zu spät. Üblicherweise mache ich mich um diese Zeit im Lehrerzimmer ja erst so allmählich auf den Weg zu euch.“
    In diesem Augenblick klingelte es zum drittenmal . „Dann wäre ja ausnahmsweise nichts an
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