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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin
Autoren: Mindy L. Klasky
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Klinge könnte dich töten, bevor du auch nur erkennen würdest, dass du angegriffen wirst.«
    Mair schaltete sich ein, bevor Rani mit einer Erwiderung herausplatzen konnte. »Ja, Prinz Bashanorandi. Eine einzige Klinge würde bei jedem von uns genügen, ihn niederzustrecken. Darum müssen wir alle zusammenstehen. Gegen unsere wahren Feinde.« Mair verlieh ihrer gut gemeinten Erklärung Nachdruck, indem sie die rechte Hand auf das Heft des Dolches legte, den sie, entgegen den vornehmen Gebräuchen der Kaste der Adligen, an ihrer Taille trug. Es hatte immerhin gewisse Vorteile, eine der kastenlosen Unberührbaren zu sein.
    »Nun, nun«, unterbrach Farantili sie. Der grauhaarige Soldat hatte den Streit seiner Schützlinge zugelassen, da er ihre Kabbeleien gewohnt war. Als jedoch die Hand auf den Stahl traf, hielt er es anscheinend für angemessen einzugreifen.
    »Lady Rani, Lady Mair.« Gry nutzte das Ende der Feindseligkeiten, um die Aufmerksamkeit der jungen Leute wieder auf sich zu lenken. Der Falknermeister stellte den Namen der Mädchen den Adelstitel voran, als wäre er es gewohnt, die höfliche Anredeform mit nur wenigen Silben zu benutzen, anstatt den langen Namen eines Adligen. »Der Tag ist in der Tat schon fortgeschritten. Wenn diese Falken fliegen sollen, dann sollten sie es jetzt tun, bevor es dunkel wird. Es kann schon zur Mittagszeit sehr schwer sein, sie zu finden, wenn sie ihre Beute im hohen Gras greifen.«
    Rani schluckte eine scharfe Bemerkung hinunter, widerstand dem Drang, darauf hinzuweisen, sie sei schon vor Stunden bereit gewesen, mit den Falken zu jagen. Stattdessen wandte sie Bashi den Rücken zu und trat voll unruhiger Energie zum Falknermeister. »Meint Ihr wirklich, Kali ist bereit, Gry? Glaubt Ihr, sie wird zurückkommen?«
    Der alte Falknermeister zuckte die Achseln und wölbte finster dreinblickend die Augenbrauen. Dann zog er erneut an seinem Ohr. »Wenn ich nicht glaubte, dass sie bereit wäre, hätte ich sie nicht hier herausgebracht. Man kann es jedoch erst sicher wissen, wenn man es versucht.«
    »Aber…«
    »Ihr habt sie trainiert, nicht wahr? Ihr habt Euch lange genug in meinen Gehegen aufgehalten, um zu begreifen, dass sich dieser Turmfalke nicht wie ein Hund verhalten wird. Sie wird nicht aus Liebe zu Euch zurückkommen. Sie ist noch immer ein wildes Tier.«
    »Das weiß ich!«, protestierte Rani, gegen die heiße Röte ankämpfend, die ihr in die Wangen stieg, als sie Bashi fast an schallendem Gelächter ersticken hörte. »Es ist nur so, dass nach all der Zeit und Energie, die wir in ihr Training investiert haben…«
    Der Falknermeister blinzelte, während er eine Hand auf den Käfig legte. »Sie fliegt, wenn Ihr sie lockt, nicht wahr?«
    »Natürlich.«
    »Und sie wird am Flügelschlagen gehindert, wenn Ihr sie auf Eurer Faust haltet?«
    »Ja.« Rani versagte sich eine Grimasse, als sie sich an ihren verzweifelten Kampf erinnerte, als der Falke zum ersten Mal von ihrer behandschuhten Hand auffliegen wollte, obwohl er von den Lederriemen um ihre Krallen festgehalten wurde. Die Spitzen der Falkenschwingen waren Rani ins Gesicht geschlagen, und sie hatte vor Angst unwillkürlich mit den Armen gewedelt und den armen Turmfalken damit noch mehr durcheinandergebracht. Rani war für die dicke Stulpe ihres Lederhandschuhs dankbar gewesen, als Kali ihre Krallen oberhalb des Handgelenks ihrer angehenden Herrin eingrub.
    Der Falknermeister blieb beharrlich. »Und kennt Ihr das Jagdgewicht Eures Turmfalken?«
    »Ja.« Rani bemühte sich, überzeugend zu klingen. Das Jagdgewicht – das hatte sich als der schwerste Teil der Disziplin der Falknerei erwiesen. Rani hatte Kalindramina nur Minuten nachdem der Vogel in Grys Schlinge gefangen worden war, gehalten. Der kleine Falke hatte mit der Macht all der Tausend Götter gekämpft, wollte verzweifelt freikommen. Rani war den Anweisungen des Falknermeisters jedoch mit zitternden Händen gefolgt. Sie hatte einen langen Ledergurt über den Körper des Wildvogels gleiten lassen und die Schlinge zugezogen, um die verzweifelt flatternden Schwingen des Turmfalken zu zähmen. Mit Grys Hilfe war es Rani gelungen, eine Haube über den Falkenkopf zu stülpen, wobei sie das weiche Leder gerade noch rechtzeitig befestigen konnte, bevor der grausame Schnabel des Falken es zerfetzen konnte.
    Dann hatte sich Kalindramina beruhigt. Sie hatte aufgehört, mit den Schwingen zu schlagen, und ihre Krallen hatten sich nicht mehr panisch geöffnet und geschlossen.
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