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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin
Autoren: Mindy L. Klasky
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sein erstes Ratstreffen im neuen Jahr einberuft.«
    »Das dauert nicht mehr lange«, sagte der stolze Mann zähneknirschend.
    »Nein, Euer Gnaden. Das dauert überhaupt nicht mehr lange.«
    Puladarati verbeugte sich erneut und ging.
    »Nun, du bist mit ihm umgegangen wie mit einem zahmen jungen Hund«, grollte Davin, bevor Rani zufrieden lächeln konnte.
    »Er ist ein guter Mann, Davin.«
    »Sind sie das nicht alle?«, fragte der alte Mann sarkastisch. »Wenn du fertig damit bist, Hof zu halten, können wir uns wieder der vorliegenden Angelegenheit zuwenden.«
    Rani wollte sich schon über den beleidigenden Tonfall erzürnen, beschränkte sich aber auf ein Achselzucken und wandte ihre Aufmerksamkeit dem großen Buch zu, das auf dem Zeichentisch lag. Auf Davins auffordernde Geste hin trat sie zu dem Buch hinüber und zog es näher zu sich heran. Das Buch war noch schwerer, als es aussah. »Warum ist es so schwer?«, fragte sie, überrascht, dass der alte Mann es so nachlässig getragen hatte.
    »Das liegt an dem Blei auf dem Einband.« Er deutete auf das Flechtwerk, das sich über den Buchdeckel erstreckte.
    »Natürlich«, hauchte Rani, die das Metall erst jetzt bemerkte. Sie beugte sich darüber, um den Einband genauer zu betrachten. Nun wirkte das Bleimuster seltsam vertraut, welches das darunterliegende Leder in einzelne Abschnitte unterteilte. Das Leder selbst war mit einer Reihe verschiedener Muster versehen. Einige Abschnitte blieben hell goldfarben und schienen sich von der Oberfläche abzuheben. Andere waren sorgfältig gefärbt, so dass sie in den Hintergrund zu treten schienen. Das Muster war das Werk eines Meisters. »Es ist wie ein Fenster«, sagte Rani in allmählicher Erkenntnis. »Ein Fenster in der Kathedrale.«
    »Ja. Ich bekam es von einem Meister. Ein Glasmaler aus dem Westen.«
    »Darf ich?« Ranis Hände zitterten am Rand des Bandes. Sie hatte Bücher wie dieses damals in der Gildehalle gesehen, zu der Zeit, als sie als Lehrling gedient hatte. Damals hatte man ihr kaum anvertraut, den Staub von solchen Schätzen zu wischen. Es wäre ihr niemals erlaubt worden, die Abhandlung eines Glasmalermeisters zu lesen.
    »Ich habe es dir gebracht, nicht wahr?« Davin schüttelte den Kopf, als zweifle er an seiner Entscheidung, aber dann deutete er mit der Hand auf das Buch. »Mach schon. Es ist nicht verzaubert.«
    Rani liebkoste den Rand des Buchdeckels und flüsterte ein Gebet an Clain, bevor sie es wagte, den Wälzer zu öffnen. Da war eine samtige Pergamentseite, in ihrer Leere verschwenderisch, die sie einlud, sie umzuwenden. Sie tat dies aufgeregt und beugte sich tief über die nächste Seite, ergründete die Worte der kunstvollen Schrift. »Die Kunst der Glasmaler, eine Abhandlung über die Mischung und Gestaltung aller gläsernen Dinge und die Sitten der Meisterglasmaler«.
    »Nicht aller Dinge«, grollte Davin. »Es steht hübsch wenig über Linsen darin. Aber das Buch wird dir etwas über deine eigene Glasherstellung vermitteln, über die Feuer, die du brauchen wirst, und die Werkzeuge. Es berichtet eine Menge über Schneideeisen und Ähnliches. Und es gibt einen nützlichen Abschnitt über Farbstoffe.«
    »Wir haben in Morenia nichts dergleichen! Alle Abhandlungen wurden mit der Gilde vernichtet.«
    »Davon habe ich gehört. Ich vermute, du kannst etwas damit anfangen.«
    »Das kann ich.« Rani widerstand dem Drang, die Seite umzuwenden, die Abhandlung sofort zu lesen, mitten in der Halle. Der Geruch des Leders erweckte in ihrer Erinnerung all die Gründe, warum sie die Glasmalergilde wieder aufbauen wollte. Sie dachte an die Fenster, die sie fertigen würde, die Glaskreationen, welche die heiligen Sonnenstrahlen einfangen und das Licht selbst gestalten würden. Sie würde einen Speisesaal mit strahlendem Licht erfüllen, das Fröhlichkeit und Vornehmheit fördern sollte. Sie würde eine Kapelle mit Visionen von Licht verzaubern, die auch den Stolzesten in Verehrung der Tausend Götter auf die Knie sinken ließe… »Davin«, gelang es ihr zu flüstern, »ich danke Euch.«
    »Nein«, sagte der alte Mann und hob abwehrend seine geäderten Hände. »Ich danke dir.«
    »Wofür?« Rani war überrascht.
    »Für den Beweis, dass das Fluggerät funktioniert. Dafür, dass du ihnen geholfen hast, es so zu benutzen, wie es benutzt werden sollte – in einer wahren Schlacht.«
    Rani ließ den bleigeprägten Buchdeckel wieder auf die samtenen Pergamentseiten sinken. Das Buch war also Blutgeld, mit Monnys
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