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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin
Autoren: Mindy L. Klasky
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Bett zu bringen. Das älteste Sonnenmädchen hörte zu, während die anderen Sonnenkinder ihre Gebete aufsagten, und beobachtete, wie sich die Kinder nach Westen verneigten und der Sonne dafür dankten, dass sie sie angeleitet und beseelt hatte, während sie sich auf den Feldern abmühten. Tain richtete sich nach Sheas erfahrener Anleitung und ignorierte die Tatsache, dass in diesem Jahr keine Felder bepflanzt worden waren. Sie ignorierte die Tatsache, dass sie mitten im Winter ihren Saatmais gegessen hatten.
    Hartley brachte die Löwenkinder zu Bett, zwei in einer Bettstelle, Kopf an Fuß. Bevor er seinen Soldaten den Befehl erteilte zu schlafen, ließ er sie den Himmel ehren. Der Löwe war früh aufgestiegen, schwebte als fahler Sternennebel über dem Horizont.
    Die Eulenkinder fanden den Weg in ihre Betten allein. Sie drängten sich eng zusammen, um weiterhin über Recht und Unrecht, Wissen und Unwissen zu debattieren. Schließlich schliefen sie ein, über der Diskussion darüber, wie sie sicher erkennen sollten, dass die Eule in sieben Tagen an den Nachthimmel zurückkehren würde – wie es das Sternbild tun sollte.
    Also waren nur noch Shea und das Schwanenkind wach, das einzige Kind, das sich eigensinnig weigerte, nachts zu schlafen. Serena schritt während der dunklen Stunden auf und ab, bereits ruhelos durch die Sehnsucht, die sie zum Schwanenschloss hätte führen sollen. Wenn das Schwanenschloss noch immer Pflegekinder aufnähme. Wenn es in der Nähe noch andere Schwäne gegeben hätte, die Serena die richtige und falsche Art sowie das Treffen von Entscheidungen hätten beibringen können. Wenn die Traditionen Amanthias während des Aufruhrs nicht ins Wanken geraten wären.
    Shea dachte unwillkürlich an Larina, ihre wunderschöne, verlorene Schwanentochter. Vor über zwanzig Jahren hatte Shea eine Nacht lang in den Wehen gelegen und Larina mühsam auf die Welt gebracht, während der Schwan noch immer am Himmel stand. Bevor Hartley und Tain in ihren fernen Dörfern geboren worden waren… Bevor all die erwachsenen Männer in König Sin Hazars Königreich durch den Aufstand und die Heimsuchung des Krieges ausgelöscht worden waren… Bevor die Waisen ihren Weg aus den vom Krieg verheerten Winkeln Amanthias nach Süden gefunden hatten, bevor sie vor den zerstörten Überresten des Aufstands geflohen waren und Shea entdeckt hatten. Larina war vor langer Zeit geboren worden, unmittelbar bevor der Schwan unter den Horizont sank, und Pater Nariom hatte gelacht, während er die Silberschwingen unter das Auge des Neugeborenen tätowierte.
    Shea seufzte und untersagte es sich, an Larinas wunderschönes Gesicht zu denken. Sie verdrängte die vertrauten Sorgen und die Enttäuschung, während sie zu ihrer kleinen Kammer und ihrem kalten, leeren Bett davonschlurfte. Sie sprach ihr abendliches Gebet an all die Tausend Götter, dass König Sin Hazars Wahnsinn enden möge, dass er seine Idee aufgeben möge, Kinder als Soldaten zu benutzen, um die Stärke wieder zu erreichen, die er während des Aufstands eingebüßt hatte, Kinder zu benutzen, um das östliche Königreich Liantine zu erobern. Wenn König Sin Hazar von seinem wahnsinnigen Plan abließe, könnte die kleine Serena zusammen mit den Schwänen, die im Königreich verblieben wären, im Schwanenschloss leben.
    Wenn Serena nur schon erwachsen wäre… Wenn Serena nur Verantwortung übernehmen und den Löwen und Eulen und Sonnen gleichermaßen Befehle erteilen könnte… Wenn Serena die Himmelskinder nur retten könnte…

    Am nächsten Nachmittag breitete Shea ihre zerrissene Decke auf der Lichtung aus, ließ sich auf dem harten Boden nieder und rief die Sonnenkinder zu sich. Die Jungen und Mädchen ließen ihre ramponierten Körbe am Rand der Decke stehen und kletterten und purzelten wie junge Hunde übereinander, um der Frau nahe zu sein.
    »Ruhig«, sagte Shea lächelnd. »Wir müssen uns jetzt ausruhen, während die Sonne ihren höchsten Stand am Himmel erreicht hat.«
    Die Kinder ließen sich rasch nieder, erschöpft von ihrer Suche nach Beeren, nach Wurzeln, nach irgendetwas Essbarem in den bereits durchforsteten Wäldern. Dor, der kleinste Junge, kletterte auf Sheas Schoß, und sie legte eine Hand beruhigend auf seinen Kopf. Das Kind drehte sich, drückte ihre Röcke nieder, und dann seufzte es schwer und glitt seinen Träumen entgegen.
    Bienen summten in der Nachmittagsluft, erkundeten die süßen Sommerfrüchte in ihren Körben. Sheas Augenlider wurden
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