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Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin
Autoren: Mindy L. Klasky
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den König, und sie kannte seine Entscheidung schon vor ihm. Sie sah das Muster, wusste, dass es nur eine Möglichkeit gab, die Ordnung wiederherzustellen.
    »Dann soll es sein«, sagte der König schließlich, und seine Worte wurden fast von seinem Bart verschluckt. Er wiederholte seufzend: »Dann soll es sein. Ich erkläre im Namen all der Tausend Götter und im Namen Jairs, dass die Leben dieser Verräter verwirkt sind.«
    »Herr…«, rief Felicianda. Sie wäre auf den Steinboden gesunken, wenn Jairs Wächter sie nicht aufgerichtet hätten.
    »Der Lord Großinquisitor hat Recht, es hat seit undenklichen Zeiten kein anderes Urteil gegeben.«
    »Habt Erbarmen, Herr!« Feliciandas Stimme klang tränenerstickt. »Zu Ehren unseres Sohnes, Prinz Bashanorandis, habt Erbarmen!«
    »Ihr werdet Erbarmen erfahren«, erwiderte der König nach langem, schmerzlichen Schweigen. »Erbarmen in zwei Punkten. Zunächst werdet Ihr der Axt des Henkers begegnen und nicht dem Seil des Galgens. Zweitens wird Euer Sohn… unser Sohn… verschont, denn er wusste nicht, was Ihr für ihn getan habt. Das ist das Blut einer Seele, das Ihr all den Tausend Göttern nicht erklären müsst.«
    »Euer Majestät«, begann Larindolian, der bei der Verkündigung des Königs erbleicht war. Nun hoben sich die Schlangen auf seiner Brust wie große Quetschungen auf der Haut ab, durch das Keuchen des Adligen in Todeskrämpfen zuckend.
    »Kein Wort von Euch, Verräter«, fauchte der König. »Ihr habt mich die zwei Menschen gekostet, die meinem Herzen am nächsten standen – meinen erstgeborenen Sohn und meine Königin.«
    »Aber Herr…«
    »Ruhe!« Auf eine rasche Handbewegung hin legte der nächststehende, schwarz gewandete Wächter Stahl an Larindolians Kehle, und der Schatzmeister gab sein Flehen auf. Shanoranvilli wartete einen endlosen Moment und nickte dem Hauptmann der Palastwache dann zu. »Es soll gleich geschehen, bevor sie noch mehr Böses bewirken können. Das Urteil soll auf dem Haupthof vollstreckt werden, bevor die Sonne den Zenit erreicht.«
    Rani beobachtete erschreckt, wie die Gefangenen in den Hof hinausgeführt wurden. Sie war entsetzt über den Mechanismus, den Hal geschaffen hatte, über die Maschinerie, die sie mit ihrer Aussage in Gang gesetzt hatte. Hal sprach leise mit dem Hauptmann der Wache, und der Soldat befreite Rani von ihren Eisenfesseln. Rani rieb sich die Handgelenke und folgte der königlichen Gesellschaft dann in den Hof hinaus, von schwarz gewandeten Wächtern umgeben.
    Sie hätte nicht reden sollen. Sie hätte Hal nicht die Nahrung für sein Feuer liefern sollen. Sie hätte einen anderen Weg finden sollen, den König zu retten, die Wahrheit zu sagen, die Krone vor der Bruderschaft zu schützen.
    Als sie den Hof erreichten, handelten Shanoranvillis Soldaten mit großer Effizienz. Schlingen aus grobem Hanf wurden um jeden der Gefangenen gelegt, so dass ihre Arme an den Seiten festgebunden waren. Rani bildete sich ein, die Seile an ihrer eigenen Haut zu fühlen, spürte die Fasern sich hineingraben. Der Ausdruck auf den Gesichtern der Verräter fesselte sie.
    Felicianda sah den König in äußerstem Unglauben an.
    Larindolian betrachtete die Menge mit neuerlicher, falscher Zuversicht und verschlagener Überlegenheit, als sähe er noch immer eine Fluchtmöglichkeit.
    Salina sah Rani an, als hätte sie ein weiteres Stück Kobaltglas zerbrochen, als hätte sie einen Tiegel Lötmetall umgestoßen und damit erneut bestätigt, dass sie eine Versagerin sei, ein Missgriff, eine Irrgläubige, die niemals in die Glasmalergilde hätte aufgenommen werden dürfen.
    Und Bardo. »Rani«, flüsterte er, und sie bildete sich ein, ihren Namen über die Pflastersteine hinweg zu hören. Und sie hörte das Bekenntnis hinter diesen beiden Silben. »Ich wollte nie, dass du in all das hineingezogen wirst. Ich wollte dir niemals schaden, dem König schaden, Tuvashanoran schaden. Ich wollte niemals unsere Familie zerstören. Ich wollte niemals, dass Salinas Männer dich in der Kathedrale ergriffen.« All das sagte er ihr, und mehr, mit seinem schweigenden Blick über den Hof hinweg. »Ranikaleka…«
    Das Ende kam schnell. Der Henker erschien aus dem Nichts, erschien in der frostigen Winterluft mit bloßer Brust. Er trug die größte Axt bei sich, die Rani jemals gesehen hatte. Shanoranvilli gab die Befehle, seine Stimme war tonlos und hoffnungslos. Zuerst Königin Felicianda, in Anerkennung ihres Status. »Heil, Jair, und all die Tausend
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