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Die Geschichte der Deutschen

Die Geschichte der Deutschen

Titel: Die Geschichte der Deutschen
Autoren: Wilhelm von Sternburg
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Balkan schenken ihm die stets schwankende Gunst der byzantinischen Kaiser. Theoderich wird der mächtigste Mann in Italien. Formal dem Herrscher in Konstantinopel unterstellt, errichtet er ein eigenständiges Königreich, dessen Sitz in Ravenna liegt. Noch heute kann der Besucher das monumentale Grabmal des gotischen Königs und die byzantinischen Mosaiken in den Kirchen der einstigen weströmischen Hauptstadt bewundern.
    Schon wenige Jahre nach dem Tod Theoderichs endet das ostgotische Königtum in Italien. Theoderich aber wird rasch zu einer Legende. Als Dietrich von Bern (das ist Verona) taucht er im Nibelungenlied auf, wo er am Hof des Hunnenkönigs weilt, obwohl Attila (in der Sage König Etzel) und Theoderich gar nicht zur gleichen Zeit gelebt haben. Zahlreiche Märchen und Heldensagen ranken sich um die Gestalt des Dietrich von Bern. Er tritt dort stets als edler, hilfreicher und die Parteien versöhnender Held auf.

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|25| Das Mittelalter
    Früher haben die Historiker die europäische Geschichte in drei große Epochen eingeteilt: Antike, Mittelalter und Neuzeit. Die Antike endet für sie mit dem Untergang des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert und das Mittelalter mit der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus 1492. Was danach kommt, gilt ihnen als die Neuzeit. Heute sehen wir solche Periodisierungen sehr viel differenzierter. Immerhin ist es sicher nicht falsch zu sagen, dass mit dem Ende von Theoderichs Königreich und der immer stärkeren Ausbreitung der Franken in West-, Mittel- und Südeuropa die Welt der Antike politisch untergegangen ist. Die Jahrtausende der nahöstlichen, ägyptischen, griechischen und römischen Zeit sind damit Geschichte geworden. Jetzt beginnen sich die Grundlagen des christlichen Abendlandes herauszubilden.
    Auf dem Fundament von antiker Überlieferung und Christentum entwickelt sich an den Königshöfen der Karolinger, Ottonen, Salier und Staufer die europäische Kultur. Es entsteht das Reich der Franken, das sowohl den Deutschen als auch den Franzosen als »Vorläufer« ihres Nationalstaates gilt. Für uns ist Karl der Große ein deutscher Kaiser; unter seinem französischen Namen Charlemagne geht er in die französischen Geschichtsbücher ein. Seine Kaiserpfalz liegt in Aachen. Könnte es einen geografisch besser gelegenen Ort für den ersten wahrhaft europäischen Herrscher geben?
    Es ist keine ruhige, friedvolle Zeit, in der Karl der Große am Anfang des 9. Jahrhunderts sein mächtiges karolingisches Frankenreich errichtet. Nach wie vor streiten die Völker Europas nicht nur unter sich um die Vorherrschaft, sie werden auch immer wieder von den kriegerischen Einfällen der arabischen, normannischen und ungarischen Heere heimgesucht. Die arabischen Armeen der Sarazenen erstürmen die Iberische Halbinsel und errichten dort eine Hochkultur, deren architektonische Schönheit man noch heute im spanischen Sevilla oder Granada bewundern kann. Sie fördern die Künste und Wissenschaften, gründen Schulen und Universitäten und überliefern den Menschen das medizinische |26| und philosophische Wissen der Antike, das ihre Gelehrten ins Arabische übersetzten, bevor die Buchrollen der Griechen in der Bibliothek von Alexandria verbrannten. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts können die christlichen Heere Spanien zurückerobern.
    Die Wikinger, auch Normannen genannt, werden zum Schrecken für Europas Küstenländer. Als die karolingische Herrschaft allmählich wieder zerfällt, bricht dieses räuberische Seevolk alljährlich zu seinen gefürchteten Plünder- und Beutezügen ins Frankenreich auf. Mit ihren schnittigen Booten kommen sie im Dunkel der Nacht oder im Schutz dichter Nebelwände die Flussläufe der Rhône, des Rheins, der Elbe oder der Themse hinauf und stürmen die häufig im Schlaf überraschten, jedenfalls kaum zur Verteidigung bereiten Städte. Paris, Canterbury, Dublin, Lissabon, Hamburg, Aachen oder Trier – die Spur ihrer Raubzüge ist überall in Europa zu entdecken. Sie stellen mit ihren Kettenpanzern und Streitäxten zeitweise die schlagkräftigste Streitmacht Europas. Wo sie mit reicher Beute beladen wieder abziehen, hinterlassen sie Tod und Verderben. Später werden die Wikinger sesshafter, setzen sich nicht nur in England, sondern auch in Irland, in Sizilien und in der Normandie fest.
    Aus den weiten Steppen des Ostens kommend, fällt das nomadische Reitervolk der Ungarn in Europa ein. Die Plünderer erobern das Land zwischen den
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