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Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Titel: Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
Autoren: Werner Gruber
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Schuyt und Joost Elffers mit dem Titel „Die Radieschenmaus im Käseloch“ sehr empfehlen.
    Die letzte Forderung der Kochkunst entspricht eher einem Gesetz.
     
     
• Das Gesetz vom letzten Bissen.
     

     
    Stellen wir uns vor, wir haben eine Hauptspeise und eine Beilage – in meinem Fall ein Wiener Schnitzel mit einem Kartoffelsalat oder ein Schweinsbraten mit Knödel oder ein Gulasch mit Nockerl –, und beides schmeckt gleich gut, dann bleibt, wenn wir mit dem Essen fast fertig sind, beim letzten Bissen also, immer noch eine Kleinigkeit der Hauptspeise und der Beilage übrig. Wir müssen gar nicht daran denken, wir handeln automatisch. Ich kenne Spitzengastronomen, welche sich genau überlegen, ob sie noch eine Kartoffel (einen Erdapfel) auf den Teller legen oder nicht. Es sollte sich alles schön bis zum letzten Bissen ausgehen. Dies gilt allerdings nur, wenn einem beides gleich gut schmeckt.
    Wenn allerdings Vorlieben zwischen der Hauptspeise und der Beilage bestehen, dann sieht das Ganze wieder anders aus. Manche essen dann lediglich das, was ihnen auch wirklich schmeckt. Das ist wahrscheinlich das Vernünftigste und Gesündeste. Andere wiederum heben sich das Gute bis zum Schluss auf und verspeisen das weniger Gute zuerst. Wieder andere verspeisen zuerst das Gute, und für den Fall, dass sie noch hungrig sind, verputzen sie auch noch den Rest. Ich persönlich gehöre zu jener Gruppe, der (leider) alles schmeckt, was sich beim Gewicht bemerkbar macht ...
     
    Temperaturen – welche Bereiche?
    Beim Kochen müssen wir verschiedene Temperaturbereiche unterscheiden. Unter Kochen im klassischen Sinn versteht man das Zubereiten von Speisen bei 100 °C, etwas allgemeiner das Zubereiten von Speisen bei Temperaturen von über 60 °C. Aber man kann hier etwas präziser sein. Es gibt verschiedene Temperaturbereiche, mit denen wir arbeiten. Eine Tabelle finden Sie am Ende des Buches.
    Bereitet man Speisen zu, so ist es ratsam zu wissen, welche Temperaturbereiche welche Kochgeräte abdecken. Wie kalt kann der Gefrierschrank werden, wenn es sein muss? Wie kalt ist der Kühlschrank? Oder welche Temperatur kann man mit einer Herdplatte oder im Backrohr erreichen? Gerade die Temperaturen, bei denen sich die Lebensmittel verändern, sind für das Kochen wichtig. Entweder sollte man sie vermeiden – das Zusammenziehen von Bindegewebe –, oder man führt sie bewusst herbei, weil damit geschmacklich etwas bezweckt wird: die Maillard-Reaktion, um mehr Aromen zu haben. Aber dazu etwas später.
    Chaos in der Küche
    Dass eine Küche sauber und aufgeräumt sein sollte, versteht sich von selbst. Also, warum sollte man hier von Chaos sprechen? Was ist eigentlich Chaos? Darunter versteht man nicht die Unordnung oder den Zustand eines Objektes. Würden Sie meinen Schreibtisch sehen, so würde er manchen von Ihnen als chaotisch erscheinen. Ist er aber nicht, und das soll keine Ausrede sein. Unter Chaos versteht man die Abhängigkeit des Endzustandes eines Prozesses von den Anfangsbedingungen. Die Definition klingt zwar ziemlich theoretisch, ist aber sehr brauchbar. Wenn Sie ein Gulasch zubereiten, so können Sie eine Zwiebel mehr oder weniger nehmen, und das Gulasch wird immer noch gut schmecken. Verwenden Sie eine Zwiebel weniger, wird es etwas weniger nach Zwiebel schmecken; nehmen Sie eine Zwiebel mehr, wird es stärker danach schmecken.
     

     
    Aber es gibt auch Rezepte, die extrem von den Anfangsbedingungen abhängen. Bei vielen Teigen ist es wichtig, dass Sie die Zutaten in der richtigen Reihenfolge zusammenrühren. Wenn Sie die Abfolge verändern, erhalten Sie etwas ganz anderes, als Sie sich wünschen. Das Endergebnis hängt sehr stark von den Anfangsbedingungen ab. Solche Rezepte werden als chaotisch bezeichnet. Man muss sehr genau auf die richtigen Mengenangaben und die genaue Zubereitung achten. Diese Form von Rezepten sollte man, so weit es geht, vermeiden.
     
    Ich hielt einmal einen Vortrag über Vanillekipferl. Dabei stellte ich auch die Rezepte meiner beiden Großmütter vor, Sie finden diese in meinem Buch „Unglaublich einfach. Einfach unglaublich“. Eine sehr nette Dame kam dann am Ende des Vortrags auf mich zu und erklärte mir, dass ihre Vanillekipferl die besten auf der Welt seien (kann man leicht sagen) und ihr Rezept ganz anders ginge. Dafür müsse man tiefgefrorene Butter mit soundso viel Mehl in einem Mixer bei der höchsten Stufe vermischen und so weiter. Ich habe die Dame dann gefragt, was denn
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