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Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Titel: Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
Autoren: Werner Gruber
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privat, und dann wurde aufgekocht. Viele überlegten sich physikalische Tricks, mit denen man besser kochen konnte. Diese Erkenntnisse wurden schließlich in dem Buch „But the Crackling is Superb“, was so viel heißt wie „Die Schweinsbratenkruste ist hervorragend“, niedergeschrieben. Kurti wollte mithilfe der Physik kulinarische Probleme lösen. Er entwickelte einige interessante Rezepte, von denen Sie manche in diesem Buch nachlesen können. Ebenfalls organisierte er ein paar wichtige internationale Workshops zum Thema Molekulargastronomie.
    Forderungen der Kochkunst
    Warum kochen wir überhaupt? Die Antwort „Weil wir das immer schon so gemacht haben“ wäre wohl etwas zu kurz gegriffen. Viele Menschen würden sagen: „Damit wir die Nahrung besser verdauen können.“ Also können wir festhalten:
     
• Harte, fasrige, schwer verdauliche Lebensmittel sollen genießbar gemacht werden.
     

     
    Jeder vernünftige Mensch würde dem zustimmen. Das Problem besteht nur darin, dass sehr wenige Lebensmittel hart, fasrig und schwer verdaulich sind. Spontan fallen mir nur Sellerie, Brokkoli, rote Rüben und Kartoffeln ein. Aber bitte schön, was ist mit dem Rest? Es gibt noch eine zweite zentrale Forderung der Kochkunst:
     
• Weiche, gummiartige Lebensmittel sollen bissgerecht gemacht werden.
     

     
    Damit stellt sich die Frage, was man sich unter gummiartigen Lebensmitteln vorstellen kann? Nun, damit ist Fleisch gemeint. Fleisch ist in rohem Zustand nicht hart und fasrig, sondern weich und gummiartig. Erst durch das Zubereiten wird Fleisch hart, und damit kann man es leichter beißen. Das steht in einem krassen Widerspruch zu der Aussage, die man in manchen Kochbüchern findet: Fleisch muss man weich kochen. Aber: Fleisch ist schon weich.
    Das Problem liegt in einer sprachlichen Ungenauigkeit. Eigentlich meint man, dass man Fleisch mürbe kochen will. Der Gegensatz weich zu hart sollte eigentlich durch den Gegensatz zäh zu mürbe ersetzt werden. Durch das Kochen wird das Fleisch einerseits fester, andererseits lassen sich die Fasern leichter voneinander trennen – das Fleisch ist mürbe. Aber auch hier gilt wieder: Nicht jedes Fleisch ist zäh. So können Sie einen gut abgehangenen Rinderlungenbraten auch roh verspeisen. Mit ein paar wunderbaren Saucen ist dies eine exzellente Vorspeise. Allerdings haben manche Schwierigkeiten, rohes Fleisch ausreichend gut zu kauen. Deshalb wurde das Beef Tatar erfunden – das Fleisch wird genügend zerkleinert und entsprechend gewürzt. Ich persönlich finde aber, dass es dadurch an Geschmack verliert. Häckselt man das Fleisch, so entsteht Wärme, und ein Teil des Eiweißes beginnt zu gerinnen. Deshalb sollte das Fleisch mit der Hand sehr fein geschnitten oder noch besser geschabt werden. Aber jedem das Seine. Damit sind wir schon bei der dritten zentralen Forderung der Kochkunst:
     
• Die Speisen sollen gut schmecken.
     

     
    Damit tun sich Naturwissenschafter freilich schwer. Was heißt gut? Über Geschmack lässt sich nicht streiten – er ist relativ. Der Genuss hängt von vielen Parametern ab. So kann man sagen, dass Speisen, die monoton schmecken, zum Beispiel gekochter Reis, nicht zu einem wahren Genuss führen. Ich persönlich liebe Reis, aber haben Sie einmal versucht, Reis ohne Beilage zu essen? Der erste Bissen schmeckt hervorragend. Der zweite, dritte und vierte Bissen geht auch noch, aber spätestens beim zehnten Bissen können Sie auf den restlichen Reis verzichten. Ohne Abwechslung auf dem Teller gibt es keinen Genuss.
    Dann sind da noch die Geschmacksstoffe. Diese können der Eigengeschmack des Lebensmittels sein und durch Gewürze oder auch durch die Zubereitung verändert werden. Allzu oft wird auf den Eigengeschmack des Lebensmittels vergessen und mit vielen Gewürzen das feine Aroma übertüncht. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich liebe Gewürze – aber alles mit Maß. Man kann mit einfachen Mitteln, ohne dass es einen großen Zeitaufwand darstellt, dieselbe Beilage so variieren, dass allein die Beilagen eine wunderbare Speise darstellen.
    Vor einem Jahr habe ich in einem Restaurant eine wunderbare Martinigans verköstigen dürfen. Die Gans schmeckte hervorragend, der Knödel war ein Gedicht, aber das Kraut hatte mein eigentliches Interesse geweckt. Normalerweise wird entweder Blaukraut (Rotkohl) oder ein gedämpfter Krautsalat gereicht. Aber in diesem Restaurant wurden drei gedämpfte Krautsalate gereicht, und alle drei hatten einen
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