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Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Titel: Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
Autoren: Dora Duncker
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den letzten Winter, der die Herzogin von La Vallière am Hofe Louis' XIV. sehen sollte, bestimmt hatte, gab es für Louise eine Prüfung, schwerer als alle anderen, weil sie keiner Konvention, sondern einer Herzenssache galt. Die Colberts veranstalteten einen ersten Kinderball für Louises Tochter, die kleine Mademoiselle de Blois.
    Das achtjährige Kind war von seltener Schönheit, frühreif und so lebhaften Geistes, dass es all seine Lehrer, seine gesamte Umgebung in Staunen setzte, während der kleine sechsjährige Admiral noch ganz Kind war. Louises Herz klopfte in schmerzlich süßem Weh, als sie ihre reizende Tochter in bewundernswerter Haltung — ganz der königlichen Haltung ihres Vaters gleich — in den Ballsaal treten sah. Marie-Anne war wie eine kleine Dame in schwarzen Samt, geschmückt mit Diamanten, die der König ihr bei dieser Gelegenheit zum Geschenk gemacht hatte, gekleidet.
    Der Prinz de la Roche-Aymon, ein Conti, kaum älter als die achtjährige Schönheit, führte das kleine Fräulein in den Saal.
    Marie-Anne war weitaus die begehrteste Tänzerin, ja die Königin des Festes. Sie tanzte mit einer Grazie und einem Temperament zugleich, das allgemeines gerechtes Entzücken hervorrief. Die warmen braunen Augen des Kindes leuchteten, als die Belle-Maman in das Lob der anderen Gäste einstimmte, unter denen Frau von Sévigné die begeistertste Bewundererin war.
    Als die ersten Stürme des Beifalls verrauscht waren, saß Louise in tiefem Nachdenken. Das Bild ihrer tanzenden Tochter hatte ihr, ohne dass sie es gewollt, jene Glücksstunde in Fontainebleau zurückgezaubert, da sie den König zum ersten Mal in Benserades „Saisons” tanzen sah. War ihre unvorsichtig geäußerte Begeisterung über den Tanz des Königs nicht die eigentliche Ursache ihres Schicksals gewesen?
    Voll Bangen sah sie auf das süße, Leben sprühende Geschöpf, dem alle Augen sich bewundernd zuwandten. Gott wolle geben, dass Marie-Annes Leben ein leichteres als das ihrer Mutter sei, dass ihr höchstes Glück niemals ihre tiefste Schmach bedeuten möge!
    Die Herzogin wollte ihren Kindern ein Porträt als Andenken hinterlassen, das sie zugleich mit ihnen auf einem Bild vereinigte. So entschloss sie sich endlich, Mignard zu diesem lang geplanten Bild zu sitzen, das, nachdem es vollendet war, ein bewunderndes Aufsehen erregte, das wenig zu der weltabgeschlossenen Stimmung Louises passte.
    In einem weißen, rosa durchbauschten Seidenkleid mit goldenen Passementerien saß Louise, eine entblätternde Rose in der Hand. Der junge Graf von Vermandois auf einem Kissen zu ihren Füßen, einen Kompass in der Hand, vor sich eine Landkarte, auf der man Frankreich, Spanien und Amerika sah. Daneben steht Mademoiselle de Blois, in einem Kleid von groß geblümtem Samt. Sie steht auf einen Tisch gestützt, mit ihrer Linken eine Blumenvase berührend, mit der Rechten auf die herabgefallenen Rosenblätter und zwei Bücher deutend.
    Eine Fülle von Attributen war dem Bild beigefügt. Die freie Hand der Herzogin weist zur Erde auf eine Kassette voll von Schmuck und Goldmünzen. Vor der Kassette liegt ein Spiel Karten, das Coeur-Ass bedeutungsvoll abseits vom Spiel. Eine Maske, eine Weltkugel, eine Gitarre und ein Notenheft vervollständigen das Gegenständliche des Bildes.
    Abseits von den Symbolen der Vergangenheit hatte Mignard zwei Bücher postiert, die auf die Zukunft deuten: l'Imitation et la Règle de Sainte-Thérèse. Auf dem Fuß einer Säule sind die Worte eingraviert: „Sic transit gloria mundi – so vergeht der Ruhm der Welt.” Auf dem Notenheft liest man die folgende Strophe:
    Le monde étal en vain sa pompe et ses appas,
    L'escoute — la voix qui m'appelle.
    Que l'on méprise aisément,
    Pour jouir d'une gloire éternelle,
    Celle qui passe en un moment,
    Celle qui passe en un moment!
     

     
    Um die Mitte des April waren alle Vorbereitungen für Louises Eintritt in das Kloster der Karmeliterinnen getroffen, ihre moralischen und wirtschaftlichen Schulden waren getilgt, für ihre Anverwandten und ihre Dienerschaft war gesorgt, nur eines blieb — der König!
    Wusste Louis oder wusste er nicht, was in der Seele der Frau vorging, die einst mit jeder Faser ihres Wesens sein gewesen war?
    Die wundervollen Frühlingstage machten Louise das Herz so schwer, dass sie wie an einer körperlichen Last daran trug. In den Waldgründen, die sie so oft mit dem Geliebten durchstreift hatte, blühten und dufteten die Frühlingsblumen. Ihre Seele sah
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