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Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Titel: Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
Autoren: Dora Duncker
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dass diese ganze Zeremonie nur wie ein Schattenspiel an ihr vorüberzog.
    Nur einen Abschied gab es bei Hofe, der ihrem Herzen nahe ging — der Abschied von der Königin!
    Marie Thérèse hatte der Herzogin am Nachmittag des 27. April Audienz erteilt. Zu einer Stunde, da Louise gewiss zu sein glaubte, dem König nicht bei der Königin zu begegnen, betrat Louise den Louvre in einem schlichten schwarzen Wollkleid, Haupt und Schultern von einem dichten weißen Flor verhüllt. Sie fand die Königin allein in ihrem Privatkabinett.
    Bei ihrem Eintritt schlug Louise den weißen Schleier zurück. Erschreckt sah die Königin in ein blasses Gesicht, in ein Paar Augen voll verzehrender Traurigkeit.
    Marie Thérèse ging einige Schritte auf die Herzogin zu, die Wankende zu stützen. Da fiel Louise wie gefällt zu den Füßen der Königin nieder, und ihre Hände umklammernd, bat sie unter Tränen: „Ich bin gekommen, um Euer Majestät großmütige Verzeihung zu erbitten! Euer Majestät mögen mich nicht zurückstoßen! In wenigen Stunden werde ich für immer hinter den Klostermauern der Karmeliterinnen verschwunden sein.”
    Im tiefsten Herzen bewegt, hob die Königin Louise auf und zog sie an ihr Herz.
    „Ich hege keinen Groll mehr gegen Sie, Herzogin. Viel hat sich an diesem Hof gewandelt. Wenn Sie eine Schuld gegen mich begingen, sie ist getilgt durch die Bitternisse, die Sie erfahren mussten. Ich begreife es, von allen, die Ihnen nahe sind, vielleicht am besten, was Sie gelitten haben und wie sehr sich Ihr Herz nach Ruhe und Gottesfrieden sehnt. Ich bin Ihre Freundin, Herzogin — rechnen Sie auf mich!”
    Marie Thérèse umschlang zärtlich die Frau, die ihr Leben durch so viele Jahre elend gemacht hatte. Wahrlich, Louise von La Vallière hatte genug gebüßt, noch ehe sich die Klosterpforten vor ihr auftaten! Marie Thérèse aber hatte längst erkannt, dass, wenn ihres Gatten Liebe nicht dieser Frau gehört hätte, er einer anderen sich zugewandt haben würde, wie er es getan, da sein Herz für Louise zu schlagen aufgehört.
    Der Glaube an die Macht ihrer eigenen Persönlichkeit über den König war längst gestorben. Sie zürnte niemandem mehr, der diese Macht statt ihrer übte. Frankreich hatte der glaubensstarken Spanierin, dem edlen Stolz der Kastilierin so viele Ideale zertrümmert, dass sie den Kampf aufgegeben, ihre guten Waffen gestreckt hatte!
    In dem Augenblick, als die beiden Frauen sich zärtlich umschlungen hielten, betrat der König das Kabinett. Er blieb wie festgebannt auf der Schwelle stehen. Die Umarmung der beiden Frauen konnte nur eine Deutung haben — den Abschied auf ewig!
    Der Gedanke ging ihm tiefer zu Herzen, als er es für möglich gehalten hatte! So wollte Louise ihren festen Entschluss wahr machen?! Der König machte sich erst in diesem Augenblick klar, dass er bisher niemals ernsthaft daran geglaubt hatte, auch in Saint-Germain nicht, da er so kühlen Abschied von ihr genommen hatte.
    Er sah die einst Geliebte an, ohne von ihr gesehen zu werden. Seit Jahren war ihre zarte Schönheit ihm nicht so bezaubernd erschienen wie in diesem Augenblick. Das köstliche goldblonde Haar, in das er sein Haupt so oft vergraben, das seine Lippen so oft geküsst, dessen süßen Veilchenduft er so oft mit Entzücken eingesogen, die blendende Weiße ihres Nackens und ihrer Wangen hoben sich so wundervoll gegen das Schwarz ihrer Gewänder ab, dass des Königs schönheitsdurstiges Auge sich nicht satt trinken konnte.
    Mit einem Schlag stand der Entschluss in ihm fest, sie nicht gehen zu lassen. Sie liebte ihn noch immer, er hätte jeden Schwur darauf geleistet. Unwandelbar war Louise von La Vallières Liebe und Treue! Ein neuer Sieg über sie war ihm gewiss!
    Jetzt hatte die Herzogin das Auge erhoben und den König im Türrahmen erblickt. Ein sanftes Rot der Freude, dessen sie nicht Herr werden konnte, breitete sich über ihr liebliches Gesicht. Sie hatte in Saint-Germain geglaubt, ihn nie wiederzusehen. Nun bescherte ihr der Himmel noch einmal diese Gnade. Anders als zu jener Stunde, wärmer, gütiger war sein Blick.
    Im gleichen Augenblick aber machte sie sich klar, dass sie kein Anrecht mehr zu solcher Freude habe. Sie beugte sich über die Hand der Königin und küsste sie. Dann, sich zur Festigkeit zwingend, flüsterte sie: „Adieu, adieu — adieu für immer.”
    Mit gesenkten Augen schritt sie am König vorüber und in ihr Palais zurück, die letzten Dinge zu ordnen — den letzten Abschied von ihren
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