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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier
Autoren: Joel Houssin
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wie ein Donnerhall, und der Kerl
    ging heulend zu Boden. Milan stürzte sich auf ihn und
    setzte ihm die Klinge seines Skalpells wenige Millimeter
    neben das Auge.
    »Hör mir gut zu, du Dreckskerl!« brüllte der Geier.
    »Entweder du sagst mir jetzt auf der Stelle, wo du die
    Kleine versteckt hältst, oder ich schneide dir den
    Schwanz ab.«
    Der Araber litt entsetzlich, sein Kopf schwankte auf
    seinen Schultern hin und her, gefolgt von der glitzern-
    den Klinge des Geiers.
    »Oben!« stöhnte er. »Auf dem Speicher . . . «
    Stefan lachte laut und kindisch auf, als Milan dem
    Zuhälter die Kehle durchschnitt. Einer der Kunden
    drehte durch und versuchte zu fliehen, aber unter dem
    Kolbenschlag von Vitos Waffe sackte er auf der Stelle zu
    Boden.
    »Halt alle diese Schweine in Schach!« befahl Milan
    und eilte die Treppe hoch. »Ich kümmere mich um die
    Fracht. Stefan, du kommst mit mir.«
    Das grelle Lachen des dicken Mongoloiden dröhnte
    durch die Halle. Er fühlte sich gut. Stark. Sehr stark.
    Unendlich viel stärker als immer dann, wenn, wie heute
    wieder, Trois-Pommes, Pissette, Ranky und die anderen
    kamen und durch das Gitter des Abstellraumes mit
    Hundekot nach ihm warfen. Dabei hatte Milan ihm ver-
    sprochen, daß das nie wieder passieren werde; aber sie
    waren erneut gekommen. Vito war nicht da, um ihn zu
    beschützen. Wie gewohnt war Stefan auf das Klo ge-
    flüchtet, aber dort konnte er nicht bleiben. Wegen Mas
    Kopf, der abgetrennt aus dem Pißbecken ragte.
    Er fragte sich, wie er Vito das alles erklären sollte, als Mirko anrief. Im Moment dachte er nicht einmal mehr
    daran. Er fühlte sich gut. Und wenn er heimkäme,
    würde Ma vom Unterernährten zurückgekehrt sein und
    würde ihm eine gute Suppe mit dicken Fleischstücken
    zubereiten ...
    »Wart auf mich, Mirko, wart auf mich!« schrie er, au-
    ßer Atem und folgte seinem Bruder.
    Der Piepston und das rote Lämpchen des Autotelefons
    ließen Toland zusammenzucken, der in düsteren Ge-
    danken versunken war. Er hob ab und nannte seinen
    Namen.
    »Ein Anruf für dich, Toland«, teilte Goldman ihm mit.
    »Übernimmst du?«
    »Ja ...«
    Nach mehrmaligem Klicken ertönte die Stimme von
    Loic Gaborit im Hörer.
    »David, ich bin's, Loic. Bist du allein?«
    »Ja, aber ...«
    »Hör mir gut zu, David! Die Z.S.A. schert sich einen
    Dreck um das Rückenmark von Giova Llorens. Was sie
    benötigen, ist ihr Herz. Sie werden sie töten, begreifst
    du das?«
    Tolands Hände begannen zu zittern.
    »Was sagst du da?« stotterte er.
    Der Hörer glitt ihm aus der Hand. Einen Moment
    lang starrte er wie von Sinnen durch die Windschutz-
    scheibe nach draußen; dann stürzte er aus dem Stude-
    baker und rannte auf das Gebäude zu, in das die Ge-
    brüder Milan eingedrungen waren.
    Im Wageninnern schaukelte der Hörer am Ende des
    Kabels hin und her, nur noch das verzweifelte »Hallo!«
    von Loic Gaborit war zu hören.
    Dreiunddreißigstes Kapitel
    Der Chirurg legte den Hörer wieder auf und wußte, daß
    er unwahrscheinlich feige gehandelt hatte. Da er nicht
    imstande war, selbst eine Entscheidung zu treffen, hatte
    er seinen Freund David Toland vor den hinterhältigen
    Tricks der Z.S.A. gewarnt und somit alle Verantwor-
    tung auf ihn abgewälzt. Er sank auf seinen Schreibtisch
    und vergrub das Gesicht in den gekreuzten Armen. Er
    fühlte sich nicht stark genug, um die einmalige Gele-
    genheit abzulehnen, die Mark Zorski ihm bot. Die Gele-
    genheit, zu dem zu werden, was er sich immer schon er-
    träumt hatte: einer der berühmtesten Chirurgen auf der
    ganzen Welt ... Die Gelegenheit, seine Arbeit, seine
    nächtelangen Bemühungen endlich von Erfolg gekrönt
    zu sehen. Einerseits der Ruhm, andererseits die An-
    onymität oder die Unehre.
    Die Ungleichheit der Menschen vor der Medizin, vor
    der Gesundheit hatte ihm schon oft zu denken gegeben.
    Und bislang hatte er sich stets untadelig verhalten und
    die Vorschläge von unendlich vornehmeren Kliniken als
    dem Saint-Louis stets abgelehnt. Das Dilemma war nun
    an seinem kritischen Punkt angelangt. Und seine Ent-
    scheidung lag ab sofort in den Händen eines ande-
    ren ...
    Der dritte Gorilla stand auf der Treppe und hielt eine
    Pumpaction in den Händen. Er hatte die Schreie und
    Schüsse gehört und zwischen der ersten und zweiten
    Etage Stellung bezogen. Ein unheimlich magerer Kerl
    mit heroinzerfressener dreckiger Haut. Ein echt finste-
    rer Geselle. Die Waffe zitterte ihm in den spindeldür-
    ren Fingern, und der
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