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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier
Autoren: Joel Houssin
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seine Hose hochzuziehen.
    Ohne Zweifel hätte Toland diese Gelegenheit nutzen
    und sich auf seinen Gegner stürzen können, doch er
    blieb völlig reglos stehen. Vito aber wartete nur auf eine eindeutige Bewegung Tolands, um ihn niederstrecken
    zu können.
    »Du wartest hier auf ihn!« beschloß er plötzlich.
    »Es eilt!« behauptete Toland. »Du mußt . . . «
    »Ich muß überhaupt nichts«, entgegnete Vito, der
    sichtlich nervös war.
    Es waren einfach zu viele Männer, die er bewachen
    mußte. Die Spannung erhöhte sich noch, als der Gorilla,
    den Milan angeschossen hatte, Blut zu spucken und zu
    jammern begann. Diese leise Klage inmitten der lauten
    Töne ließ Vito völlig durchdrehen.
    »Halt's Maul, du dreckige Sau!« schrie er und schoß
    zweimal auf den Verletzten.
    David war niedergekniet, als wolle er sich schützen.
    Mit den Fingerspitzen hob er das Springmesser auf, das
    der Kerl mit dem roten Wagen fallengelassen hatte. Vito
    brüllte immer noch. Er hatte sich den von panischer
    Angst erfaßten Kunden zugewandt. Toland hatte noch
    nie jemanden getötet. Doch dank seiner perfekten Ana-
    tomiekenntnisse wußte er, wie er vorgehen mußte, um
    ein lebenswichtiges Organ zu treffen, aber er hatte es
    noch nie getan. Er nahm das Messer fest in die Hand
    und warf sich auf Vito.
    Vito ahnte die Bewegung zu seiner Rechten, ver-
    suchte auszuweichen, doch die Hand des Sammlers
    packte ihn bereits am Handgelenk und riß ihm den Arm
    nach oben. Ein erneuter Schuß zertrümmerte einen
    Quadratmeter Decke. Toland zögerte eine Sekunde
    lang, bevor er seinem Gegner die Klinge ins Herz stieß.
    Eine Sekunde zu lange. Trotz seines rachitischen Aus-
    sehens und seines fleckigen Säufergesichts erwies sich
    Vito als gefährlicher Gegner mit überraschend großer
    Energie. Der Kräfteunterschied zwischen den beiden
    Männern wurde durch die größere Prügelerfahrung der
    Gebrüder Milan wieder aufgehoben. Vito wiegte sich in
    den Hüften und versetzte dem Sammler einen brutalen
    Kniestoß in die Leber. David krümmte sich. Die Luft
    entwich aus den Lungen, und ein fürchterlicher
    Schmerz lähmte ihm den Unterleib. Die Kunden nutz-
    ten den Kampf der beiden Männer, um zu fliehen.
    »Ich bringe dich um, du Schwein!« zischte Vito.
    Eine voreilige Behauptung, denn es gelang David, alle
    seine Kräfte zu mobilisieren, Vito in den Griff zu be-
    kommen und ihm den Arm auf den Rücken zu biegen.
    Vitos Schulter krachte dumpf. Er heulte fürchterlich
    und ließ seine Magnum zu Boden fallen. Als David mit
    seinem Messer zustechen wollte, erschien Milan oben
    auf der Treppe. Seine Stimme tönte wie ein Peitschen-
    hieb.
    »Genug!«
    »Er hat mir den Arm gebrochen!« jammerte Vito, der
    auf den Knien am Boden saß. »Dieses Schwein hat mir
    den Arm gebrochen!«
    David wich etwas zurück. Er traute seinen Augen
    nicht. Hinter Milan, einige Stufen höher, stand der
    mongoloide Riese, grinste selig und hielt Giova Llorens
    in den Armen, die zerbrechliche blonde Puppe, deren
    seidenes Haar dem Koloß bis auf die Hüften herunter-
    hing. Ein unpassendes, völlig surrealistisches Paar.
    »Ich lasse dich nicht mit ihr verschwinden«, warnte
    Toland und hob die 44er Magnum auf. »Ich weiß von
    euren Schweinereien!«
    Unerschütterlich kam Milan die Treppe herunter.
    »Bleib stehen!« bellte Toland.
    »Mach keinen Quatsch, Kamerad!« seufzte der Geier.
    »Wenn ich das getan hätte, wozu ich beauftragt bin,
    hielte ich ihr Herz bereits in den Händen. Aber dazu
    hatte ich keine Zeit ...«
    David runzelte die Stirn. Milans Stimme hatte sich
    verändert, war unglaublich schwach geworden. Bevor
    er schwankend innehielt, stieg er noch eine Stufe hin-
    unter.
    »Ich hätte diesen Kretin längst umlegen müssen«,
    murmelte der Geier. »Morgen wird es ihm leid tun ...
    Toland, im Studebaker ist ein Geschenk für dich, unter
    dem großen Kasten . . . «
    Milan sackte zu Boden, ein Beil zwischen den Schul-
    terblättern.
    »Die Puppe gehört mir«, sagte das Monster mit wei-
    nerlicher Stimme und streichelte sanft über Giovas
    Haar. »Niemand nimmt sie mir weg. Sie ist so hübsch.
    Niemand darf sie kaputtmachen.«
    Sein stumpfer Blick fiel auf Vito, der nach wie vor
    am Boden kniete, und sein Gesicht verzerrte sich vor
    Wut.
    »Du wirst sie mir nicht wegnehmen, Vito! Diesmal
    nicht!«
    Giova umschlang den dicken Hals des Riesen mit ih-
    ren zarten Armen. Stefan kam die Treppe herunter und
    stieg über die Leiche seines Bruders.
    »Mirko wollte
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