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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier
Autoren: Joel Houssin
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sie kaputtmachen«, brummte er. »Und
    du willst sie auch kaputtmachen!«
    Mit schmerzverzerrtem Gesicht erhob sich Vito und
    hielt sich die gebrochene Schulter. Er wandte sich an
    den Sammler.
    »Worauf wartest du noch? Warum schießt du nicht?«
    schrie er heiser. »Siehst du nicht, daß er völlig verrückt geworden ist?«
    David war vor Bestürzung wie versteinert. Er konnte
    gerade noch kopfnickend vor dem näherkommenden
    Monster zurückweichen.
    »Niemand mehr wird mit Hundescheiße nach mir
    werfen«, fuhr Stefan fort. »Niemand wird mich hauen.
    Heute wollte Ma mich hauen. Da habe ich ihr den Kopf
    eingeschlagen. Auch den Hunden habe ich den Kopf
    eingeschlagen.«
    Mit einem Mal sprang der Koloß auf seinen Bruder
    zu, der drei Meter von ihm entfernt war, packte ihn und
    zog ihn vom Boden hoch.
    »Hör auf, Stefan, hör auf!« flehte Vito.
    Stefan schleuderte seinen Bruder mit unglaublicher
    Kraft gegen die Wand, so wie er es immer mit den neu-
    geborenen Welpen tat, die Ma nicht behalten wollte. Vi-
    tos Körper blieb einen Moment lang an der Mauer leh-
    nen und rutschte schließlich wie ein Stück Dreck und
    wie in Zeitlupe zu Boden.
    Dann drehte der Mongoloide sich zu David um.
    »Ich - ich will deine Puppe nicht kaputtmachen!«
    stotterte der Sammler, verblüfft von der Albernheit sei-
    ner eigenen Worte. »Im Gegenteil, ich bin hier, um sie
    zu retten. Du hast doch gesehen, wie ich mit deinem
    Bruder um sie gekämpft habe.«
    Der Riese zögerte. Sein Gesicht verwandelte sich. Die
    Worte des Sammlers bahnten sich mühsam einen Weg
    durch sein vernebeltes Hirn.
    Giova schmiegte sich noch fester an die Brust des Ko-
    losses. Diese Berührung entlockte dem Mongoloiden
    ein strahlendes Lächeln. Bevor er erneut Toland an-
    schaute, streichelte er ihr einen Moment lang über das
    Haar. Ein eisiges Frösteln lief David den Rücken herun-
    ter. Dieser Kerl da war imstande, ihn mit einer Hand zu
    zermalmen, ihm durch ein Drücken auf die Schläfen die
    Augen aus dem Kopf springen zu lassen ...
    »Du hilfst mir, damit ich meine Puppe behalte!« be-
    schloß Stefan plötzlich, so als erklärte er seinen Kame-
    raden aus dem Kindergarten die Regeln eines neuen
    Spiels.
    David nickte mit dem Kopf.
    »Einverstanden.«
    Das Lächeln des Mongoloiden wurde eindeutiger.
    Speichel rann ihm über das Kinn. Er warf einen zärtli-
    chen Blick auf Giova.
    »Mit ihr habe ich kein Feuer mehr im Bauch«, mur-
    melte er. »Sie ist wie eine richtige Puppe. Sie hat dieselben Dinge im Kopf wie ich ...«
    Davids Blick fiel auf die durchscheinenden, in den El-
    lenbogen von dunklen Punkten übersäten Arme des
    jungen Mädchens.
    »Deine Puppe ist krank«, erklärte Toland.
    »Krank?« stammelte Stefan.
    »Schau dir ihre Arme an!« erklärte David. »Sie haben
    ihr Gift in die Adern gespritzt ...«
    Stefan schrie laut auf.
    »Ich werde ihnen den Kopf abreißen, ihnen allen!«
    brüllte er und ging auf den letzten der noch lebenden
    Gorillas zu, der immer noch benommen dalag.
    »Zuerst mußt du dich um deine Puppe kümmern!«
    schrie Toland.
    Der Koloß hielt inne.
    »Gehen wir weg von hier!« riet David mit ruhiger
    Stimme. »Wenn die Bullen kommen, nehmen sie dir
    deine Puppe wieder weg.«
    Gehorsam und brav folgte Stefan David auf die Stra-
    ße. Die Z.S.A.-Geier bildeten eine wahre Kette aus
    schwarzvioletten Uniformen auf dem Bürgersteig. Alle
    trugen ihren Integralhelm mit dem Lebenssymbol über
    dem heruntergelassenen Visier.
    Das Personal auf der Merrill-Abteilung, die vollständig
    für Pamela Sirchos reserviert war, wurde allmählich
    immer ungeduldiger. Das Implantat war noch immer
    nicht eingetroffen, und die Concorde konnte jeden
    Moment landen.
    Nur Doktor Loic Gaborit schöpfte inmitten der zu-
    nehmenden Besorgnis neue Hoffnung. Vermutlich war
    es Giova Llorens gelungen, ob mit oder ohne Tolands
    Hilfe, den Fängen der Geier zu entkommen. Man mußte
    also beschließen, Madame Sirchos ein anderes Herz in
    die Brust einzupflanzen.
    Als Gaborit bereits dabei war, das Lager nach einem
    Ersatzorgan zu durchsuchen, kam Steve Odds höchst-
    persönlich, um alle Anwesenden zu beruhigen.
    »Es gab ein kleines Problem«, erklärte er. »Aber in
    wenigen Minuten wird das Herz eintreffen.«
    Gaborit rannte auf die Toilette und erbrach sich.
    Einer der Geier löste sich aus der Gruppe und trat vor.
    Mit gekreuzten Armen pflanzte er sich vor Toland auf.
    In seiner behandschuhten Hand funkelte ein Skalpell.
    »Sag dem Dicken, er soll
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