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Die Gehilfen des Terrors

Die Gehilfen des Terrors

Titel: Die Gehilfen des Terrors
Autoren: Stefan Wolf
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immer
Rotwein, aber wenig und in kleinen Schlucken. Einen klaren Kopf zu behalten,
war für ihn lebenswichtig. Als feste Größe in der Unterwelt durfte ihm kein
Fehler passieren, keine Unaufmerksamkeit. Denn getarnte Bullen — getarnt als
Reisende und Nachtpflanzen — waren hier zu jeder Zeit unterwegs.
    „Hallo, Arnold!“
    „Hallo, Bruno! Setz
dich!“
    Sie schüttelten sich die Hand,
und der Wirt nahm Platz in der Nische der Peanuts-Bar, wo die Stimmen
der Gäste ein Bienenstock-Gesumm erzeugten, nur ab und zu unterbrochen vom
grellen Lachen einer Frau, die schon etwas betrunken war, aber noch nicht reif
für den Rausschmiss. Außerdem wurden Betrunkene hier erst an die frische Luft
gesetzt, wenn sie randalierten.
    „Du verreist?“
    Arnold strich über seinen
Seidenschal und hob eine Braue.
    „Ich wollte, aber es hat sich
eben erledigt. Nachher kriege ich noch ‘nen Anruf und hab dann was zu erledigen
— hier im Hbf. Wie geht’s deinen Töchtern?“
    „Danke! Bestens. Verena
studiert Jura. Aus der wird was. Nur frage ich mich manchmal, ob sie nicht zu blauäugig
ist für ‘ne Rechtsgelehrte. Sie ist mir noch immer nicht draufgekommen, womit
ich uns alle finanziere. Sie hält ihren Vater für ‘nen gewieften
Antiquitäten-Heini.“
    „Lass sie in dem Glauben.“
    „Iris lernt Krankenpflege.“
    „Großartig. So was hat Zukunft.
Die Menschen werden immer kränker. Ich merke es an meinen Gästen. Da gibt es
welche, die hält nur das Bier noch aufrecht.“ Er lachte. „Und Eva?“, fragte
Klunker-Arnold.
    „Immer dasselbe.“
    „Keine Hoffnung?“
    „Doch! Selbstverständlich! Es
gibt Fälle, da sind die Patienten nach Jahren aus dem Koma erwacht.“
    „Hört man oft. Ich wünsche es
deiner Frau.“
    Bruno nickte. „Hast du was
Neues?“
    „Wann habe ich dir die letzten
Sachen gezeigt?“
    „Vor... das war... ja, vor zehn
Tagen.“
    „Inzwischen ist ‘ne Menge
reingekommen. Von drei bewährten Profis, die mich seit Jahren beliefern. Und
von einem neuen Typ, den ich noch nicht kannte. Willst du’s durchsehen?“
    „Auf jeden Fall.“
    „Dann gehen wir rüber zu mir.“
    Es ging um Schmuck. Um
gestohlenen oder geraubten Schmuck, den Arnold-der-Hehler von Dieben, Räubern
und Einbrechern erhielt. Heiße Ware! Sore! Diebesgut! Arnold war zuständig für
den Weiterverkauf und hatte Kunden — meistens Kollegen — in ganz Europa.
    Bruno und Arnold waren
befreundet. Deshalb konnte sich Bruno jeglichen Schmuck ansehen, der seit dem
brutalen Überfall auf Eva, seine Frau, bei Arnold angeliefert wurde. Denn
damals — am 2. Juni — war Eva nicht nur lebensgefährlich verletzt worden, mit
dem Koma als Folge; der Täter hatte sie auch beraubt. Und dabei kostbaren
Schmuck erbeutet, unter anderem eine Perlenkette mit zwei Smaragden.
    Klunker-Arnolds Stadtwohnung
befand sich gegenüber dem Hbf im so genannten Kieslmeier-Block. Kieslmeier war
vor 100 Jahren Oberbürgermeister gewesen und außerdem Bauunternehmer, weshalb er
auch die einträglichsten, städtischen Bauvorhaben ausführen durfte. Denn die
Firma gehörte offiziell seiner Frau. Die hieß auch Kieslmeier. Trotzdem war der
mächtige Block mit mehr als 100 Wohnungen nicht nach Katharina Kieslmeier
benannt, sondern nach ihrem Gatten Wilhelm-August.
    Außer dieser Wohnung besaß
Klunker-Arnold ein Landhaus am See. Aber dort wickelte er keine Geschäfte ab.
Dort war er Mensch.
    Drei Minuten zu Fuß. Ein Lift.
Die große Wohnung war dunkel und kühl. Verena und Iris wohnten nicht mehr beim
Vater. Sie hatten Beziehungen und wollten nicht gestört sein.
    Arnold öffnete einen riesigen
Safe, der hinter einem Wandschirm stand, und holte Tabletts mit seinen heißen
Schätzen heraus.
    Bruno hielt auch diesmal den
Atem an.
    So viel Gold, Platin und
Juwelen!
    Dann fiel sein Blick auf die
Kette.
    Sonst pflegte er bei der
Durchsicht an dieser Stelle — so nach vier, fünf Sekunden — weiterzuatmen.
Jetzt vergaß er’s. Oder etwas in ihm schien zu erstarren.
    Er griff nach der Kette. Seine
Finger berührten die Delle im goldenen Verschluss.
    Als er fragte, konnte er das
Zittern in seiner Stimme nicht verhindern.
    „Von wem hast du die?“
    „Sie... gehört Eva?“
    „Sie gehört Eva.“
    „Diese Perlenkette, zwei Ringe,
ein Armband und ‘ne Uhr — habe ich von dem neuen Typ. Er kam auf Empfehlung,
hat die Sachen angeblich aus ‘nem Einbruch. Sympathisch war er mir nicht,
dieser Schmuddeltyp mit dem Nattergesicht. Aber sympathisch sind ja
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