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Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing

Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing

Titel: Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing
Autoren: Alfred Bekker
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herrschte.
    Tante Lizzy zuckte mit den Schultern, als sie meinen Blick sah. "Da denkt man, dass so ein Mann sein Handwerk gelernt hat und dann..." Sie atmete tief durch und griff sich in die Herzgegend. "Für mich war das jedenfalls für heute genug der Aufregung."
    "Das Geheimfach habt ihr nicht gefunden?"
    "Nein. Langsam beginne ich an meinen Kenntnissen über Antiquitäten zu zweifeln!"
    "Vielleicht hättest du diesen Mr. Groves einfach machen lassen sollen..."
    "Bist du des Wahnsinns? Sieh dir die Bibliothek an! Bei einem seiner stümperhaften Versuche, das Geheimnis dieses raffinierten Möbelstücks zu entschlüsseln, ist er ziemlich unsanft gegen eines der Regale gekommen. Ein Buch fiel um. Santinis Magische Welten, glaube ich. Du weißt ja, was für ein dicker Klotz das ist. Naja, und dann ging es wie mit den berühmten Dominosteinen..."
    Ich nickte.
    Dann sah ich zur Uhr.
    "Wenn ich zurückkomme, helfe ich dir aufräumen, Tante Lizzy!"
    "Lass nur! Du weißt, dass ich eigentlich niemanden in meiner Ordnung herumpfuschen lasse. Ein Gutes hatte das ganze aber!"
    "Ach ja?" Ich sah sie erstaunt an. In Tante Lizzys Augen blitzte es.
    Sie bedeutete mir mit einer Handbewegung, ihr in die Bibliothek zu folgen. Einige runde Tischchen fanden sich dort, die einem immer nur leid tun konnten, wenn Tante Lizzy sie mit schweren, ledergebundenen Folianten befrachtete. Manche dieser Tischchen waren daher schon ziemlich aus dem Leim gegangen und es war nur eine Frage der Zeit, wann der erste unter ihnen schlicht und ergreifend zusammenbrach. Auf den ersten dieser Tische hatte Tante Lizzy ein dünnes Bändchen mit verblichener Umschlagzeichnung gelegt. Die Fadenheftung löste sich bereits in ihre Bestandteile auf und als Tante Lizzy es in die Hand nahm und aufschlug, erhob sich eine Wolke feinen, grauen Staubes in die Luft.
    Ich musste niesen.
    Millionen kleiner Milben produzierten diesen Staub und hatten sich in Tante Lizzys Archiv häuslich eingenistet. Aber ein echter Bücherfreund denkt besser nicht an diese Dinge...
    "Hier", sagte sie und hielt das Bändchen empor. "Dies ist ist die sogenannte SCHULE DER UNSTERBLICHKEIT, eine Schrift des britisch-indischen Geistersehers und Okkultisten John Pranavindraman. Er wurde 1848 in Bombay geboren und reiste als junger Mann nach London. Während eine Reise auf den Kontinent soll er angeblich mit Hermann von Schlichten zusammengetroffen und später mit ihm korrespondiert haben. Allerdings ist dieser Briefwechsel nicht erhalten geblieben. Es spricht viel dafür, dass die Briefe bei demselben Hausbrand vernichtet wurden, der aller Wahrscheinlichkeit nach auch den zweiten, bislang verschollenen Band von Herman von Schlichtens Hauptwerk Absonderliche Kulte verschlang..." Tante Lizzy atmete tief durch und sah mich an. "Ich glaube, ich schweife etwas ab", gestand sie dann ein.
    "Nun..."
    "Du wirst jetzt sicher andere Gedanken im Kopf haben. Aber Pranavindramans SCHULE DER UNSTERBLICHKEIT könnte für Mr. Hamilton von Interesse sein... Der Autor beschreibt darin ähnliche Konzentrationstechniken, wie dein geliebter Tom sie im Tempel von Pa Tam Ran erlebte..."
    Ich ergriff das Buch, blätterte in den halbzerfallenen Seiten.
    Vor seiner Tätigkeit bei den LONDON EXPRESS NEWS war Tom bei einer großen Nachrichtenagentur angestellt gewesen. Unter anderem hatte es ihn auch in den Dschungel Südostasiens verschlagen, wo er im Dreiländereck von Thailand, Kambodscha und Laos zu einem geheimnisvollen Tempel gelangt war, dessen Mönche ihm mit Hilfe ihrer besonderen Konzentrationstechniken zu der Fähigkeit verholfen hatten, sich an frühere Leben zu erinnern.
    Tom war dutzendfach wiedergeboren worden.
    Seit seiner Kindheit litt er unter merkwürdigen Träumen. Erst die Mönche von Pa Tam Ran hatten ihn erkennen lassen, worum es sich dabei wirklich handelte. Um Erinnerungsbruchstücke aus früheren Leben.
    "Ich gebe das Buch nicht gerne aus der Hand, aber Mr. Hamilton schätze ich als zuverlässig genug ein, mir den Band unbeschadet zurückzugeben", hörte ich Tante Lizzy sagen.
    "Ich werde es ihm geben", sagte ich. "Aber erst morgen..." Tante Lizzy lächelte.
    "Ich verstehe", murmelte sie.
     
    *
     
    Um Punkt acht Uhr holte Tom Hamilton mich ab.
    Der Regen hatte aufgehört, so als wollte er uns damit einen Gefallen tun.
    Ich ließ mich von ihm zu seinem Wagen, einem Volvo führen. Bevor ich einstieg, schlang ich die Arme um seinen Hals und zog ihn an mich. Unsere Lippen verschmolzen zu einem
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