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Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing

Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing

Titel: Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing
Autoren: Alfred Bekker
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ich dich zu Hause ab, okay?"
    "Ja..."
    "Gehen wir nach dem Kino noch essen?"
    "Aber zur Abwechslung mal nicht italienisch." Tom lachte. Er hatte eine Vorliebe für italienisches Essen, die ich normalerweise auch durchaus teilte. Und so waren wir vorwiegend in eines der zahlreichen italienischen Restaurants gegangen, die es in London gab. "Okay...", sagte er sanft.
    "Weißt du, ich kann einfach für eine Weile keine Pasta mehr sehen", erwiderte ich. "Genug ist einfach genug!"
    "Bis nachher!"
    Er küsste mich zärtlich auf die Wange. Und dann sah ich ihm nach, wie er sich in Richtung der Tür bewegte, um auf den Flur und dann in den Aufzug zu gelangen. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch und fragte mich, ob dieses intensive Gefühl wohl irgendwann nachlassen oder sich ewig erhalten würde. Ein toller Mann, dachte ich. Und sein Herz gehörte mir. Ich würde es so schnell nicht loslassen.
     
    *
     
    Es war ein gewöhnlicher Tag in der Redaktion, an dem nichts besonderes mehr geschah.
    Oder vielleicht doch.
    Ich bekam nämlich ein dickes Lob von Michael T. Swann, der sich eine Reportage von mir vorgenommen und eigenhändig redigiert hatte. Und mit Lob ist Swann nicht sehr verschwenderisch. Vielleicht wollte er mich aber auch darüber hinwegtrösten, dass er meine Reportage auf die Hälfte zusammengestrichen hatte, weil plötzlich ein wichtiger Anzeigenkunde mit einem Großauftrag gekommen war. Es hatte leicht zu nieseln begonnen, als ich am frühen Abend das Verlagsgebäude verließ.
    Einen Schirm hatte ich nicht dabei, denn der Tag hatte sonnig und warm begonnen. So blieb mir nichts anderes übrig, als den Parkplatz so schnell wie möglich zu überqueren. Ich atmete tief durch, hielt meine Handtasche fest und spurtete los. Dabei versuchte ich, darauf zu achten, nicht gerade in eine Pfütze zu treten. Aber es war schon zu spät. Ich fühlte, wie das Wasser in meinen linken Turnschuh eindrang. Zu Hause würde ich mich ohnehin für den Abend umziehen. Das war mein einziger Trost in dieser Sekunde. Den kirschroten Mercedes 190 hatte ich am äußersten Rand des Parkplatzes abgestellt. Da ich am Morgen ja etwas zu spät dran gewesen war, hatte es einfach keine andere Möglichkeit mehr gegeben. Und dabei hatte ich noch froh sein können, überhaupt eine Parkmöglichkeit zu finden.
    Ich spurtete die lange Reihe von Pkws entlang und hielt dann kurz inne.
    Der Regen wurde stärker. Das Haar klebte mir bereits am Kopf. Graue Wolken hatten den Himmel wie ein schmutziges Tuch überzogen. Es war verhältnismäßig dunkel geworden. So dunkel, dass die Helligkeitsmelder der Straßenbeleuchtung reagierten. Die Laternen leuchteten auf.
    In einer Entfernung von gut fünfzig Metern sah ich eine Gestalt.
    Eine Frau.
    Irgend etwas war an ihr, das meinen Blick unwillkürlich fesselte.
    Und gleichzeitig spürte ich jenes charakteristische Unbehagen, das stets mit meinen Ahnungen einherging. Ich lief nicht weiter, stand nur da und riss die Augen auf. Eine junge Frau mit blondem, fast schulterlangem Haar und einem Gesicht, das hübsch und feingeschnitten war. Aber bleich. So blass wie das Antlitz einer Toten. Wie aus Elfenbein modelliert wirkte dieses Gesicht. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag vor den Kopf, dass ich niemand anderen vor mir hatte, als jene Frau, die ich Traum gesehen hatte.
    Ihr Kleid war fast knöchellang. Es war dunkelrot und reich verziert. Es entsprach nicht dem, was derzeit modern war. Ich glaubte zu erkennen, dass es aus schwerem Samt oder einem ähnlichen Stoff gefertigt war. Ein Winterkleid, das überhaupt nicht in die Jahreszeit passte.
    Aber das schien die bleiche Frau nicht zu kümmern. Obwohl es seit Einsetzen des Regens etwas abgekühlt hatte, war es noch immer sommerlich warm. Viel zu warm für so ein Kleid.
    Die bleiche Frau schien das ebenso wenig zur Kenntnis zu nehmen wie den Regen, der auf sie hernieder prasselte und immer stärker wurde.
    "Heh, Sie!", rief ich.
    Sie schien mich nicht zu hören.
    Ich kniff die Augen etwas zusammen.
    Seltsam, dachte ich. Der Regen schien sie nicht zu berühren. Die Haare hätten ihr genau wie mir längst tropfnass am Kopf kleben müssen. Aber das war nicht der Fall. Ich fühlte, wie mir der Puls bis zum Hals schlug. Ich winkte ihr zu.
    Sie wandte den Kopf in meine Richtung. Ihr Blick schien traurig, fast schmerzvoll zu sein.
    Ein kalter Schauder ging mir über den Rücken. Eine Aura des Todes schien sie zu umgeben. Ich lief los. Direkt in ihre Richtung. Ich musste einfach
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