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Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Titel: Die Gefährtin Des Lichts erbin2
Autoren: jemisin
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erstarrte.
    Er wartete und seufzte, als ich nicht antwortete. Dann stand er auf.
    »Das ist nicht der Grund«, platzte es aus mir heraus. Plötzlich war es unglaublich wichtig, ihm klarzumachen, dass ich nicht aus Angst um mein Leben handelte. »Ich habe nicht ... Eher hätte ich sie ...«
    »Nein.« Er berührte einmal und flüchtig meine Wange. Es tat weh. Es war, wie sich noch einmal den Arm zu brechen. Schlimmer. Das reichte, um meine Selbstbeherrschung zu zerschlagen. Ich fing an, so sehr zu zittern, dass ich kaum noch in der Lage war, die Worte herauszubringen.
    »Wir können gegen sie kämpfen«, sprudelte es aus mir heraus. »Die Lady, sie scheint das nicht tun zu wollen, wir können ...«
    »Nein, Oree«, sagte er erneut. »Das können wir nicht.«
    Ich schwieg. Diesmal nicht, weil ich nicht denken konnte, sondern wegen der absoluten Unausweichlichkeit seiner Worte. Es gab nichts mehr zu sagen.
    Er stand auf. »Du solltest auch leben, Oree«, sagte er.
    Dann ging er zur Tür. Dort warteten seine Stiefel; standen ordentlich neben meinen. Er zog sie an. Seine Bewegungen waren weder schnell noch langsam. Effizient. Er zog den Lammfellmantel an, den ich ihm zu Beginn des Winters geschenkt hatte. Er vergaß nämlich dauernd, dass er jetzt krank werden konnte, und ich hatte keine Lust gehabt, ihn während einer Lungenentzündung zu pflegen.
    Ich atmete ein, um etwas zu sagen. Dann stieß ich den Atem wieder aus. Zitternd saß ich da.
    Er verließ das Haus.
    Ich hatte gewusst, dass er nur mit den Kleidern, die er am Leib trug, gehen würde. Er war noch nicht menschlich genug, um sich um Besitz oder Geld zu sorgen. Ich hörte seine schweren Schritte auf der Treppe, dann auf der staubigen Straße. Sie verloren sich in der Ferne in den Geräuschen der Nacht.
    Ich ging nach oben. Das Badezimmer war wie immer blitzblank. Ich zog meinen Bademantel aus und nahm ein langes Vollbad, so heiß, wie ich es nur ertragen konnte. Sogar nachdem ich mich abgetrocknet hatte, dampfte ich noch.
    Erst als ich einen Schwamm aufhob, um die Badewanne zu säubern, traf mich die Erkenntnis: Von jetzt an musste ich das alleine tun, da Sonnenschein fort war.
    Ich putzte die Badewanne, setzte mich hinein und weinte für den Rest der Nacht.
    Jetzt wisst ihr alles.
    Ihr musstet es wissen, und ich musste es erzählen. Ich habe die vergangenen sechs Monate damit zugebracht, zu versuchen, nicht über alles, was geschehen ist, nachzudenken. Das war nicht gerade die beste Idee. Es war allerdings leichter. Es war besser, einfach zu Bett zu gehen und zu schlafen, als die ganze Nacht wachzuliegen und sich einsam zu fühlen. Es war besser, sich beim Gehen auf das tapp-tapp meines Stocks zu konzentrieren, als daran zu denken, wie ich früher einmal zur Orientierung den schwachen Fußspuren eines Gottkindes folgen konnte. Ich hatte so viel verloren.
    Aber ich habe auch einige Dinge gewonnen. So wie dich, meine kleine Überraschung.
    Irgendwo wusste ich, dass es ein Risiko war. Götter pflanzen sich nicht so einfach fort, aber sie hatten ihn sterblicher gemacht, als ein Gott je gewesen war. Ich weiß nicht, was es bedeutet, dass sie ihm diese Fähigkeit gelassen haben, wo sie ihm doch so viel anderes wegnahmen. Ich nehme an, sie haben es schlicht vergessen.
    Andererseits ... Ich muss immer wieder an den Abend an meinem Küchentisch denken, als Lady Yeine mich berührte. Sie ist die Herrin über die Dämmerung, die Göttin des Lebens; sie muss dich einfach wahrgenommen haben, als wir dort saßen — oder doch zumindest dein Werden. Deshalb frage ich mich: Hat sie dich bemerkt und dich am Leben gelassen? Oder hat sie ...?
    Sie ist merkwürdig, die Lady.
    Noch merkwürdiger ist die Tatsache, dass sie auf mich gehört hat.
    Ich hörte die Nachricht von viel zu vielen Händlern und Klatschmäulern, um sie nicht zu beachten: Überall sind Götter. Sie singen in den Regenwäldern, sie tanzen auf Berggipfeln, sie belagern die Strände und flirten mit den Muscheljungen. Die meisten großen Städte haben heutzutage ihr eigenes Gottkind, oder zwei oder drei. Stra'feh versucht gerade, eins anzuziehen. Die Stadtältesten sagen, dass es gut fürs Geschäft ist. Ich hoffe, es gelingt ihnen.
    Bald wird die Welt ein viel magischerer Ort sein. Genau richtig für dich, glaube ich. Und...
    Nein.
    Nein, ich werde mich hüten, das zu denken.
    Nein.
    Und doch.
    Ich liege hier einsam in meinem Bett und warte auf den Sonnenaufgang. Ich spüre, wie er heraufzieht; die Wärme des
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