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Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)

Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Birgit Erwin
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Wendelgard.« Er warf der dunkelhaarigen Frau, die sich mit verschwitztem Gesicht und fliegenden Haaren zu den Klängen einer Leier drehte, einen beinahe wilden Blick zu. »Du bist mein Leben, du allein.«
    »Udalrich, ich habe einen Scherz gemacht! Was ist mit dir?«
    »Nichts!« Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und betrachtete die Feuchtigkeit auf seinen Fingern, ehe er sie fortrieb. »Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich dich liebe. Es gibt so viel, was du nicht weißt.«
    »Dann sprich mit mir!«
    Aber er schwieg.
    Wendelgard griff nach einem Honigkuchen und knabberte daran, doch das süße Gebäck schmeckte schal und trocken. Die Tänzerin beendete ihren Vortrag und zog sich schwer atmend unter dem Beifall der Gäste zurück. Wieder war es Burchards Stimme, die die entstandene Stille füllte. Der Herzog war aufgestanden und hob seinen Becher. Seine Wangen glänzten im Fackelschein hitzig. »Verehrte Freunde, edle Damen, lasst mich einen Trinkspruch ausbringen, einen Trinkspruch auf eine Welt des Friedens und der Freundschaft. Ich hoffe und bete, dass alle Edlen meinem Beispiel folgen und unseren König als ihren einzigen rechtmäßigen Herrscher anerkennen. Dann werden wir in einer neuen Zeit leben dürfen, in der statt Waffen unblutigere Zerstreuungen an der Tagesordnung sind, die Musik, der Tanz und die Jagd.«
    Im Saal wurde es sehr still. Es war, als ob die Erwähnung der Jagd sich wie Eis auf die Herzen der Gäste gelegt hätte. Der Herzog schien nichts davon zu bemerken. Er leerte seinen Becher, und seine grünblauen Augen funkelten.
    In die Stille hinein erhob sich Salomo. »Auch ich trinke auf den Frieden und eine lange, segensreiche Herrschaft unseres Königs.«
    Zögernd wurde der Trinkspruch aufgegriffen, aber erst jetzt, da auch Heinrich seinen Becher hob, löste sich die Erstarrung.
    Wendelgard nippte mit heißen Wangen an ihrem Wein. »Udalrich, er weiß etwas«, zischte sie. »Das kann doch kein Zufall sein. Oder?«
    Sie verstummte, als Udalrich warnend den Kopf schüttelte.
    Um sie herum wurde erst vereinzelt, dann lauter nach Musik gerufen. Mit einer tiefen Verbeugung trat ein grauhaariger Sänger aus der Schar der Artisten und fragte artig nach den Wünschen der Gäste.
    »Warum nicht ein Lied über die wundersame Heimkehr des Grafen Udalrich aus jahrelanger Gefangenschaft?« Aller Augen wandten sich dem Sprecher zu. Der junge Ottmar deutete mit weitausholender Geste auf Udalrich. »Oder von seiner Gefangenschaft. Da er nicht darüber spricht, mag ein Sänger uns die Wahrheit schildern.«
    Wendelgard sah, wie eine Ader an Udalrichs Hals zu pochen begann. Am liebsten hätte sie das Gesicht in den Händen versteckt, aber sie zwang sich zu einem maskenhaften Lächeln.
    Udalrichs Stimme klang belegt. »Ihr seid sehr großzügig, dass Ihr ein so unbedeutendes Ereignis wie meine Heimkehr vorschlagt. Zumal meine Rückkehr das Ende so mancher Hoffnung Eurer Familie war.« Ottmar presste die Lippen zusammen, und Udalrich lächelte. »Aber ich denke doch, dass am heutigen Tag Männer unter uns sind, deren Taten höher zu bewerten sind als die meinen. Im Übrigen wissen wir doch alle, wie wenig Poesie und Wahrheit miteinander gemein haben.«
    Burchard lachte dröhnend. »Eure Bescheidenheit ehrt Euch, aber wollt Ihr nicht tief in Eurem Herzen auch zu einer Legende werden?«
    Sehr langsam wandte Udalrich sich Burchard zu. »Legenden leben nur in der Fantasie, Herzog. Was ich durchgemacht habe, ist leider die Wirklichkeit. Es ruht hier«, er schlug seine Faust auf das Herz, »und da soll es bleiben.« Er ließ den Blick über die versammelten Gäste schweifen, verharrte kurz auf dem Gesicht seiner Frau und wandte sich schließlich an den Sänger. »Sing von der Liebe, Spielmann«, sagte er leiser. »Denn was wären unsere Taten, wenn wir sie nicht zum Preis schöner Frauen vollbringen könnten.«
    Beifälliges Gemurmel folgte seinen Worten, und der Sänger gehorchte erleichtert dem Befehl. Udalrich fuhr sich mit einer Hand über die Augen, dann drehte er sich zu dem Welfen um, der ihn mit einem Ausdruck von Spott musterte. »Reizt mich nicht weiter, Mann, sonst werdet Ihr es bereuen«, flüsterte er. »Das schwöre ich Euch.«
    Der Welfe winkte lässig ab, doch ganz konnte er das Zittern seiner Hände nicht verbergen. Wendelgard atmete auf. Während sie einen weiteren Honigkuchen in den Mund steckte, legte sie ihre Linke heimlich auf ihren Bauch. Noch regte ihr Sohn sich nicht, aber bald
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