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Die fünf Leben der Daisy West

Die fünf Leben der Daisy West

Titel: Die fünf Leben der Daisy West
Autoren: Cat Patrick
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nehmen auf einer kleinen Couch vor ihrem Schreibtisch Platz, während sie meine Unterlagen durchschaut: die echte, wenn auch leicht abgeänderte Geburtsurkunde, vom Staat erstellte Zeugnisse, den gefälschten, aber korrekten Impfpass und die vollkommen falsche Meldebescheinigung.
    »In deiner letzten Schule warst du in den A-Kursen«, stellt Ms Waverly fest und legt die Akte dann zur Seite.
    »Ja«, bestätige ich.
    »Sie ist unser Schlaumeierchen«, neckt Cassie und streicht mir die Haare aus dem Gesicht.
    »Mom!«, protestiere ich leise und verdrehe die Augen, als wäre mir die Situation peinlich.
    »Daisy scheint in der Tat eine gute Schülerin zu sein«, sagt Ms Waverly zu Cassie. »Leider haben wir im Moment in der zehnten Jahrgangsstufe mehr Schüler als sonst, weil in einer benachbarten Schule Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Deswegen sind die A-Kurse voll.«
    Mason verändert seine Sitzposition. »Und für eine einzige zusätzliche Schülerin können Sie keinen Platz schaffen?«, fragt er.
    Ms Waverly hebt die Hand. »Machen Sie sich keine Sorgen, ich denke, ich habe bereits eine Lösung gefunden.«
    »Aha?«
    »Ja, ich glaube, dass Daisy, den Testergebnissen zufolge, in Mathe, Naturwissenschaften und Englisch gut in den Kursen des elften Jahrgangs mitkommen dürfte.«
    Ich spüre ein Kribbeln im Magen, eine leichte Nervosität. Ich bin für die anderen hier sowieso die Neue und jetzt werde ich auch noch gleich zu den älteren Schülern katapultiert. Trotzdem, das ist immer noch besser, als mich in den Standardkursen der zehnten Klasse zu langweilen. Das wäre wie sitzenbleiben.
    Alle stimmen dem Kompromiss zu und wenig später verlassen wir zufrieden das Büro der Konrektorin. Am Haupteingang verabschiede ich mich von Mason und Cassie und mache mich auf den Weg zu meinem Schließfach. Immer mehr Schüler kreuzen meinen Weg. Als routinierter Neuling registriere ich genau, wie sie gekleidet sind, und stelle fest, dass das hüftlange rote T-Shirt und die verwaschene enge Jeans die richtige Wahl für den heutigen Tag gewesen sind.
    Wie ein Chamäleon füge ich mich in meine neue Umgebung ein.
    »Coole Schuhe«, sagt eine Stimme, offenbar zu mir. Ich trete einen Schritt von meinem Schließfach zurück und sehe mich suchend um. Ein attraktives Mädchen, das ein Stück weiter vor ihrem Fach steht, deutet auf meine silbernen Stoffballerinas.
    »Danke«, erwidere ich und wackele mit den Zehen, dass man es durch den Stoff sieht. Gedanken an Geburtstagseinladungen schießen mir durch den Kopf und ich beschließe, das Gespräch fortzuführen. »Ich mag deine Frisur.«
    Das Mädchen fährt sich mit den Fingern durch die mit Strähnchen durchsetzten Haare – goldblonde Akzente auf pechschwarz – und lächelt mit dem ganzen Gesicht, vom Hollywood-Kinn bis zu den dunkelbraunen Augen. Sie trägt ein türkisfarbenes Sommerkleid und dazu kurze Cowbowstiefel. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie zu den beliebtesten Mädchen der Schule gehört. Alles an ihr ist cool.
    »Danke«, antwortet sie. »Meine Mutter findet sie grausam.«
    »Meine Mutter findet diese Schuhe auch schrecklich«, erwidere ich schulterzuckend, was nicht ganz falsch ist. Cassie hasst alles, was auch nur im Entferntesten schillernd ist und die Aufmerksamkeit erregt.
    Das Mädchen lacht.
    »Ich bin Audrey McKean«, stellt sie sich vor.
    »Daisy West«, sage ich lächelnd.
    »Bist du neu? Ich kenne eigentlich jeden hier.«
    Yep, sie ist beliebt.
    »Heute ist mein erster Tag«, bestätige ich. »Wir sind gerade aus Michigan hergezogen.« Ein Junge geht zu einem Schließfach, das sich zwischen Audrey und mir befindet, sodass wir uns nicht mehr sehen können. Audrey schaut hinter ihm hervor und verzieht das Gesicht zu einer Grimasse. Dann wirft sie die Tür ihres Schließfaches zu und kommt zu mir.
    »Was hast du heute als Erstes?«, erkundigt sie sich.
    »Englisch«, antworte ich. »Bei Mr Jefferson, glaube ich.«
    »Dann bist du in der Elften?«, fragt sie.
    »Zehnte«, antworte ich.
    »Echt?«
    Fragend hebe ich die Augenbrauen.
    »Du siehst älter aus«, erklärt sie. »Bist wohl eine totale Streberin.«
    Ich sehe sie überrascht an.
    »War nur ein Spaß!«, sagte sie und stößt mich leicht am Arm, als würden wir uns schon seit Jahren kennen. »Komm schon, ich bringe dich zu deinem Kurs. Ist kein Umweg für mich. Ich habe ganz in der Nähe Spanisch.«
    »Cool, das ist wirklich nett.«
    »Gern«, antwortet Audrey. »Komm, hier geht’s
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