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Die fünf Leben der Daisy West

Die fünf Leben der Daisy West

Titel: Die fünf Leben der Daisy West
Autoren: Cat Patrick
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Programms bilden. Megan wohnt in Seattle, aber wir schaffen es dennoch, in Kontakt zu bleiben. Wir kennen uns über das Programm. Irgendwann haben wir dann festgestellt, dass wir uns richtig gut verstehen – wie Schwestern, die merken, dass sie auch Freunde sind.
    Mit dem Finger berühre ich das Display, um ihre Nachricht zu öffnen.
    Du hast nix gepostet ... alles o.k.?
    Unter den Pseudonymen Blumenmädchen und Fabelfrau schreiben Megan und ich gemeinsam einen Blog mit dem Titel Alles Autopsiert , in dem wir Musik, Bücher, Essen und vieles andere auseinandernehmen, wonach uns der Sinn steht. Er ist im »Sie sagt / Sie sagt«-Format gehalten – oder genaugenommen ist es ein »Sie sagt / Er-Sie sagt«-Blog, denn Megan ist transsexuell. Jedenfalls ist das Ganze nur halb so witzig, wenn eine von uns nichts erwidert.
    Ich tippe:
    Sorry, wir mussten umziehen.
    Die Antwort kommt nicht sofort und ich stelle mir vor, wie Megan fast die schwarz geschminkten Augen aus dem Kopf fallen. Bei dem Gedanken muss ich laut lachen.
    Schon wieder???!!!???
    »Leider«, sage ich laut, auch wenn sie mich nicht hören kann. Dann tippe ich:
    Schon wieder. Bienen.
    Ich werde dich wohl Honigschnute nennen müssen.
    Bitte nicht.
    Blumenmädchen ziehen Bienen an, was?!
    Ich verspreche, diese Woche 2 x zu posten. Richte gerade mein neues Zimmer ein. Chatten wir später?
    Hab dich superlieb.
    Ich dich noch mehr.
    Ich lege das Handy zur Seite und nehme wieder die Malerrolle in die Hand.
    Man könnte meinen, dass es sinnlos ist, Energie ins Einrichten eines Zimmers zu stecken, in dem ich wahrscheinlich nicht lange bleiben werde, aber für mich ist es wichtig, jedem neuen Raum eine persönliche Note zu geben. Immerhin lebe ich mit wissenschaftsversessenen Geheimagenten zusammen, da ist mein Zimmer nun einmal mein Rückzugsort. Und es ist noch mehr als das: meine Tarnung. Wenn eines Tages jemand mein Zimmer sehen will, muss es zu meiner Persönlichkeit passen. Es muss aussehen, als wäre es für immer.
    Die ersten drei Tage in Omaha, während Mason und Cassie im Keller das Labor aufbauen, tue ich so, als wäre ich Designerin in einer dieser Fernsehshows, in der Wohnungen neu eingerichtet werden, und gestalte mir mein Traumzimmer. Da mein sechzehnter Geburtstag erst in einem Monat ist, darf ich noch nicht Auto fahren und muss Mason bitten, mich zu einem etwas eigentümlichen Baumarkt namens Nebraska Furniture Mart zu bringen, und auch einen Farben-Laden steuern wir noch gemeinsam an. Danach ist alles mir selbst und meiner Kreativität überlassen.
    In diesem Haus entscheide ich mich für ein zurückhaltendes Design. Die Wände streiche ich in einem zarten Grau und den größten Teil des Holzbodens, der dringend abgeschliffen werden müsste,decke ich mit einem superdicken Plüschteppich ab. Ein neues Regal nimmt eine komplette Wand ein. Meinen weißen Nachttisch und das Bett, beide aus Frozen Hills, stelle ich in die kleine Nische des L-förmigen Raums. Der braune Schreibtisch, der mich seit meinem zehnten Lebensjahr begleitet, findet unter dem größten Fenster Platz. Da ich die Farbe irgendwie nicht mehr passend finde, streiche ich ihn in einem blassen Lila.
    Dann kommen die kleinen Details dazu, die den eigentlichen Reiz ausmachen. Meine Bücher sortiere ich nach der Farbe des Buchrückens und lege sie in Stapeln quer in die Regalfächer – der Albtraum eine jeden Bibliothekars. An die Wand hänge ich ausschließlich gerahmte Schwarz-weiß-Drucke und Fotos. Alle anderen Poster lasse ich zusammengerollt unter dem Bett verschwinden. Dann suche ich im Internet nach einem übergroßen D als Wandaufkleber. Über meine neue schwarze Kommode kommt ein Spiegel. Den Fenstern verpasse ich strahlend weiße Vorhänge und abgerundet wird das Ganze mit einem grau-weiß-gestreiften Sitzsack.
    »Wo ist der elektrische Tacker?«, frage ich Mason am Morgen vor meinem ersten Schultag an der Omaha Victory High School. Mason sitzt in seinem Büro und erteilt einem riesigen Bildschirm, der mit einem der drei ultrakleinen Computer im Haus verbunden ist, gestikulierend Befehle.
    »Wofür brauchst du ihn?«, fragt er.
    »Ich will meinen Schreibtischstuhl neu beziehen«, antworte ich. Unerwähnt lasse ich, dass ich dafür den Stoff meines alten Deckbetts nehme. Obwohl, eigentlich ist es Wiederverwertung von Müll, also sollte er sich freuen.
    »In der Garage«, sagt Mason und reibt sich die Augen. »Dritte Schublade links. Aber sei vorsichtig.«
    »Mit einem Tacker kann
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