Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Füchsin

Die Füchsin

Titel: Die Füchsin
Autoren: Elizabeth Chadwick
Vom Netzwerk:
Stolz. Und außerdem …« Er hielt inne und starrte zur anderen Seite der Halle, im Herzen versteinert durch eine Vision.
    Sie stand im breiten Strahl des Sonnenlichts, das ihre Zöpfe unter dem einfachen weißen Schleier zur Farbe von Herbstlaub aufblitzen ließ. Das rostbraune Wollkleid war mit Spitzen besetzt und schmiegte sich eng an die vielen Kurven eines dennoch schlanken Körpers, und als sie sich dem Kamin näherte, funkelten die köstlichen Goldstickereien an Hals und Saum im Licht der Glut.
    Adam schloß die Augen, um den Kontakt zu unterbrechen, schluckte und wappnete sich dann, um die Begegnung zu ertragen. Lieber hätte er hundertmal den hochmütigen Zorn der Kaiserin Matilda über sich ergehen lassen, als der Frau noch einmal entgegenzutreten, die sich ihm jetzt näherte: Heulwen, der unehelichen Tochter von Lord Guyon mit einer Waliserin, die sein eigener Vater im Krieg von 1102 ermordet hatte.
    Er erhob sich unbeholfen, und etwas von dem Wein lief ihm über den Wams und befleckte den blauen Samt. Er fühlte, wie seine Augen brannten, und wußte, daß er rot angelaufen war wie ein schüchterner, linkischer kleiner Junge.
    »Adam!« rief sie voller Freude und warf sich ihm unbedenklich in die Arme, schlang die ihren um seinen Hals und zog seinen Kopf nach unten, um ihn auf die Lippen zu küssen. Der Geruch nach Honigsüße umgab ihn. Ihre Augen hatten die Farbe sonnenheller Untiefen des Meeres: Azur und Aquamarin, dazu Kobalt, gefleckt mit Gold. Seine Kehle schnürte sich zusammen. Er brachte kein Wort heraus und dachte, daß Mathildas Bemerkungen vielleicht keine Beleidigungen, sondern die Wahrheit waren.
    Sie ließ ihn los, um einen Schritt zurückzutreten und den neuen, modischen Wams zu bewundern, den er über seinem Kettenhemd trug, und den schweren, reich verzierten, germanischen Schwertgürtel. »Meine Güte«, neckte sie ihn, »bist du nicht ein Labsal für müde Augen? Mama wird wütend sein, daß sie nicht hier war zu deiner Begrüßung. Du hättest aber auch einen Boten vorausschicken können!«
    »Ich hatte eigentlich vorgehabt, zuerst nach Thorneyford zu reiten«, sagte er mit gepresster Stimme, »aber ich habe einen Brief vom König an deinen Vater.«
    »Grobian!« schalt sie ihn, während die Lichter in ihren Augen tanzten. »Aber nein, es ist ein Glück, daß nicht alle bei uns solche Schmeichler sind. Oben steht eine heiße Wanne für dich bereit.«
    Adam starrte sie mit wachsendem Entsetzen an. Nicht, daß er nicht gern badete oder es nicht gewohnt gewesen wäre – im Gegenteil, er genoß den Luxus und die Entspannung, die ihm eine heiße Wanne bot. Aber er befürchtete, daß Heulwen als seine Gastgeberin diejenige sein würde, die ihm die Waffen abnahm und ihn bediente – und es war zu lange her, daß er zuletzt eine Frau gesehen hatte. »Ich bin noch nicht mit meinem Wein fertig«, sagte er hölzern, »und mit meinem Gespräch.«
    Renard breitete die schlanken Finger aus und sagte wenig hilfreich: »Du müsstest deinen Bericht ohnehin nur bei meinen Eltern wiederholen; außerdem ist es nicht verboten, einen Becher Wein mit nach oben zu nehmen.«
    »Und da ich mir schon die Mühe gemacht habe, dir eine Wanne vorzubereiten, kannst du dich ja wenigstens hineinsetzen. Du stinkst nach der Reise!« So sprach man kaum zu einem willkommenen Gast, und Heulwen hätte sich gleich danach die Zunge abbeißen mögen. Seit Ralphs Tod hatte sie selbst mit Erschrecken festgestellt, daß sie ohne Sinn und Anlass Gift spie, und die Leute sahen es ihr nach – zumindest diejenigen, die sie gut kannten. Aber es war lange her, daß sie und Adam die Nähe einer Kinderfreundschaft genossen hatten.
    Adam starrte auf die Wand jenseits ihres Kopfes und wich ihren Blicken aus. »Das kommt wahrscheinlich daher, weil ich schon lange unterwegs bin. Zu lange, denke ich manchmal.«
    Sie berührte ihn wieder, und ihr Blick war betrübt. »Adam, entschuldige. Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe.«
    »Weil du dir die Mühe gemacht hast, und ich bin nicht entsprechend dankbar dafür«, erwiderte er mit einer Grimasse, die ein Lächeln sein konnte. »Wenn ich nicht höflich genug bin, so kommt es daher, daß ich letzter Zeit sehr von einer Frau herumkommandiert worden bin.«
    »A outrance!« krähte Renard seiner errötenden Halbschwester zu.
    »Ich wollte niemanden beleidigen.« Adam setzte den Becher ab, der immer noch mehr als halb voll Wein war, und ging zu dem Vorhang, der die Treppe nach oben in den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher